Sonntagsevangelium (31)

Geburt des hl. Johannes des Täufers: Lk 1,57-66.80
Allein das Lukas-Evangelium kennt eine »Kindheitsgeschichte« Johannes des Täufers. Die Erzählung von der Geburt ist in mehreren Erzählzügen in den literarischen Kontext eingebunden. Dass ausdrücklich gesagt wird, dass die Zeit der Geburt für Elisabet herangekommen war (V.55), greift die Notizen über Elisabets Schwangerschaft auf: Sie hat sich fünf Monate verborgen (1,24), die Verkündigung an Maria ergeht im sechsten Monat (1,26.36). Dass Zacharias für seinen Zweifel an der Zusage des Engels mit Stummheit geschlagen wird (1,20), spielt in die Episode der Namensgebung herein.

Dabei zeigt sich zugleich ein zweites Merkmal der Geburtserzählung: In sie sind Wundermotive aufgenommen. Elisabet nennt einen ungewöhnlichen Namen für das Kind (V.60), mit der Folge, dass eigens der Vater befragt wird. Dass er denselben unerwarteten Namen angibt, gehört zu den staunenswerten Ereignissen, die am Ende der Geschichte zur Frage nach der Zukunft dieses besonderen Kindes führen (V.66). Möglicherweise ist dieses wunderbare Element auch ein erzählerischer Grund dafür, dass der Zweifel des Zacharias mit der Stummheit bestraft wird. So soll gerade ausgeschlossen werden, dass Zacharias etwas von der Engelserscheinung (1,11-20) mitteilen kann. An sich muss eine Rückfrage wie die nach dem Zeichen für die Wahrheit der Engelsbotschaft (1,18) nicht zu einer Bestrafung führen. Maria äußert einen ähnlichen Einwand (1,34) und ihr wird eine Antwort gegeben und ein Zeichen gewährt (1,35f).

Es finden sich weitere Motive aus Wundergeschichten: die plötzliche Heilung von der Stummheit (V.64), die Reaktion mit dem Lobpreis seitens des Geheilten (V.64fin), das Staunen derer, die von den Ereignissen hören mit der Ausbreitungsnotiz (VV.65f). Die Formulierung, dass Zacharias Gott preist, scheint auf das Benedictus (1,68-79) vorauszuweisen, denn es wird dasselbe Verb verwendet, mit dem diese prophetische, geisterfüllte Rede des Zacharias eröffnet wird (εὐλογέω). Ein anderes, im Zusammenhang von Wunderheilungen gebräuchlicheres Verb (δοξάζω, s. z.B. Lk 13,13; 17,15; 18,43) wählt Lukas wegen dieser inneren Verbindung hier offensichtlich nicht.

Die Frage der Zeugen des Geschehens, was aus diesem Kind werden wird (V.66), öffnet die Erzählung auf das Wirken Johannes des Täufers, von dem ab 3,1 erzählt wird. Noch deutlicher auf diesen Beginn weist die Abschlussnotiz vom Heranwachsen und Erstarken des Kindes »bis zu dem Tag, an dem er den Auftrag erhielt, in Israel aufzutreten« (V.80).

Dass dieses Auftreten auf Jesus hingeordnet ist, wird dann die Darstellung des Johannes im Lukas-Evangelium prägen. Zwar findet sich hier noch nicht das ausdrückliche Zeugnis des Täufers für Jesus, das für das Johannes-Evangelium kennzeichnend ist. Aber dass der Täufer als Vorläufer und Wegbereiter Jesu zu verstehen ist, gehört für Lukas zum Kern der Verkündigung. Am deutlichsten zeigt sich dies an Reden in der Apostelgeschichte: Sowohl Petrus als auch Paulus nennen beim Rückblick auf das Wirken Jesu den Täufer als den Anfangspunkt (Apg 10,37; 13,25; s.a. 1,21f).

Kommentare

Gerhard Mentzel hat gesagt…
Man mag mich wieder als Troll beschimpfen.

Doch auch hier hat der Hellenist Lukas nicht nur die Story von der wundersamen Geburt eines jüdischen Wüstenpredigers wiedergegeben. So wenig wie bei dem, auf den der Text nach Prof. Häfner verweist und dessen Geburt in ähnlicher Weise, wie die des Johannes angekündigt wurde, kann auch dieser Text buchstäblich gelesen werden. Vielmehr macht auch hier die Auslegung von Prof. Häfner wieder deutlich, wie Theologiegeschichte in zeitgemäßen Bildern beschrieben wird.

Es zeigt sich erneut: Was für den "hochverehrten Theophilus in guter Ordnung aufgeschrieben" wurde, ist nicht nur von Anfang auf allegorische Weise als Theologiegeschichte zu lesen. Auch dieser Text kann nicht als Story verstanden werden, wo weiße Vögel unterwegs waren, um die Geburt eines besonderen Jungen anzukündigen oder Engel und Wundererzählungen nur untergeschoben wurden, um dem dann Johannes geannten Buben, der später mit seinen Freund Jesus im Jordan badete, einen besondern Anstrich zu geben oder aus der Begnung zweier Rebellen im Wasser eine Messiastaufe zu machen.
Roland Breitenbach hat gesagt…
Seltsames, Unglaubliches bekommen die Katholiken in ihren Blättern serviert. So tat ein Bischof /Friedhelm Hofmann, Würzburg/ am Sonntag in seiner Hauspostille folgendes zum Johannestag kund: „Als Johannes im Leib seiner Mutter Elisabeth Jesus begegnete, den Maria in ihrem Schoß trug, wurde er von der Erbsünde befreit. Er selbst brauchte daher keine Taufe.“
Gerhard Mentzel hat gesagt…
So unwahrscheinlich scheint das gar nicht zu sein, wenn man auf theologisch-philosophische Weise darüber nachdenkt: Z.B. wie Johannes oder das jüdische Denken der damals im kausalen Werden der Welt realsierten Vernunft begegnete, die noch nicht in der bekannten Form entprechend ihrer kulturellen Wurzel (als verjüngter Josua/gr. Jesus) ausgedrückt war. Und wie sich das jüdische Denken erst so von der geerbte Last oder was alles sich hinter der Ersünde bzw. dem Abfall von wahrhaft schöpferischer Ordnung steht befreien konnte. Möglicherweise bezieht sich der Würzburger Bischof auf Texte, bei denen Jesus und Johannes noch eine theologische Bedeutung hatten, die bei der banalen buchstäblichen Betrachtung nicht mehr vorhanden ist.

Denn absurd erscheint nicht nur die Ausage des Bischofts, sondern auch der biblischen Text nur, wenn man auf buchstäbliche Weise zwei junge Juden sucht, von denen dann später der eine den anderen beim Baden im Jordan bzw. einer Taufe als Gottessohn bezeichnete. Denn wenn im buchstäblichen Sinne dann alle Über-/Unnatürlichkeiten wegrationalisert bzw. als wundersame Erzählungen über die Herrlichkeit eines Heilspredigers ausgelegt werden, wie ich das bei Prof. Häfner lese, bleibt kaum mehr als ein Wüstenprediger, der einen anderen Heilsprediger als göttliches Wesen hinstellte oder dem das nur angedichtet wurde, um den guten Jungen Jesus als Messias auszugeben. Und wenn dann die Theologen darüber nachdenken, ob Jesus überhaupt ein Gottessohn sein wollte oder dass doch jeder von uns ein Sohn Gott sei, dann wird selbst diese Bedeutungsaussage völlig bedeutungslos.
Gerhard Mentzel hat gesagt…
Wie ich gerade im dicken Band 1 von Herder über "Die Geschichte des Christentums" lese, wurde auch das Verhältnis von Johannes und Jesus in den vielfältigen Denkbewegungen, die das anfängliche Christentum vor Kirche und Kanon ausmachten, auf recht unterschiedliche Weise beschrieben. Und je absurder die Geschichten klingen, je klarer sollte doch sein, dass es diesen Denkern nicht um das gegangen sein kann, was heute als historischer Jesus gilt, es Zeit wird, die heute geltende Hypothese zu hinterfragen.

Gerde Lüdemann, auf dessen Forschung über die Gnosis und Anfänge auch die bei Herder schreibenden kath. Wissenschaftler Bezug nehmen, scheint mir ein bestes Beispiel, wie die zu kurz greifende historische Kritik nicht mehr haltbar ist.

Der junge Magier, der bei Lüdemann übrig bleibt, dem nicht nur alle Bedeutungsaussagen genommen sind und dem dann nur noch Worte in den Mund gelegt, Geschichten untergeschoben wurden, um ihn zu verherrlichen bzw. nach dem Kritiker ein kirchliches Glaubenskonstrukt zu begründen, der ist bei all dem Wissen über die vielfältigen Denkbewegungen und Diskussionen unmöglich den bei Herder (teilweise in Bezug auf Lüdemann) beschriebenen Intellektuellen des Anfang zu unterstellen.

Richtig ist sicher, dass auch alle bei Herder über die im Schmelztiegel eines kulturellen Umbruches nach Neudefinitionen von Schöpfung, neuen Gottesvorstellungen im Verhältnis zum Gesetz der Juden oder Götterglaube und menschlicher Bestimmung suchenden inellektuellen Denker beschreiben, getreu der heutigen Hypothese den historischen Jesus für eine Art Heilsprediger halten. Auch wenn sie im Gegensatz zu Gerd Lüdemann weiter in hoheitlicher Weise von Jesus sprechen.

Aber was soll ein egal wie gearteter Heilsprediger mit der Diskussion zu tun haben, frage ich mich bei jedem zweiten Absatz der verschiedenen Beiträgen, die bei Herder die Anfänge und vielfältigen Dikussionen zwischen alten und neuen Vorstellungen in sog. jüdisch-christlichen und hellenistischen Denkbewegungen schildern. Was haben Denkweisen, die sich teilweise gegenseitig der Häresie beschuldigen und auf hochtheologische Weise diskutierten mit dem zu tun, der bei Lüdemann übrig bleibt?

Wie kann ich.B. z Markion, der mit seinem dem AT entgeggestellten Evangelium den Kanon der Kirche auslöste oder dem Platoniker und apologetischen Kirchenvater Justin, der sich gegen Markions Abspaltung wandte, in seinen philosophischen Abhandlungen auch die menschliche Ausdrucksweise der Vernunft begründete unterstellen, sie wären von einem gutherzigen Wanderprediger ausgegangen, der von einem anderen Wüstenprediger im Jordan als Gottessohn hingestellt wurde?

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