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Es werden Posts vom September, 2013 angezeigt.

Sonntagsevangelium (96)

26. Sonntag im Jahreskreis (C):  Lk 16,19-31 Den Gegensatz von Arm und Reich bringt die Beispielerzählung vom Reichen und dem armen Lazarus wirkungsvoll zur Geltung. Dies gelingt ihr nicht nur durch die Beschreibung von Luxus (Lk 16,19) und bitterster Armut (16,20f), sondern auch durch die Bemerkung, dass der Arme »vor der Tür des Reichen« lag. Zwischen beiden Figuren kommt es trotz der räumlichen Nähe zu keinem Kontakt. Unausgesprochen liegt darin ein Vorwurf an den Reichen: Dass Lazarus nicht einmal von dem essen konnte, was »vom Tisch des Reichen fiel«, er vielmehr selbst von den Hunden verkostet wurde (16,21), profiliert nicht nur den Gegensatz der Lebenssituation; durch diese Beschreibung wird mitgeteilt, dass dem Reichen das Schicksal des Lazarus gleichgültig war. Die Erzählung begnügt sich bei dieser Schilderung mit knappen Strichen, denn ihr Interesse liegt auf einem anderen Sachverhalt: den Folgen des geschilderten Gegensatzes nach dem Tod der beiden Hauptfiguren. Das s

Antimodernismus und Exegese (4)

Was bisher geschah: Nach einer knappen geschichtlichen Verortung des Antimodernismus wurden die gegen die »Modernisten« gerichteten Dekrete vorgestellt ( Folge 1 ; Folge 2 ). Nach dem exemplarischen Blick auf die Konsequenzen dieser Maßnahmen in Forscherbiographien ( Folge 3 ) soll es nun um die Folgen für das Fach »Neutestamentliche Exegese« als Disziplin der Katholischen Theologie gehen.  Schlaglichter auf die Konsequenzen für Forschung und Lehre  Dass unter den dargestellten Bedingungen die Forschung zum Neuen Testament nicht gedeihen konnte, liegt auch der Hand. Die lehramtlichen Vorgaben, die eine Auseinandersetzung mit den aufgebrochenen Fragen unterbinden wollten, und die Responsa der Bibelkommission, die ohne eigentliche Sachargumentation exegetische Fragen entschieden, mussten wie eine Fessel für die katholische Exegese wirken. Wenn deren Vertreter in Kontakt mit der zeitgenössischen protestantischen Exegese bleiben wollten, mussten sie äußerst vorsichtig vorgehen, um n

Sonntagsevangelium (95)

25. Sonntag im Jahreskreis (C):  Lk 16,1-13 (oder 16,10-13) Das Gleichnis vom ungerechten Verwalter (Lk 16,1-8) gehört zu den anstößigsten Texten in den Evangelien, denn hier wird ein betrügerisches Verhalten ausdrücklich gelobt. Ausgangspunkt ist die Situation, dass der Verwalter eines reichen Mannes dessen Vermögen verschwendet hat, genauer: dass dem reichen Mann dieses Verhalten zu Ohren kommt. Es spielt aber für die Geschichte keine Rolle, ob der Vorwurf zu Recht erhoben wird. Die Aufforderung, die Abrechnung vorzulegen (16,2), dient nicht der Eruierung des Sachverhalts, sondern wird mit der bereits beschlossenen Entlassung begründet: »... denn du kannst nicht länger Verwalter sein.« Auch der Verwalter selbst geht in seiner Reaktion  nicht davon aus, etwas für den Verbleib in seiner Stellung unternehmen zu können. Er erwägt Alternativen, die er aber sofort wieder verwirft: Harte körperliche Arbeit ist nichts für ihn (»graben kann ich nicht«), ein noch höherer Prestigeverlust

Antimodernismus und Exegese (3)

Was bisher geschah: In Fortführung der Strategie des 19. Jahrhunderts, die Kirche von allen Neuerungen in Gesellschaft und geistigem Leben abzuschotten, wurde unter Pius X. (1903-1914) ein streng antimodernistischer Kurs eingeschlagen, der sich in einem Syllabus (Lamentabili sane exitu), einer Enzyklika (Pascendi dominici gregis) und dem Antimodernisteneid niederschlug. Die Absicht, historisch-kritische Exegese aus der katholischen Theologie herauszuhalten, und der Wille, diese Linie mit Macht durchzusetzen und jede Abweichung zu sanktionieren, führte außerdem zu Entscheiden der Päpstlichen Bibelkommission, die gegen neuere Tendenzen in der Exegese ohne Argumentation das Gewicht der Tradition betonten ( Folge 1 ; Folge 2 ) Zwar war der antimodernistische Kurs durch römische Dekrete begründet, er wurde aber nicht nur auf den offiziell vorgesehenen Wegen verfolgt. Daneben etablierte sich in der Zeit Pius' X. auch ein Spitzelwesen im  Sodalitium Pianum  – ein Geheimbund von höch

Sonntagsevangelium (94)

24. Sonntag im Jahreskreis (C): Lk 15,1-32   (oder 15,1-10) In Lk 15 sind drei Gleichnisse zusammengestellt, die vom Verlieren und Wiederfinden erzählen. Die ersten beiden (vom verlorenen Schaf; von der verlorenen Drachme: Lk 15,1-10) sind einem Gleichnistyp zuzuordnen, der ausgehend von der Alltagserfahrung auf die Zustimmung der Hörer zielt. Deutlich wird dies an den rhetorischen Fragen: »Wer von euch ... wird nicht ...?«; »welche Frau ... wird nicht ...?« Sie lassen nur eine Antwort zu: Alle würden so handeln wie in dem Gleichnis erzählt. Der geschilderte Verlust erscheint im zweiten Fall noch härter als im ersten: Von zehn Drachmen, offensichtlich der ganze Besitz der Frau, geht eine Drachme verloren – entsprechend ist auch die Suche nach dem Verlorenen intensiver dargestellt (15,8). Der Grundgedanke ist allerdings in beiden Fällen derselbe: Ein Verlust führt zur Suche, die Suche zum Wiederfinden, der Fund zur Freude, ja sogar zur Mitfreude der Freunde und Nachbarn (15,6.9).

Antimodernismus und Exegese (2)

Was bisher geschah: Der antimodernistische Kurs Pius' X. wurde dargestellt als Fortsetzung der systematischen Abschottung der katholischen Kirche von allen geistesgeschichtlich relevanten Entwicklungen des 19. Jahrhunderts, mit der Folge, dass historisches Arbeiten in der Bibelexegese verboten wurde. Der Versuch einer historisch verantworteten Exegese von Alfred Loisy wurde nicht nur mit Zensur belegt, sondern war auch die Zielscheibe des ersten der antimodernistischen Dekrete aus dem Jahr 1907: Lamentabili sane exitu (s. hier ).  Pascendi dominici gregis Während Lamentabili , wie in der ersten Folge bereits erwähnt, in einem langwierigen Prozess in den zuständigen vatikanischen Gremien entstand, ist die Enzyklika Pascendi  »relativ schnell in einem kleinen Beraterkreis um den Papst entworfen worden «  ( Arnold, Modernismus 109). Die Akten belegen, dass Pius X. nicht unbedarft unter den Einfluss antimodernistischer Kreise geriet, sondern selbst Antimodernist war (vgl. ebd.

Sonntagsevangelium (93)

23. Sonntag im Jahreskreis (C): Lk 14,25-33 In die Worte über die Bedingungen der Nachfolge ist ein Doppelgleichnis eingeflochten, das sich nur im Lukas-Evangelium findet (Lk 14,28-32). An ihm kann man sich sehr gut einen Grundsatz der Gleichnisauslegung klar machen. Gleichnishafte Texte können verstanden werden als Texte mit »doppeltem Boden« (so eine Formulierung von Kurt Erlemann ). Sie verweisen auf etwas, das nicht unmittelbar ausgedrückt wird. Diese zwei Seiten eines Gleichnisses kann man als »Bild- und Sachebene« bezeichnen: zum einen die erzählte Geschichte; der Text, wie er auf der Oberfläche begegnet (Bildebene), zum andern das, worauf der Text verweisen will; was er in der Sache meint (Sachebene). Die Sachebene erschließt sich, wenn man erkennt, woraufhin das auf der Bildebene Dargestellte zugespitzt ist, oder anders: was die Pointe des Bildes ist. Nicht jedes Element eines Gleichnisses hat eine Entsprechung auf der Sachebene, manches dient auch nur dem Arrangement des B

Antimodernismus und Exegese (1)

Beim Kongress »Freude am Glauben«, der am vergangenen Wochenende in Augsburg stattfand, hat Prälat Wilhelm Imkamp einen Vortrag gehalten mit dem Titel »Der Modernismus als Herausforderung im Jahr des Glaubens. Geschichtliche Anmerkungen zu einem bleibenden Problem«. Dem wohlwollenden Referat von Barbara Wenz zufolge bestand der Vortrag im Wesentlichen aus einer Polemik gegen den Modernismus, die auf die gegenwärtige Situation zielt. Eine inhaltliche Substanz, die Grundlage für eine sachliche Auseinandersetzung sein könnte, ist dem Referat nicht zu entnehmen. Für einen Exegeten wird die Freude am Glauben allerdings auf eine harte Probe gestellt, wenn im Blick auf die Enzyklika Pascendi dominici gregis vom »heiligen Genie Pius X.« die Rede ist, dem zu verdanken sei, dass das Phänomen des Modernismus »einmal scharf umrissen worden ist«. Da dies nicht der erste Hinweis dafür ist, dass der Antimodernismus vom Beginn des 20. Jahrhunderts wieder rehabilitiert wird, will ich hier in mehreren