Die sechste Bitte

Die Zahl derer, die der sechsten Bitte des Vaterunsers in unserer Medienwelt Schlagzeilenpotential zugetraut haben, dürfte überschaubar sein. Tatsächlich hat es Papst Franziskus mit seiner Kritik an Übersetzungen dieser Bitte sogar auf die Titelseite der Bild am Sonntag geschafft. »Führe uns nicht in Versuchung« sei eine schlechte Übersetzung, weil nicht Gott den Menschen in Versuchung stürze: »Ein Vater tut so etwas nicht; ein Vater hilft sofort wieder aufzustehen. Wer dich in Versuchung führt, ist Satan«. Ob eine Übersetzung gut oder schlecht ist, entscheidet sich freilich nicht an der Übereinstimmung mit einer theologischen Überzeugung, sondern am Text, der übersetzt wird.

In Mt 6,13 und Lk 11,4 heißt es: μὴ εἰσενέγκῃς ἡμᾶς εἰς πειρασμόν. μὴ εἰσενέγκῃς ist verneinter Imperativ, gebildet mit dem Konjunktiv Aorist von εἰσφέρω (hineinbringen, hineintragen), also: »bringe nicht hinein«. ἡμᾶς ist Personalpronomen, und zwar 1. Person Plural im Akkusativ: »bringe uns nicht hinein«. Die Präposition εἰς + Akkusativ gibt in ihrer Grundbedeutung die Richtung an, πειρασμός bedeutet soviel wie »Erprobung, Versuchung« (dazu gleich mehr). Die gebräuchliche Übersetzung »Führe uns nicht in Versuchung« ist also die nah am griechischen Wortlaut orientierte Wiedergabe des zitierten Satzes.

Was ist »Versuchung«?

Die Kritik an dieser Übersetzung dürfte sich in erster Linie an der Bedeutung des Begriffs »Versuchung« festmachen. Das zugrundeliegende griechische Wortfeld hat ein recht weites Bedeutungsspektrum. Die Grundbedeutung des Verbs πειράζειν ist »probieren, erproben, einer Prüfung unterziehen«. Dies kann einfach »etwas versuchen, etwas anstreben« meinen (z.B. Apg 9,26) oder eine Erprobung in allgemeinem Sinn (2Kor 13,5: »Prüft euch selbst!«). Die Erprobung kann auch spezifischer sein, sei es, dass sie ohne böse Absicht erfolgt, wenn etwa Jesus mit seiner Frage den Glauben des Philippus prüft (Joh 6,6), sei es, dass sie auf ein mögliches Scheitern dessen zielt, der auf die Probe gestellt wird – etwa wenn Jesus in Streitgesprächen auf die Probe gestellt wird (z.B. Mt 16,1). Die stärkste negative Färbung findet sich bei der Frage nach der Erlaubtheit der Kaisersteuer (Mk 12,13-17), wo die Fragesteller mit gespielter Ehrerbietung auftreten und Jesus »mit einem Wort fangen« wollen (12,13). Hier bedeutet »auf die Probe stellen« so viel wie »eine Falle stellen«. Dass man eine solche Absicht schlecht mit dem von Jesus verkündeten und im Gebet angesprochenen Gott verbinden kann, leuchtet ein. 

Allerdings muss der griechische Begriff, wie gesehen, nicht mit der übelwollenden Absicht verbunden sein, jemanden zu Fall zu bringen. Und dies zeigt sich gerade in der alttestamentlich-jüdischen Tradition. Sie kennt die Erprobung als Mittel göttlicher Erziehung. »Kind, wenn du herantrittst, um dem Herrn zu dienen, mach dich bereit für die Erprobung« (Sir 2,1). Nach einer jüdischen Schrift aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. wurde Abraham vielfach von Gott erprobt und hat gerade dadurch seinen Glauben bewährt (Buch der Jubiläen, 17,17f; 19,3). In diesem Sinn kann im Neuen Testament Leiden als Prüfung verstanden und deshalb zur Freude im Leiden aufgefordert werden (1Petr 1,6; 4,12f; Jak 1,2f). Andererseits kann Gott auch von der Versuchung ausdrücklich ausgenommen (Jak 1,13f) oder die Versuchung auf die Macht des Bösen zurückgeführt werden (1Kor 7,5; 1Thess 3,5). Nach 1Kor 10,13 lässt Gott nicht zu, dass die Glaubenden über das erträgliche Maß hinaus geprüft werden; Gott wird zusammen mit der Versuchung (σὺν τῷ πειρασμῷ) auch einen Ausweg schaffen. 

Der Sinn der Bitte: »Führe uns nicht in Versuchung«

Gott mit Versuchung (πειρασμός) in Verbindung zu bringen, ist also beim Blick auf das Neue Testament zwar nicht selbstverständlich, aber auch alles andere als ausgeschlossen. Es kommt darauf an, was man mit dem fraglichen Begriff bezeichnet sieht. Ein Fallen stellender Gott, der darauf zielt, Menschen ins Unheil zu stürzen, kann im Vaterunser nicht gemeint sein. Darauf weist ja schon die Vater-Anrede in der Gebetseröffnung. Im Matthäus-Evangelium ist dies durch die Einleitung des Vaterunsers noch unterstrichen. »Euer Vater weiß, was ihr braucht, noch ehe ihr ihn darum bittet« (Mt 6,8). Dann ist die Bitte nicht in einem Zweifel an der Güte Gottes begründet.

Die Bitte lässt sich auch so deuten, dass Gott nicht solche Situationen herbeiführen möge, in denen der Mensch in seinem Verhältnis zu Gott versagen könnte. So ist sie als Ausdruck der Demut zu verstehen: Man weiß um die eigene Schwäche und bittet deshalb um die Bewahrung vor jeder Erprobung. Blicken wir auf das erhobene Bedeutungsspektrum des zugrundeliegenden griechischen Begriffs, so verbindet sich mit »Versuchung« in der Vaterunser-Bitte nicht die Absicht, ein Scheitern zu provozieren. Angeknüpft wird vielmehr an der Sinnlinie »Erprobung durch Gott«. Jedoch wird um Bewahrung vor solcher Erprobung gebetet, weil der Beter unsicher ist, ob er sie besteht. Die Bitte ist nicht Besänftigungsgeste, sondern Ausdruck des Gottvertrauens: Im Wissen um die eigene Schwäche angesichts des Anspruches Gottes wendet sie sich gerade an Gott. 

Aramäische Lösung?

Die gebräuchliche Übersetzung der 6. Vaterunser-Bitte lässt sich also in den Kontext des Gebets wie auch der Gottesverkündigung Jesu im Ganzen einordnen. Sie wird gleichwohl in Zweifel gezogen, weil der Text die griechische Übersetzung eines ursprünglich aramäisch formulierten Gebetes sei. Und im Aramäischen gibt es die Möglichkeit, durch einen bestimmten Verbstamm den Verursacher einer Handlung auszudrücken (sogenannter Kausativ-Stamm). Im Deutschen kann man sich das vielleicht durch den Zusammenhang klar machen, der zwischen trinken und tränken besteht: Wer ein Tier tränkt, verursacht, dass es trinkt (s.a. saugen und säugen). Wenn man nun die Formulierung »führe uns nicht« als Übersetzung einer solchen kausativen Aussage versteht, könnte sie bedeuten: »mache, dass wir nicht kommen«. Und das wäre ganz im Sinne des schon länger diskutierten Alternativvorschlags: »Lass uns nicht in Versuchung geraten« (so auch die neue französische Formulierung: »ne nous laisse pas entrer en tentation«). Ob man damit den ursprünglichen Sinn trifft, ist allerdings keineswegs sicher. Denn die verneinte kausative Aussage könnte auch anders lauten: »Mache nicht, dass wir kommen.« Und das bedeutet so viel wie: »Führe uns nicht.« Der Rückgang auf das Aramäische kann die übliche Übersetzung des griechischen Textes nicht widerlegen. 

Caesar pontem fecit

Nun bietet, worauf mich ein Gräzist hingewiesen hat, das Griechische (wie das Lateinische) die Möglichkeit, kausativ zu verstehende Verbalhandlungen auf den Verursacher hin zu konzentrieren. Da heißt es etwa nicht »Caesar ließ eine Brücke bauen«, sondern »Caesar baute eine Brücke« (Caesar pontem fecit), obwohl Caesar keinen Finger gerührt hat bei der Errichtung der Brücke. Ob ein solcher Sinn vorliegt, kann sich nur aus dem Zusammenhang der Aussage ergeben – beim Pontifex Caesar etwa aus dem Wissen um dessen sozialen, politischen und militärischen Rang. Eine solche Eindeutigkeit ergibt sich im Fall der Versuchungsbitte aber nicht, wie die semantische Weite des Wortfeldes ergeben hat. 

Auch die Aussage in Jak 1,13f (»Niemand soll sagen: Ich werde von Gott versucht«) schafft keine Eindeutigkeit. Hier scheint mit »versuchen« das Zu-Fall-bringen gemeint zu sein, nicht die Erprobung, die zuvor in 1,2f unter dem Begriff πειρασμός in positivem Sinn der Bewährung des Glaubens zur Sprache kam: Wenn die Glaubenden in mannigfache Versuchungen (πειρασμοὶ ποικίλοι) geraten, sollen sie das für lauter Freude erachten, weil die Prüfung (τὸ δοκίμιον) des Glaubens Geduld bewirkt. Ein solche Versuchung muss von anderer Art sein als diejenige, die von den »eigenen Begierden« ausgeht (Jak 1,14). Auch der Jakobusbrief verwendet das verhandelte Wortfeld also nicht einlinig. Deshalb ist es schon beim Blick allein auf dieses Schreiben schwierig, Jak 1,13f zum Interpretationsschlüssel der 6. Vaterunser-Bitte zu machen. Im Rahmen des biblischen Zeugnisses sehe ich keinen hinreichenden Grund, die sechste Vaterunser-Bitte anders zu übersetzen als »Führe uns nicht in Versuchung«. 

Gott und Versuchung

Die Verbindung von Versuchung und Satan, die der Papst in seinem Interview betont hat, hebt nach dem neutestamentlichen Zeugnis den Zusammenhang mit dem Willen Gottes nicht auf. Dies zeigt sich zum Beispiel in der Versuchungsgeschichte: Nach Mt 4,1 führt der Geist, der nach der Taufe auf Jesus herabkommt, Jesus in die Wüste, damit er vom Satan versucht würde. Die Versuchung selbst wird mit Satan verbunden; dass dies aber geschieht, geht letztlich auf Gott zurück. 

Auch grundsätzlich gilt: Die Rückführung der Versuchung auf Satan kann deren Verbindung mit Gott nur um den Preis einer dualistischen Weltdeutung vermeiden, nach der das Böse eine Gott entgegengesetzte und ihm ebenbürtige Macht darstellt. Setzt man dies aus gutem Grund für die jüdisch-christliche Tradition nicht voraus, dann ist das Wirken Satans nicht ohne göttliche Bevollmächtigung zu denken: Es ist auch der Wille Gottes, dass Satan Menschen in die Irre führen kann. Dann zielt die Bitte dem Alternativvorschlag (»Lass uns nicht in Versuchung geraten«) zufolge darauf, Gott möge die von ihm selbst verliehene Wirkmächtigkeit des Bösen nicht am Beter zum Austrag kommen lassen. Gott bleibt in die Versuchung involviert. Ist die sich hier zeigende Gottesvorstellung wirklich weniger anstößig als diejenige, nach der Gott um Verschonung vor Erprobung gebeten wird? 

Die alternative Formulierung der Vaterunser-Bitte bezieht sich nun nicht notwendig auf Satan als Urheber der Versuchung. Nach Jak 1,14 liegt der Ursprung der Versuchung, wie bereits bemerkt, im Menschen selbst: in den »eigenen Begierden«. Auf dieser Linie ließe sich »Lass uns nicht in Versuchung geraten« als Bitte an Gott lesen, dass er unserer Schwachheit aufhelfe. Gott wird gebeten, etwas zu verhindern, und nicht – wie in der gängigen Übersetzung – etwas nicht zu tun. Geht es in diesem Fall darum, Gott von etwas abzuhalten, so im Fall der Alternative um die Bitte an Gott, etwas abzuhalten

Die größte Differenz zwischen beiden Übersetzungen scheint mir in der Deutlichkeit zu liegen, mit der von einem Anspruch Gottes an den Menschen ausgegangen wird. Wer darum bittet, von Gott nicht in Versuchung geführt zu werden, geht davon aus, dass es Gott zukommt, ihn auf die Probe zu stellen, ihn durch Anfechtung und Prüfung zu führen: Gott kann mich fordern; ich bitte aber darum, dass er es nicht tut. Die alternative Formulierung spricht Gott darauf an, dass er Situationen der Erprobung verhindern möge (das Fordernde erschiene allein indirekt, insofern Gott die Verhinderung versagen könnte). Wenn sie favorisiert wird, dann wohl, weil dieses Gottesbild freundlicher scheint. Dass auch die übliche Übersetzung den Rahmen des vertrauensvollen Gebets an Gott als Vater nicht verlässt, haben die obigen Überlegungen hoffentlich deutlich gemacht.

Die pastorale Frage

Es bleibt die pastorale Frage: Soll man an der üblichen Übersetzung festhalten, wenn sie das Missverständnis produziert, die Bitte wolle einen in die Falle lockenden Gott abwehren? Ist an ein täglich gesprochenes Gebet nicht die Forderung zu stellen, dass es den Betern ohne Schwierigkeit verständlich ist? Diese Frage ist sicher berechtigt, doch man kann auch die Gegenfrage stellen, ob sich nicht gerade bei einem täglich gesprochenen Gebet die Mühe lohnt, Hürden zu überspringen und sich den Sinn zu erarbeiten. Das Anstößige kann auch Anstoß sein weiterzudenken: Gott könnte mich auf die Probe stellen, der Glaube muss sich auch bewähren in den Widrigkeiten und Bedrängnissen. Ich akzeptiere das und weiß zugleich um meine Schwäche – und bitte deshalb um Bewahrung vor solcher Erprobung. 

Zugleich ist in pastoraler Hinsicht gerade bei einem Grundgebet wie dem Vaterunser zu bedenken, dass sicher nicht wenige Beterinnen und Beter in einem bestimmten Wortlaut zuhause sind. Ihn abzuändern hat deshalb immer etwas Problematisches. Es scheint deshalb sinnvoll, solche Änderung auf die Fälle zu beschränken, in denen sich der Sprachgebrauch gewandelt hat (wie das vor einiger Zeit mit dem »Ave Maria« geschehen ist, als »Weiber« durch »Frauen« ersetzt wurde). Die Schwierigkeit steckt wohl vor allem im schillernden Begriff der »Versuchung«. Vielleicht ist es bei ihm ähnlich wie beim biblischen Begriff der »Gerechtigkeit«. Die Übersetzung trifft nicht genau das, was gemeint ist; aber wir haben auch keinen passenden anderen Begriff, mit dem wir die zugrundeliegenden hebräischen Vokabeln (zädäq, zedaqah) wiedergeben könnten. In einem solchen Fall kommt man nicht um die Anstrengung inhaltlicher Klärung herum. 

Ökumenisch ist zu bedenken, dass das Vaterunser im deutschen Sprachraum die Konfessionen verbindet. Die EKD bleibt offensichtlich beim bisherigen Wortlaut (s. hier). Eine einseitige Änderung würde ein sicher bedauerliches konfessionelles Profil mit sich bringen. 

Cool down

Zum Schluss noch ein Wort zur Deeskalation. Es dürfte deutlich geworden sein, dass die philologischen Fragen nicht ganz einfach und eindeutig zu lösen sind. Auch wer (wie ich ja selbst) dafür eintritt, den deutschen Wortlaut der Gebetsbitte nicht zu ändern, muss deshalb der anderen Position nicht unterstellen, Jesus korrigieren oder die Wort Jesu verfälschen zu wollen (s. hier). In der Eindeutigkeit, wie es diese Kritik voraussetzt, sind die Worte Jesu auf Deutsch nicht zu haben. 

Und erst recht gilt das für die Worte Jesu auf Deutsch, sofern sie eine Übersetzung aus dem Aramäischen sind, das wiederum aus dem Griechischen übersetzt wurde. Franz Alt hat ein Buch herausgegeben mit dem Titel »Was Günther Schwarz wirklich übersetzt hat« »Was Jesus wirklich gesagt hat« und ist »überzeugt, dass die Hälf­te der Je­sus­wor­te, so wie sie in un­se­ren Bi­beln ste­hen, falsch über­setzt oder gar be­wuss­te Fäl­schun­gen sind.« (s. hier) Knapp 2000 Jahre nach der ursprünglichen Übertragung der Jesustradition ins Griechische hat es endlich einer besser gekonnt als die erste christliche Generation – und das, obwohl er nur die Texte hatte, die damals übersetzt und überliefert wurden! Die alte Weisheit bewahrheitet sich auch hier: Misstraue jedem Buchtitel, der »Jesus« und »wirklich« zusammenbringt.

Es empfiehlt sich, Übersetzungsfragen ohne Anspruch auf endgültige Wahrheit zu diskutieren.

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Foto: Anna Gruber Bischof

Kommentare

Gerhard Mentzel hat gesagt…
Auch wenn so das Vaterunser den Sprung in Bild schaffe, zeigt sich hier einmal mehr, wie absurd das alles geworden ist, wenn nicht gefragt wird, welcher neuen Bund/Testament diesen Texten zugrunde liegt.

Wer intessiert sich noch dafür, was der angeblich historische Jesus, damit ein heilspredigender Handwerksbursche aus Galiläer, der laut heutiger Hochschul-Lehre noch nicht mal in der "nachösterlich" von einem Gottessohn (den der junge Landstreicher/Mann nicht war sein wollte und sonderbarerweise dafür doch angeklagt wurde) schreibenden Markusgeschichte vorkommt. Aber von dem Franz Alt genau weiß, was er wollte,seinen himmlischen Vater (wer immer das gewesen wäre) bat?

Den Juden der Diaspoa, die nicht nur den prophetischen Bund zur Zeit Jesus in der weltgültigen hellenisischen Vernunftlehre begründeten, hier die von Natur/Werden (Schöpfung) ausgehende Bestimmung verstanden, die
bisher nur Beschnittenen galt und von Josua/Jesus sprachen (auch wenn in den dort entstandenen Kult-Texten dieses NT der Name noch nicht vorkam), war so klar wie den Philosophen der Stoa und heute: Die Versuchung ist täglich gegeben. Und das nicht nur im täglichen Leben, sondern auch im Festhalten an kulturellen Vorstellungen/Bildern,die nicht mehr tragen, sondern in aufgeklärter Weise bedeutend werden könnten: "erlöse uns von dem Übel...".
Gerhard Mentzel hat gesagt…
Doch vielen Dank Herr Professor Häfner für die Ausdeutung des Wortfeldes, das darauf verweist, etwas zu probieren, einer Prüfung unterziehen sowie den Hinweis auf Franz Alt und die Rückübersetzung ins Aramäische.

Franz Alt fragt am Eingang seines ersten Buches über die wahren Jesusworte, warum für die Christen heute davon keine Begeisterung mehr ausgeht, die Menschen beim Lesen des NT nicht mehr außer sich sind, wie vor 2000 Jahren. Besser noch wäre zu fragen, warum sie den Menschen von heute keine Bestimmung mehr geben, wie das noch vor wenigen Jahrhunderten Jesus dem Buch nach war, sie aus uns keine verant-wort-lichen Weltbürger machen können. (Jesus beispielsweise in der modernen Dogmatik, wo ein junger Priester in den Fußstapfen von Markus Striet den Lehranwärtern ein für das Verhalten nicht relevantes Gottesbild jenseits aller natürlich-schöpferischen Wirklichkeit als letze Hoffnung vermittelt, gar nicht mehr vorkommt.)

Muss dann nicht geprüft werden, ob es heute noch Sinn macht, nach den Worten eines aramäischen Landstreichers zu fragen, den seine Anhänger für einen Gottessohn hielten, wie er nur noch für "Alt" von Bedeutung ist. Oder ob nach dem Wort zu fragen wäre,auf das sich auch Alt in seinen Büchern ständig beruft, das der biblische Jesus, wie der anfänglicher Lehre war und das der gesamten Schöpfung (allem natürlichen Werden) zugrunde liegt?

Ging es den Verfassern der biblischen Texte aus dem hellenistischen Judentum wirklich nur um einen einen Zimmermann aus Galiläa, dessen Worte oder besser er selbst jetzt lebendiges Gesetz gewesen sein sollen? Oder wäre es Zeit nach dem Wort zu fragen, das damals die Juden der Diaspora im Gegensatz zu den Hohepriestern, Schriftgelehrten nicht mehr in der Thora lasen, sondern in der weltgültigen Sinn-/Vernunftlehre (Logos) verstanden und zeitgemäße zur Welt brachten, zur geschichtlichen Wirklichkeit werden ließen? Was dann im Sinne Josua/Jesus statt Göttermythen und ihrer auch kaiserlichen Gottessöhne sowie erstarrter Gesetzlichkeit für Beschnittene zur gemeinsamen kulturellen Bestimmung wurde?

War es ein junger Aramäer, der zur Zeitenwende den Vätergott enthüllte und von dem selbst kein Mensch wusste, wer er war? Oder sprach hier das lebendige Wort, die aller Schöpfung, schon vor Abrahm zugrunde liegende Sinnhaftigkeit/Vernunft, die bereits die Alten sehen wollten und auf die sich Alt in seinen Büchern in Berufung auf Johannes (der nicht wie auch die anderen Evangelien vom Logos/Weltvernunft als lebendigem Wort und damit dem wahrem Gottessohn handelt) bezieht?

War ein arbeits- und ehescheuer Handwerksbursche der Sinn des Lebens oder wurde der zur Zeitenwende statt der bisher die Vegetation/Werden verehrender Gottessöhne wie Osiris und Mithras in Vernunft bedacht und im jüdischen Sinne (damit Josua/Jesus) zur Bestimmung eines nun weltgültigen Bundes?

Wäre es im Sinne Jesus, der sich in den Gegensatz zur Traditionslehre stellte, nicht versuchen ließ, sondern selbst das lebendige schöpferische Gesetz/die Thora, damit gegenwärtige Bestimmung war, nur nach dem Wortlaut von alten Texten zu fragen, die gar in aramäischen Sprechformeln aus dem Mund eines jungen Gurus hören zu wollen? Oder hat der nach Franziskus sicher zurecht "Barmherzige" schöpferische Sinn-Grund, aus dem alles hervorgeht, auch dafür gesorgt, dass wir auf aufgeklärte Weise sein Wort in der Gegenwart wahrnehmen können?

Warum nehmen wir nicht die alle Schöpfung zugrunde liegende Sinnhaftigkeit/Vernünftigkeit, wie sie gerade für Franz Alt in natürlicher Schöpfung begründete "Weltvernunft" ist und derzeit allseits auch als "Ökologie des Menschen" vergeblich gepredigt wird, wieder als lebediges Wort wahr? Warum glauben wir nicht, wenn der Barmherzige das Wissen gegeben hat, was vor 2000 Jahren gemeinsam bestimmend war, im Rahmen eines echt neuen Bundes in der Wirklichkeit des nun weltgültigen neuen Moses,
Josua/Jesus anfänglich "christlicher Glaube" war, von dem die Mission ausging?
Dr. Klaus-Stefan Krieger hat gesagt…
Ein echtes sprachliches Ärgernis ist allerdings die Übersetzung "wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“.
Den Ausdruck „unsern Schuldigern“ gibt es im Deutschen gar nicht. Der Dativ mit bestimmtem Artikel zu „Schuldiger“ ist „den Schuldigen“. Das griechische Original spricht allerdings von den Schuldnern. Es geht nicht um die, die in einem grundsätzlichen Sinn (etwa vor Gericht) schuldig sind. Es geht vielmehr um diejenigen, die ganz konkret und persönlich uns etwas schuldig sind, uns gegenüber eine Schuld tragen. Mit der absurden Wortschöpfung von den Schuldigern wird der Ernst der Bitte nivelliert. Ihre Provokation besteht ja darin, dass sie die Vergebung unserer Schuld durch den göttlichen Vater daran bindet, dass wir denen vergeben, die an uns schuldig geworden sind. Dies sollte im Deutschen auch eindeutig so benannt werden.
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