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Es werden Posts vom Januar, 2014 angezeigt.

Sonntagsevangelium (113)

3. Sonntag im Jahreskreis (A): Mt 4,12-23 (oder 4,12-17) Die Erzählung vom Umzug Jesu nach Kafarnaum, allein im Matthäus-Evangelium überliefert und an die Versuchungsgeschichte angeschlossen, nennt als Impuls für Jesu Handeln die Gefangennahme des Täufers. Diese wird mit passionstheologischen Obertönen formuliert: Johannes wurde überliefert (4,12) – mit diesem Wort wird auch die Passion Jesu bezeichnet (s. z.B. 20,18 ). Es wird also angedeutet, dass der Täufer Vorläufer Jesu auch in seinem gewaltsamen Todesgeschick ist (s. 17,12f ). Die Formulierung der Umzugsnotiz ist parallel zum Umzugs Josefs nach Nazaret gestaltet. Erzählt wird jeweils (1) die Übersiedlung an einen anderen Ort (von Betlehem nach Nazaret/von Nazaret nach Kafarnaum), (2) dieser Umzug wird als Erfüllungsgeschehen gekennzeichnet, ehe (3) eine summarische Notiz zur Reich-Gottes-Verkündigung folgt ( 2,22-3,2 / 4,12-17). Ein genauer Vergleich ergibt auch erhebliche wörtliche Übereinstimmungen. Der Effekt dieser Dar

Wie man Geschichte nicht schreiben soll

Michael Hesemann hat schon vor einem Jahr Anlass zu einer Replik gegeben, als er den weihnachtlichen Faktencheck einer ZDF-Sendung einer kritikwürdigen Kritik unterzog (s. hier ). Erst kürzlich bin ich auf einen Beitrag im Münchener Merkur aufmerksam geworden, in dem Hesemann im Vorfeld des Weihnachtsfestes den historischen Wert der »Kindheitsgeschichten« verteidigen durfte (s. hier ). Es geht dabei nicht überzeugender zu als in jenem Faktencheck-Check; eine detaillierte Besprechung würde deshalb auf eine Wiederholung des oben verlinkten Posts hinauslaufen. Aber eine Passage will ich dennoch herausgreifen, weil sich in ihr sehr deutlich zeigt, warum eine Argumentation à la Hesemann historisch nicht funktioniert: die Behandlung der beiden unterschiedlichen Stammbäume im Matthäus- und Lukas-Evangelium ( Mt 1,1,17 ; Lk 3,23-30 ). Die vorgetragene Lösung erfordert, dass auch die Familie Marias in die Davidslinie gehört. Dafür beansprucht Hesemann als Zeugen nicht nur das Protevangelium

Sonntagsevangelium (112)

2. Sonntag im Jahreskreis (A): Joh 1,29-34 Bereits im Prolog des Johannes-Evangeliums wird der Täufer als Zeuge für Jesus präsentiert ( 1,7.15 ). Deutlich ist dabei die Tendenz, den Täufer Jesus unterzuordnen. Ausdrücklich wird gesagt, er sei nicht das Licht (1,8); das »Zeugnis des Johannes«, mit dem die eigentliche Erzählung beginnt, besteht entsprechend zunächst darin, dass Johannes sagt, dass er nicht der Messias ist ( 1,19f ). Dem Täufer kommt keine selbständige Bedeutung zu, seine Rolle bestimmt sich ganz aus der Zuordnung zu Jesus. Dies ist im Johannes-Evangelium so konsequent durchgeführt, dass der Täufer selbst das Zitat aus Jes 40,3 auf sich anwendet (» ich bin die Stimme eines Rufenden in der Wüste«: 1,23). In der zweiten Erzählsequenz (1,29-34) verwirklicht sich dann nach dieser aufwendigen Vorbereitung des Zeugnis des Johannes. In der Szene treten nur zwei Figuren auf: Johannes und Jesus. Jesus spielt eine ganz passive Rolle: Er ist nur einmal namentlich genannt, als O

Sonntagsevangelium (111)

Taufe des Herrn  (A) : Mt 3,13-17 Die Erzählung von der Taufe Jesu schließt sich unmittelbar an die Wiedergabe der Verkündigung Johannes des Täufers an, in der es zuletzt um die Gestalt des kommenden Feuertäufers ging ( 3,11f ). Dass diese angekündigte Gestalt  Jesus  sei, war den Worten des Johannes nicht zu entnehmen (nur im Johannes-Evangelium wird der Täufer zum öffentlichen Zeugen für Jesus). In der Quelle des Matthäus ist die Identifizierung der angekündigten Gestalt mit Jesus durch die Wahl des Verbs angedeutet, mit dem das erste Auftreten Jesu beschrieben wird. Auf die Worte des Täufers »nach mir kommt einer« folgt die Formulierung: »Und es geschah in jenen Tagen, da  kam Jesus von Nazaret« ( Mk 1,7-9 ). Matthäus verzichtet auf diesen Zusammenhang und beschreibt stattdessen das Erscheinen Jesu bei Johannes mit demselben Verb, mit dem er Johannes vorgestellt hatte: Beide treten auf ( 3,1 ; 3,13: παραγίνεται ). Dies entspricht der Tendenz des Matthäus, Johannes und Jesus zu par

Eine Frage an Matthäus: Sind die heiligen drei Könige heilig? Sind sie drei? Sind sie Könige? (Mt 2,1-12)

Zur Zeit der französischen Revolution soll ein Angeklagter auf die Frage, wie er heiße, geantwortet haben: »Marquis de St. Cyr«. Darauf der Richter: »Il n'y a plus de marquis.« »St. Cyr.« »Il n'y a plus de saints.« »Cyr.« »Il n'y a plus de Sire.« »--.« Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt man, wenn man Matthäus zu den »heiligen drei Königen« befragt. Zumindest auf den ersten Blick bleibt von ihnen nichts übrig. Matthäus spricht nicht von »Königen«, sondern von »Magiern aus dem Osten ( 2,1 )«. Das mit »Magier« wiedergegebene Wort (magos) bezeichnete vor allem Astrologen, Traumdeuter und Wahrsager – aber nicht Könige. Auch bleibt in der matthäischen Geschichte die Anzahl jener Weisen offen. Und sie werden zwar durchweg positiv geschildert, dennoch aber nicht als »heilig« bezeichnet. Die Tradition von den »heiligen drei Königen« ist zwar nicht unmittelbar neutestamentlich, beruht aber doch auf guter Bibelkenntnis. Sie nimmt nämlich eine Anspielung auf Jes 60 in Mt 2,11 auf. Im

Sonntagsevangelium (110)

2. Sonntag nach Weihnachten: Joh 1,1-18 (oder: Joh 1,1-5.9-14) Das Johannes-Evangelium beginnt mit einem Text, der sich von der nachfolgenden Erzählung deutlich abhebt. Der Prolog hat hymnischen Charakter, allerdings nicht in all seinen Teilen. Deshalb wird meist damit gerechnet, dass der Evangelist eine Vorlage aufgegriffen und in bearbeiteter Form an den Anfang seines Werkes gestellt hat. Welche Aussagen auf den Evangelisten zurückgehen, ist, wie bei solchen literarkritischen Operationen üblich, umstritten. Jedoch lassen sich recht eindeutig die Passagen über Johannes (den Täufer) als späterer Zusatz erkennen (1,6-8.15): Sie heben sich nicht nur mit ihrem stärker erzählenden Duktus vom hymnisch geprägten Kontext ab; sie verlangen auch einen größeren Zusammenhang, der erst durch die in 1,19 einsetzende Erzählung gegeben ist. Als Prolog zeichnet sich der Abschnitt 1,1-18 dadurch aus, dass er sich einerseits von der nachfolgenden Erzählung unterscheidet, andererseits mit ihr auch i