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Es werden Posts vom Februar, 2014 angezeigt.

Sonntagsevangelium (118)

8. Sonntag im Jahreskreis (A): Mt 6,24-34 Nach der Entfaltung der »größeren Gerechtigkeit« im Verhältnis zu den Menschen ( 5,21-48 ) wie auch zu Gott ( 6,1-18 ) wechselt das Thema der Bergpredigt zur Warnung vor Reichtum und Daseinssorge ( 6,19-34 ). Der Lesungstext streift den ersten Aspekt zu Beginn, legt den Schwerpunkt aber auf den zweiten, indem die Grundbedürfnisse leiblicher Existenz zur Sprache kommen: Nahrung und Kleidung. Die Mahnung richtet sich darauf, sich um beides nicht zu sorgen. Der Grundgedanke ist klar: Solche Sorge ist falsch, weil der (himmlische) Vater um das Bedürfnis von Nahrung und Kleidung weiß und für seine Geschöpfe sorgt. Nach vorne wird mit diesem Gedanken eine Verbindung zum Vaterunser hergestellt. Das Gebet erscheint bei Matthäus als Gegenentwurf zum »Plappern« der Heiden, die meinen, nur durch viele Worte Erhörung zu finden, während der himmlische Vater doch weiß, was die Jünger brauchen ( 6,7f ). Was genau ist mit »sorgen« gemeint? Zwei Aspekte ko

Sonntagsevangelium (117)

7. Sonntag im Jahreskreis (A): Mt 5,38-48 Die fünfte »Antithese« stellt das Jesuswort vom Verzicht auf Gegengewalt der Wendung »Auge für Auge, Zahn für Zahn« (z.B. Ex 21,24f ) gegenüber. Bei dieser alttestamentlichen Wendung handelt es sich aber nicht um eine Aufforderung zur Vergeltung. Die Einordnung der sogenannten Talionsformel in einen Abschnitt über Schadensersatzleistungen zeigt, dass es in erster Linie um einen Ausgleich geht, um die Wiederherstellung einer Gleichheit, die durch die Verletzung der körperlichen Integrität gestört wurde. Insofern die Anwendung des Talionsprinzips das Ausufern von Rache verhindert, kann man ihm auch als gewalthemmende Wirkung zuschreiben.  Das Wort vom Verzicht auf Gegengewalt beschränkt sich nicht darauf, zu einem Verzicht auf einen Ausgleich im Sinne der Talionsformel aufzufordern. Es geht aus von einer erlittenen gewaltsamen Aktion, dem Schlag auf die rechte Wange. Das zweite Beispiel setzt einen Pfändungsprozess voraus, der um das Unter

Zeitgeisterstunde

Ein Gespenst geht um in der Kirche – das Gespenst des Zeitgeistes. Nun ist das Problem mit Geistwesen, dass sie keine klar erkennbare Gestalt haben. Der Zeitgeist macht da keine Ausnahme. Der Begriff selbst legt nahe, dass er sich auf das zu einer bestimmten Zeit vorherrschende Denken bezieht, auf akzeptierte Wertvorstellungen und verbreitete Lebenspraxis. Das trifft die Sache aber nicht ganz. Eine genauere Beschreibung wäre: »Zeitgeist ist das, was eine Mehrheit oder wenigstens die Öffentlichkeit befürwortet, ich selbst aber für falsch halte .«  Stimme ich mit der Mehrheit überein, nenne ich das nicht zeitgeistig, sondern »richtig« oder »wahr«. Im Begriff »Zeitgeist« steckt also die jeweils eigene Position zu bestimmten, austauschbaren Inhalten. Diese Semantik muss nicht für den allgemeinen Sprachgebrauch zutreffen; die gegenwärtigen kirchlichen Debatten sind aber von ihr geprägt. Im Blick auf jene Epochen, in denen das Christentum kulturprägend war, wird gewöhnlich die Gefahr der

Sonntagsevangelium (116)

6. Sonntag im Jahreskreis (A): Mt 5,17-37 (oder: 5,20-22a.27-28.33-34a.37) Die sogenannten »Antithesen« (Mt 5,21-48) zählen zu den umstrittensten Texten des Matthäus-Evangeliums. Unter anderem wird diskutiert, ob diese Abschnitte im Kern auf Jesus zurückgeführt werden können. Diese Frage betrifft weniger die Inhalte, die in den meisten Fällen Jesus zuzuschreiben sind. Problematisch aber ist die Form der Gegensatzsprüche: Hat schon Jesus seine Weisung dem gegenübergestellt, was »den Alten gesagt wurde«? Oder stammt diese Gestaltung von Matthäus, der sie als einziger Evangelist bietet? Auch wenn eine sichere Antwort kaum möglich ist, gehören die Antithesen vom Töten (5,21f) und vom Ehebruch (5,27f) ursprünglich wohl auch in dieser Form in die Verkündigung Jesu. Jesus verbindet damit keine grundsätzliche Kritik am Gesetz, der Tora des Mose – als Jude hat er es anerkannt, wie auch die Evangelien bezeugen ( Mk 7,10-12 ; 10,19 ; 12,29-31 ). Doch fällt vom Anbruch der Gottesherrschaft ein

Sonntagsevangelium (115)

5. Sonntag im Jahreskreis (C): Mt 5,13-16 Die Bildworte vom »Salz der Erde« und vom »Licht der Welt« schließen direkt an die Seligpreisungen an. In deren Verlauf findet Wechsel statt, der für das Verständnis der ganzen Bergpredigt bedeutsam ist: Sind die Seligpreisungen zunächst in der 3. Person gehalten (»Selig die Armen im Geist, die Trauernden ...«), so wechselt die letzte in die Anredeform (»Selig seid ihr , wenn sie euch schmähen ...«: 5,11f ). Man kann diese Gestaltung in Zusammenhang mit dem doppelten Publikum der Bergpredigt sehen. Ausgelöst wird die Rede dadurch, dass Jesus die ihm nachfolgenden Scharen sieht; zugleich heißt es aber, dass die Jünger zu ihm traten ( 5,1 ). Der Abschluss der Bergpredigt macht deutlich, dass die Scharen Hörer der Rede sind ( 7,28f ), also nicht an eine interne Belehrung des Jüngerkreises gedacht ist. Dennoch enthält die Bergpredigt im Wesentlichen Inhalte, die sich an die Jünger wenden - für Matthäus Typen der Glaubenden. Der Wechsel in die A

Wie man Geschichte nicht schreiben soll (2)

Michael Hesemann hat auf die Kritik, die ich kürzlich an seiner Art der Geschichtsschreibung geäußert habe, reagiert und eine Erwiderung geschrieben, die er auf seiner Homepage und auf kath.net veröffentlicht hat. Diese Erwiderung bestätigt nicht nur voll und ganz die Schwäche seiner historischen Argumentation, sondern zeigt auch, dass sich Hesemann auf historische Argumente nicht verlassen will. Er sieht nämlich meine Ausführungen als Hinweis darauf, dass man mich an die Lehre der Kirche erinnern müsse. Dafür ist ihm zu danken, denn ich wüsste nicht, was das Urteil, Hesemann denke nicht historisch, besser bekräftigen könnte. Er will auch nicht allein das Argument treffen, sondern den, der es vorgetragen hat. Zwar schießt er in beiden Fällen daneben, lässt als Illusionskünstler sein kath.net -Publikum aber glauben, er sei ein vorzüglicher Schütze. »Bei dem hier wissen wir, woher er ist« (Joh 7,27)  Damit das Ganze funktioniert, wird den Lesern zunächst klar gemacht, mit wem sie

In eigener Sache

Zur Zeit bin ich so sehr eingespannt, dass meine Antwort auf die Erwiderung Michael Hesemanns zum Beitrag »Wie man Geschichte nicht schreiben soll« noch ein wenig dauert. Hier nur soviel: Hesemanns Ausführungen bestätigen eindrücklich die Kritik, die ich gegen seine Art der Geschichtsschreibung vorgetragen habe. Sie enthalten außerdem absurde Unterstellungen und Verzerrungen, die ausführlich kommentiert werden sollen. Anbei nur ein kleiner Einblick in die Gesprächskultur der  Lesermeinungen von kath.net , wo ohne irgendeine Nachprüfung alles geglaubt wird, was irgendwie ins eigene Vorurteil passt. Ich könnte mir vorstellen, dass einige Kommentatoren ganz erstaunt wären, wenn sie den Beitrag einmal läsen, auf den Hesemann reagiert hat. Dismas Ganz einfach:diesem Häretiker Lehrerlaubnis entziehen und exkommunizeren. vielen Dank an Herrn Hesemann für diese umfassende Analyse. Wie nebenbei sieht man daran auch, wie wissenschaftlich und vernüftig der Glaube ist und wie erbärmlich der

Sonntagsevangelium (114)

Sonntag in der Weihnachtsoktav - Fest der Heiligen Familie (B):  Lk 2,22-40    (oder 2,22.39f) Darstellung des Herrn: Lk 2,22-40 (oder 2,22-32) Die Geschichte von der »Darstellung Jesu« bietet zu Beginn einige Schwierigkeiten. Der Anlass für die Reise zum Tempel in Jerusalem wird darin gesehen, dass sich die »Tage ihrer Reinigung erfüllten«. Bezugspunkt dieser Aussage sind die Regelungen der Tora zu Wöchnerinnen. Sie gelten nach der Geburt eines Sohnes 40 Tage lang als unrein ( Lev 12,2-4 ) und sollen nach Ablauf dieser Frist im Tempel ein Opfer darbringen ( Lev 12,6-8 ). Darauf scheint Lukas in 2,24 Bezug zu nehmen, bringt dies aber nicht mit dem Reinigungsopfer für die Mutter in Verbindung. Dass der Evangelist nicht genau über die Vorschriften der Tora informiert ist, zeigt sich auch in der Formulierung »die Tage ihrer Reinigung«. Im Griechischen ist »ihrer« eindeutig ein Plural ( αὐτῶν ) und kann sich nur auf Mutter und Kind beziehen; die Mose-Tora kennt aber nur das Rein