Die Bibel als Belegstellen-Discounter

Kardinal Gerhard Ludwig Müller weiß, wo es langgeht auf dem Weg zum Heil – und auf dem zum Unheil. So haben ihn denn »viele Bischöfe, Priester, Ordensleute und Laien der katholischen Kirche … um ein öffentliches Zeugnis für die Wahrheit der Offenbarung gebeten.« Es gibt keinen Grund, dies zu bezweifeln. Man hat allerdings seit einiger Zeit den Eindruck, dass Kardinal Müller derlei Bitten nicht braucht, um sich zu öffentlicher Äußerung gedrängt zu fühlen. So sieht er denn auch in dem nun publizierten Glaubensmanifest eine erhebliche Bedrohungslage, die eine Belehrung durch den »Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre von 2012-2017« nicht nur auf Nachfrage als angemessen erscheinen lässt: »Heute sind vielen Christen selbst die grundlegenden Lehren des Glaubens nicht mehr bekannt, so dass die Gefahr wächst, den Weg zum Ewigen Leben zu verfehlen.«

Zuverlässige Orientierung unter den Bedingungen einer Diktatur – und zwar der derjenigen des Relativismus – gibt der Katechismus. 36 Einzelnummern, dazu noch einmal zwei Abschnitte mit insgesamt 46 Nummern werden angeführt als »›sichere Norm für die Lehre des Glaubens‹ (Fidei Depositum IV)« – von zentralen dogmatischen Aussagen zur Dreieinigkeit bis hin zur Aufgabe des Lehramts, »das Volk vor Verirrungen und Glaubensschwäche zu schützen«, oder dem Urteil, wer das Sakrament der Eucharistie nicht fruchtbar empfängt.

In die zahlreichen Katechismus-Belege eingearbeitet sind auch einige biblische Aussagen – damit sind wir beim Thema dieses Beitrags. Die Art und Weise, in der das geschieht, erinnert an Verfahren, die man als »Steinbruch-Exegese« bezeichnet hat, um das Interesse an bloßen Textbruchstücken zu kennzeichnen. Diese Metaphorik hat den Nachteil, dass sie ohne Sachgrund das Moment der Mühe anklingen lassen könnte. Die Bibel erscheint hier aber weniger als Formation, der unter großer Anstrengung etwas abgerungen werden müsste, denn als Selbstbedienungsladen, in dessen Regalen einzelne Kleinartikel griffbereit angeboten werden.

Verwirrung – durch was?

Das Problem beginnt bereits in der Überschrift. Das Manifest beansprucht, der Verwirrung entgegenzutreten und damit auf der Spur des Jesuswortes in Joh 14,1 zu sein. Nun ist Verwirrung eine recht subjektive Angelegenheit. Eine Erwiderung könnte mit derselben Leichtigkeit Joh 14,1 als Überschrift nehmen, da davon auszugehen ist, dass auch das Müllersche Glaubensmanifest zur Verwirrung beiträgt – nur bei anderen Leuten. 

Oder ist das die falsche Verwirrung, weil der Kardinal doch Paulus und die Tradition auf seiner Seite hat? Das sollen wir zumindest glauben, denn bei der Wahrnehmung der Hirtenaufgabe 
»gilt das Wort des Apostels: ›Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe‹ (1 Kor 15,3).« 
Es gilt hier allerdings in viel stärkerem Maß das Wort des Kardinals als das des Apostels, denn zu diesem hätte unbedingt die Fortsetzung dazugenommen werden müssen. Paulus äußert sich ja nicht grundsätzlich zur Orientierung an der Tradition, sondern leitet damit das Zitat einer Glaubensformel zu Tod und Auferweckung Christi ein (1 Kor 15,3-5). Wenn ich recht sehe, wird über diese zentrale Aussage der neutestamentlichen Christusbotschaft derzeit keine Debatte geführt, die zu irgendeiner Verwirrung Anlass geben könnte. 

Die Katechismus-Schrift

Der mangelnden Bekanntheit der grundlegenden Lehren des Glaubens wird gegengesteuert durch zentrale Punkte in Gotteslehre und Christologie (1.), Ekklesiologie (2.), Sakramentenlehre (3.), Ethik (4.) und Eschatologie (5.). Zum ersten Punkt wird in eine Reihe von fünf Belegstellen aus dem Katechismus immerhin eine neutestamentliche Aussage eingebaut – allerdings auf bemerkenswerte Weise: Die spätere dogmatische Aussage begründet das Schriftzeugnis.
»Daher bezeichnet der erste Johannesbrief denjenigen als Antichrist, der seine Gottheit leugnet (1 Joh 2,22), da Jesus Christus, der Sohn Gottes von Ewigkeit her eines Wesens ist mit Gott, Seinem Vater (663).« 
Das Schriftwort wird recht frei so wiedergegeben, dass sich die am Glaubensbekenntnis angelehnte Formulierung möglichst glatt anschließen kann. Durch die Begründungsstruktur erscheint die Schriftaussage sachlich nachgeordnet. Sicher haben sich die späteren Definitionen der Konzilien als Entfaltung des Schriftzeugnisses verstanden, es soll hier nicht das sachliche Recht des zitierten Zusammenhangs bestritten werden. Dennoch sagt die Umkehrung der Begründung etwas über den vorausgesetzten Stellenwert biblischer Texte aus. Diese Vermutung bestätigt das Glaubensmanifest insofern, als es das Zeugnis der Schrift – ohne den Umweg über die Bibel – auch direkt mit dem Katechismus belegen kann: 
»Die Ewigkeit der Höllenstrafe ist eine furchtbare Wirklichkeit, die – nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift – sich alle zuziehen, die ›im Stand der Todsünde sterben‹ (1035).« 
Eine solche Verkürzung ist insofern praktisch, als die Aussage nur auf sehr verschlungenen Wegen als Zeugnis der Schrift zu markieren gewesen wäre. Das unmittelbar angeschlossene Gerichtswort aus Mt 7,13 belegt jedenfalls den beanspruchten Gedanken nicht: 
»Der Christ geht durch das enge Tor, denn ›weit ist das Tor und breit der Weg, der ins Verderben führt, und es sind viele, die auf ihm gehen‹ (Mt 7,13).« 
Textpragmatisch ist ein solcher Spruch als Mahnung zu lesen, nicht als Mitteilung über das Gericht, schon gar nicht dahingehend, dass den Christen eine Garantie zugesagt wäre. Die zusichernde Feststellung, der Christ gehe durch das enge Tor (zum Leben: Mt 7,14), ist so ziemlich das Gegenteil dessen, worauf dieser Text bei seinen Adressaten hinauswill: die Einschärfung der Bergpredigt als in die Praxis umzusetzende Weisung. 

Das »andere Evangelium« haben immer die anderen

Während die Aussagen zur Kirche ganz ohne Bezug auf die Schrift auskommen, wird diese zur sakramentalen Ordnung gleich dreimal bemüht – allerdings auf durchaus verwirrende Weise. Dass das Amt in der Kirche durch Christus eingesetzt sei, wird mit Bezug auf Gal 1,6-8 kommentiert: 
»Die Mahnung des Apostels gilt bis heute, dass verflucht sei, wer ein anderes Evangelium verkündet, ›auch wenn wir selbst es wären oder ein Engel vom Himmel‹.« 
Dass Paulus mit dem Ausschluss eines »anderen Evangeliums« zu einem ganz anderen Thema gesprochen hat, bleibt ausgeblendet. Wer sich derartig am Bibeltext bedient, schreckt auch nicht davor zurück, mit ihm nach anderen zu werfen. Unter Bezug auf 2Tim 4,3f heißt es: 
»Hier trifft das Wort der Schrift diejenigen, die der Wahrheit kein Gehör schenken und sich nach eigenen Wünschen richten, die den Ohren schmeicheln, weil sie die gesunde Lehre nicht ertragen«.
Solche Sätze sind beliebig anwendbar; man muss nur davon ausgehen, auf der Seite der Wahrheit zu stehen. Wer ständig vor der Anpassung an den Zeitgeist warnt oder sich warnen lässt, weiß schon, wie die »Lehrer, die den Ohren schmeicheln«, aktuell einzuordnen sind. Nur stören kann da die Erkenntnis, dass die von den Pastoralbriefen propagierte »gesunde Lehre« auf der Umgestaltung der paulinischen Tradition beruht, und dies die Aufnahme von Wertmaßstäben der Umwelt (»Zeitgeist«) einschloss (Näheres dazu hier). 

Griechisch hilft 

In der Frage der Zulassung zur Eucharistie ist die Argumentation mit 1Kor 11,27 geradezu ein Klassiker und deshalb der Schriftbeleg, der im Glaubensmanifest am wenigsten überrascht. Da das eucharistische Opfer »auf die innigste Vereinigung mit Christus« ziele, mahne 
»die Heilige Schrift im Hinblick auf den Empfang der hl. Kommunion: ›Wer also unwürdig von dem Brot isst und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn‹«.
In 1Kor 11,17-34 hat Paulus aber ein anderes Problem vor Augen als den Würdigkeitsstatus der Mahlteilnehmer. Eine solche Frage hat nicht nur keinerlei Verankerung im Kontext, sie erforderte auch einen anderen Wortlaut. Das mit »unwürdig« übersetzte Wort ist im Griechischen ein Adverb (ἀναξίως). Gesagt wird also nicht: »Wer als Unwürdiger (ἀνάξιος) das Brot isst und vom Kelch des Herrn trinkt ...«, sondern: »Wer auf unwürdige Weise das Brot isst und vom Kelch des Herrn trinkt ...«. Dies bezieht sich auf die Mahlpraxis in der Gemeinde von Korinth, die auf die Beschämung der Armen hinausläuft (11,22, worin auch immer sie besteht: Die Rekonstruktion des genauen Bezugspunktes der paulinischen Kritik ist umstritten). Die Selbstprüfung im folgenden Vers (11,28) ist in diesen Rahmen einzuordnen. Sie hat nichts zu tun mit der Notwendigkeit, im Fall schwerer Sünde vor der Teilnahme an der Eucharistie das Sakrament der Buße zu empfangen, das Paulus ja nirgends bezeugt. Indem die Schriftaussage (1Kor 11,27) im Glaubensmanifest ein einsames Dasein zwischen mehreren Katechismus-Nummern fristet, wird der inhaltliche Abstand zwischen beiden Größen überspielt. 

Die Schrift als Mittel der Selbstbestätigung

Das Wort von der freimachenden Wahrheit in Joh 8,32 wird immer wieder gern zitiert, da sich mit ihm alles biblisch schmücken lässt, was als Wahrheit vorgestellt wird. Im Glaubensmanifest ist es das »sittliche Gesetz«: Es ist »Teil jener befreienden Wahrheit (vgl. Joh 8,32), durch die der Christ den Weg des Heils geht und die nicht relativiert werden darf.«

Wer die Wahrheit traditionsgesichert auf der eigenen Seite weiß, hat dann auch ein klares Bild von denen, die sich nach 2Thess 2,10 »der Liebe zur Wahrheit verschlossen« haben. Aktuelle Debatten werden auf diese Weise biblisch aufgeladen, ohne dass ein Sachargument in konkreten Streitfragen gegeben wäre. Wenn dadurch die Gegenseite noch dazu als Antichrist erscheint, bestärkt sich die eigene Position selbst. Die Schrift trägt dazu nichts bei. Sie wird nicht befragt, sondern benutzt. 

Ganz plötzlich kann sie dann auch mit einem konfessionellen Zungenschlag sprechen: Es wird aufgerufen zur Bitte an den Herrn, »Er möge uns erkennen lassen, wie groß das Geschenk des katholischen Glaubens ist, durch den sich die Tür zum Ewigen Leben öffnet«; direkt im Anschluss wird vor dem Verspielen des Heils mit den Worten von Mk 8,38 gewarnt: 
»Denn wer sich vor dieser treulosen und sündigen Generation meiner und meiner Worte schämt, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er mit den heiligen Engeln in der Hoheit seines Vaters kommt.«
Dieses Jesuswort begründet in der Folge den Einsatz »für die Stärkung des Glaubens, indem wir die Wahrheit bekennen, die Jesus Christus selber ist« – als ob aus Mk 8,38 irgendein Anhaltspunkt für die vorgetragene Positionierung »[a]ngesichts sich ausbreitender Verwirrung in der Lehre des Glaubens« zu gewinnen wäre. 

Exegese?

Wenn Kardinal Müller meint, in den gegenwärtigen Reformdebatten würde die kirchliche Tradition verraten, so ist dies eine Position, über die man reden und streiten kann. Dass ein knappes Glaubensmanifest ein geeignetes Mittel ist, nimmt wohl nur an, wer einen Gesprächs- und Reformbedarf gar nicht erkennt. Andere werden den konzentrierten Katechismus-Beschuss weniger hilfreich finden. Wie auch immer man sich hier positioniert: Das Neue Testament kommt im Glaubensmanifest ziemlich unter die Räder. Gebraucht wird die Schrift zur Darlegung der Glaubenslehre eigentlich nicht. Aber hin und wieder eingestreut, macht sie sich doch ganz gut im Aufmarsch der Katechismus-Nummern – jedenfalls solange man sie nicht nach ihrer eigenen Botschaft fragt. 

Dass diese Form der Bibelnutzung über 50 Jahre nach Dei Verbum immer noch geübt wird, macht ratlos. Ist Exegese nur ein Sandkasten für verspielte Bibelliebhaber, denen man die Freude an ihren Textförmchen nicht nehmen will? 

Ich muss gestehen, dass ich mein Arbeitsfeld anders verstanden habe.

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Kommentare

Anonym hat gesagt…
"Dass diese Form der Bibelnutzung über 50 Jahre nach Dei Verbum immer noch geübt wird, macht ratlos."
Karl Rahner hat im Dezember 1965 prophezeit, dass es noch lange dauern werde, bis die Kirche, der das 2. Vatikanum geschenkt wurde, die Kirche des 2. Vatikanums werde. Ratlos bin auch ich, weil ich die Taubheit gegen die Exeget*innen im Rahmen einer Taubheit der Amtskirche gegen die wissenschaftliche Theologie und vieler Menschen gegen Wissenschaft als solche wahrnehme. Wenn man einen biblischen Begriff für dieses Phänomen sucht: Herzensverhärtung.
Bei praktisch keinem der neuralgischen Punkte (Männerweihe, Zölibat, Sexualmoral, Frauenfrage), haben die Exeget*innen sagen können: "Die gängige kirchliche Praxis verdankt sich einer eindeutigen göttlichen Willensbekundung". Und das mit vollem Recht. Das hat aber den Amtskirchenvertretern nicht in den Kram gepasst, weil man dann die gängige Praxis eben nicht auf Gott zurückführen kann. Auf gut katholisch: "Das war so, das bleibt so, und überhaupt".
Es mögen petitessen sein, aber wie soll man denn diesen Amtskirchenvertretern gegenüber das Grundvertrauen haben, dass sie tatsächlich nach bestem Wissen und Gewissen die Sache Gottes und nicht ihre eigene Sache vertreten, wenn Sonntag für Sonntag in der Messe gleich zwei Unwahrheiten hintereinander gebetet werden - "Nehmt und trinkt ALLE", aber nur einer trinkt und "Wir danken dir, dass Du uns berufen hast, vor Dir zu STEHEN und Dir zu dienen" und nur einer steht, und wenn Amtskirchenvertreter von Priester, Theolog*innen und Lehrer*innen Eide gegen den ausdrücklichen Wortlaut Jesu (ob er das gesagt hat, darüber ließe sich duskutieren) verlangen?
Immerhin scheinen die Bischöfe von Essen und Magdeburg langsam einzusehen, dass sich dauerhaft kein Kirchesein verwirklichen lässt, wenn man nicht einmal die Ergebnisse jahrzehntelang bekannter theologischer Einsichten wahrnehmen will.
Anonym hat gesagt…
Sehr geehrter Herr Prof. Häfner,
eine korrekte Analyse des Glaubensmanifestes von Kardinal Müller auf die Art und Weise hin, wie hier zum Teil etwas stiefmütterlich mit der Heiligen Schrift umgegangen wird. Ihre Kritik ist geschenkt.
Aber sie hätten fast ebenso gut - man sehe mir den Vergleich nach - das Manifest aufgrund etwaiger Komma-, Rechtschreib- oder Grammatikfehler kritisieren können. Der von Ihnen bemerkte Mangel hätte doch mit der Sache selbst nur dann etwas zu tun, wenn es gar nicht möglich wäre, die einzelnen Abschnitte des Manifestes gründlich und tiefgreifend aus den Texten der Heiligen Schrift zu entwickeln. Das wäre aber ganz zweifellos auch nicht in Form einer "Steinbruch-Exegese" möglich. Das dürfte auch Ihnen klar sein.
Worauf wollen Sie also eigentlich hinaus? Warum können Exegeten Texte nicht einfach in dem Kontext belassen, in dem sie gelesen und verstanden sein wollen? Gleiches fiel mir vor einigen Jahren auch bei der Kritik vieler Exegeten an den Jesus-Büchern Papst Benedikts auf. Weder diese, noch das Glaubensmanifest erheben den Anspruch, im Sinne exakter historisch-kritischer Textanalyse inklusive des Nachweises des jeweiligen Sitzes im Leben gelesen zu werden.
Ich verdanke den Ergebnissen der modernen Exegese wirklich fiel. Mein Blick auf die Bibel hat sich dank ihrer zweifellos geweitet. Aber es sollte schon klar sein, dass es die historisch-kritische Exegese aufgrund ihrer Herangehensweise mit einem "toten" Gegenstand zu tun hat. Das ist überhaupt nicht despektierlich gemeint, sondern liegt einfach in der Natur der Sache. Sobald ich einen Frosch für meine Untersuchungen zu sezieren beginne, wird er sterben. Das hat den Vorteil, dass ich ganz viele Dinge über ihn und sein Innenleben herausfinden kann, die ich an dem lebenden Frosch so nicht entdeckt hätte. Aber ich muss mir klar darüber sein, dass ich ab diesem Zeitpunkt Aussagen über einen toten und keinen lebenden Frosch mehr mache.
Die historisch-kritische Exegese kann - wie Sie das richtig getan haben - hilfreiche Hinweise zur Lektüre der Heiligen Schrift an die Hand geben. Für sich isoliert ist sie aber nicht dazu angetan einen Beitrag zum Glauben jener Gemeinschaft zu leisten, die ihren Gegenstand - nämlich den Kanon der Heiligen Schrift - überhaupt erst hervorgebracht hat. Insofern ist mir letztlich nicht klar, worauf Sie mit Ihrem ansonsten wie immer sehr lesenswerten Artikel zum Glaubensmanifest von Kardinal Müller überhaupt hinauswollen.
Er wäre außerdem redlicher gewesen, wenn er - so wie es z.B. in der Scholastik über Jahrhunderte hinweg üblich war - die Position des Gegners, anstatt sie lächerlich zu machen, zunächst so stark wie möglich gemacht hätte, um sie dann von dieser Stärke herab wirklich aussagekräftig zu widerlegen.
Gerd Häfner hat gesagt…
In dem Glaubensmanifest wird mit dem Zeugnis der Schrift argumentiert. Es handelt sich nicht um schmückendes Beiwerk oder geistliche Impulse, sondern um das Festklopfen bestimmter Positionen durch Rückbezug auf die Schrift: Wir dürfen von der Tradition nicht abweichen, weil das Wort des Apostels aus 1Kor 15,3a gilt; weil Paulus vor einem »anderen Evangelium« gewarnt hat. Die Zulassungsbedingungen zur Eucharistie müssen streng gefasst werden, weil die Heilige Schrift in 1Kor 11,27f zu strenger Prüfung der persönlichen Würdigkeit vor dem Kommunionempfang auffordert usw.

Worauf ich hinauswill? Auf den Verzicht auf einen solchen Umgang mit der Schrift. Wer sich auf die Schrift beruft, muss sich auch gefallen lassen, an den Standards der Schriftauslegung gemessen zu werden. Ich reiße das Manifest nicht aus dem Kontext, in dem es gelesen und verstanden sein will. Ähnlich gilt ja auch für das von Ihnen herangezogene Beispiel des Jesus-Buches von Papst Benedikt: Wäre dies als Meditation über die Bedeutung Jesu oder als christologische Reflexionen erschienen, hätten sich die Exegeten mit Kritik zurückhalten können. Der Anspruch aber war, den Jesus der Evangelien als den »historischen Jesus« im eigentlichen Sinne darzustellen. Dass man mit diesem Programm an den Standards historischer Rückfrage gemessen wird, wenn man diese nicht zu entkräften versucht, sollte nicht verwundern.

Dass Exegese in Analogie zur Sektion eines Frosches den Tod des Textes voraussetzt, ist nicht unbedingt meine Erfahrung (wenngleich, zugegebenermaßen, die Gefahr der Distanzierung besteht). Ich sehe allerdings nicht, dass der Bibeltext im Glaubensmanifest lebendiger wäre. Wer auf die mit der Exegese gegebene Distanzierung verzichtet, steht vielleicht nicht in der Gefahr, den Text zu töten, aber doch, ihn für eigene Zwecke zu kidnappen.
Anonym hat gesagt…
Hier liegen wohl zwei voneinander unabhängige Fragestellungen vor. Die erste: Steht das Glaubensmanifest von Kardinal Müller grundsätzlich in Einklang mit dem Zeugnis der Heiligen Schrift. Die zweite: Kann man die Art und Weise, wie hier Zitate aus dem Neuen Testament herangezogen werden, kritisieren.
Bezüglich Punkt zwei wurde ja bereits festgehalten: man kann kritisieren – wie man prinzipiell alles kritisieren kann. Auswahl, sowie Art und Weise der Verwendung von Schriftzitaten hätten anders erfolgen können. Es wäre selbstverständlich möglich gewesen, die gleichen Aussagen grundsätzlich biblisch herzuleiten und gerade ihrer Einbettung in den Evangelien mehr Raum zu geben. Hier aber von einem „Standard“ zu sprechen, an dem man sich messen lassen müsse, halte ich für problematisch. Standards gibt es z.B. in der Baubranche, aber sicher nicht in der Exegese biblischer Texte. Alles andere klänge für mich doch reichlich dogmatisch.
Natürlich erhebt Papst Benedikt den Anspruch, ein Buch über den "historischen Jesus“ zu schreiben. Über welchen denn sonst? Was anderes sollte man von einem Christen, noch dazu einem Papst erwarten? - Seine Exegese vertraut auf die Zuverlässigkeit der Evangelien. Sie vertrauen vielleicht mehr auf die Zuverlässigkeit Ihrer wissenschaftlichen Forschung. Ich sehe an dieser Stelle noch keinen prinzipiellen Unterschied im Vorgehen. Sowohl der eine wie der andere setzt auf etwas auf, das nicht mehr quantifizierbar ist. Sie wehren sich andernorts mit Recht dagegen, wenn das Proprium theologischer Forschung nach naturwissenschaftlichen Maßstäben bemessen und diskreditiert wird. Man sollte demselben Fehlschluss dann aber auch nicht im Urteil über andere exegetische Vorgehensweisen unterliegen. Und nein, es sind nicht alle, die die historisch-kritische Methode um andere Herangehensweisen ergänzen, so ignorant, Spannungen, Brüche und Widersprüchlichkeiten in den Texten der Evangelien und Briefen des NT nicht zur Kenntnis zu nehmen. Mit denselben Schwierigkeiten der Unschärfe von Wahrnehmung und Berichterstattung muss sich der Mensch in seinem Alltag ständig auseinandersetzen. Dass diese Ecken und Kanten in den Evangelien nicht geglättet wurden, spricht ja gerade für ihre Authentizität.
Anonym hat gesagt…
Der Unterschied im Vorgehen zwischen Ihnen als kritischer und kritisierender Wissenschaftler und Papst Benedikt wie auch Kardinal Müller beginnt wohl – und darauf wollte ich mit der Frosch-Analogie eigentlich hinaus – in der Sichtweise auf die Schriften des Neuen Testamentes. Ihrem eigenen Selbstverständnis gemäß nimmt die historisch-kritische Methode diese Texte als in der Vergangenheit abgefasste menschliche Worte in den Blick. Das ist eine sehr sinnvolle und ergiebige Selbstbeschränkung. Aber unter diesem Gesichtspunkt sind die Texte nur zeitlich bedingtes „Menschenwort“ und in diesem Sinne eben geistlich „tot“. Die Gemeinschaft, aus der diese Schriften hervorgingen, geht aber davon aus, dass sie mehr als nur Menschenwort, nämlich „Wort des lebendigen Gottes“ sind. Und der historische Kausalzusammenhang ist nun mal so, dass nicht die Schriften diesen Glauben, sondern der Glaube diese Schriften hervorgebracht hat. Deswegen ist es für diese Gemeinschaft zwar immer wieder erforderlich, für die richtige Interpretation der geistlichen Dimension dieser Texte, die Ergebnisse einer gründlichen und wissenschaftlichen Untersuchung ihrer rein „menschlichen“ und historisch bedingten Dimension heranzuzuziehen. Aber da diese Ergebnisse ihrer Natur gemäß das Hypothetische und Vorläufige nie ganz zurücklassen können, werden sie niemals Priorität über den von ihrem Gegenstand vorausgesetzten Glauben beanspruchen. Selbst wenn also der redliche historisch-kritische Wissenschaftler an den Punkt kommen sollte, dass er sagen muss: das Ergebnis meiner Forschungsarbeit steht im Widerspruch zu bestimmten Inhalten des Glaubens, kann er deshalb noch lange nicht voraussetzen, dass sich dies unmittelbar in Credo und Katechismus der seinen Forschungsgegenstand ebenso begründenden wie sich auf ihn gründenden Gemeinschaft niederschlagen muss. Schließlich fühlen sich ja verschiedene christliche Konfessionen jeweils in Einklang mit den Erkenntnissen der historisch-kritischen Forschung sehr unterschiedlichen Bekenntnissen verpflichtet.
Um damit nun endlich zum ersten der beiden eingangs genannten Punkte zurückzukommen, stellt sich mir die Frage, ob es ihnen also wirklich nur um eine Kritik des Umganges von Kardinal Müller mit der Heiligen Schrift ging, oder ob sich hinter der Entrüstung des Bibelwissenschaftlers nicht ein Unbehagen mit den eigentlichen Inhalten des Glaubensmanifestes selbst verbirgt. Für den ersten Fall verstünde ich nämlich nicht, warum man den hierfür völlig angemessen Rahmen dieses Blogs verlassen und ein fachwissenschaftliches Problem auf katholisch.de ausbreiten muss. Für den zweiten Fall macht es natürlich Sinn. Es wäre dann allerdings ehrlicher, dies auch direkt als solches anzusprechen und es nicht aus der Deckung des Exegeten heraus scheinbar wissenschaftlich zwingend zu suggerieren.
Gerd Häfner hat gesagt…
Zu der ersten von Ihnen genannten Frage habe ich mich nicht geäußert. Die zweite lässt sich m.E. nicht so relativieren, dass man sagt, alles lasse sich kritisieren. Es mag in der Exegese keinen Standard wie in der Baubranche geben; aber die Forderung, einen Satz wie den vom »anderen Evangelium« in Gal 1,6-8 nicht einfach aus dem Zusammenhang zu reißen, um ihn als Beleg für die vorgetragene Position zu gebrauchen, ist nicht zu viel verlangt. Es wird andernfalls der Anschein erweckt, die biblische Aussage sei der Sachgrund für die bezogene Position und zwinge geradezu zu ihr. Die Überzeugung, dass der Glaube der Kirche aufgrund der Führung durch den Geist grundsätzlich mit dem Zeugnis der Schrift übereinstimme, bedeutet nicht, dass die Schrift beliebige Begründungsmuster bereitstellt. Wenn sich die Kirche darum bemüht, »zu einem immer tieferen Verständnis der Heiligen Schriften vorzudringen« (Dei Verbum 23), muss auch das Bemühen um den Text im Vordergrund stehen. Und das fehlt im Glaubensmanifest, das mit Scheinbegründungen bezogene Positionen vermeintlich biblisch adelt.

Zum Jesusbuch von Papst Benedikt: Wer zum historischen Jesus schreibt, ist auch an historischen Methoden zu messen. Die Anführungszeichen verunklaren allerdings das Gemeinte. Was ist der »›historische Jesus‹ im eigentlichen Sinne«? Hier gehen die Begriffe durcheinander. Der »Jesus der Evangelien« ist es nicht, weil es ihm im Singular nicht gibt (und er auch im Jesusbuch nicht abgebildet wird). Und natürlich ist der historische Jesus nicht der wirkliche Jesus. Aber das nur am Rande.

Dass sich Ergebnisse der historisch-kritischen Exegese nicht im Credo niederschlagen können: voll und ganz d'accord. Wohl aber könnten sie das Verständnis der Glaubensinhalte weiterführen. Die von Ihnen vorgenommene Aufteilung von Menschen- und Gotteswort scheint mir nicht zutreffend. Zwar befasst sich historisch-kritische Auslegung mit der geschichtlichen Verankerung des Bibeltextes und insofern mit dem menschlichen Anteil. Aber das heißt nicht, dass der Charakter der Bibel als Gotteswort unabhängig von dieser menschlichen Prägung bestehen würde. Dies wird durch die Formel »Gotteswort im Menschenwort« ausgedrückt, die sachlich das Anliegen von Dei Verbum aufgreift, auch wenn sie dort nicht unmittelbar belegt ist. In individueller Hinsicht (»was sagt mir das Bibelwort?«) kann der Anruf des Gotteswortes ohne Anwendung exegetischer Methoden und ihre Ausrichtung auf die geschichtliche Verortung biblischer Texte selbstverständlich wahrgenommen werden. Anders steht die Sache, wenn es darum geht, was diese Texte anderen sagen können und was sie für den Glauben der Kirche bedeuten. Sicher hält sich die Exegese zu Recht mit Aussagen zurück, was der Anruf der Schrift als Gotteswort in der Gegenwart sein könne. Aber ihr Geschäft besteht wesentlich darin, den Text als dessen Anwältin gegen ungerechtfertigte Vereinnahmung in Schutz zu nehmen und zu beurteilen, ob eine Rezeption auf der Spur des Textes bleibt oder nicht.

Es ging mir im Rahmen dieser Frage tatsächlich um eine Kritik des Umgangs mit der Bibel im Glaubensmanifest Kardinal Müllers. Man kann darüber streiten, ob es in der derzeitigen Situation der Kirche weiterhilft, einen wesentlich aus Katechismus-Aussagen zusammengestelltes Glaubensmanifest vorzulegen. Welche Position ich hier beziehe, kann man aus manchen Formulierungen sicher erschließen; aber das war nicht mein Thema. Geschrieben habe ich den Beitrag nur für mein Blog, die Veröffentlichung auf katholisch.de kam durch eine Anfrage der Redaktion, ob sie den Text verwenden könne – wohl weil sie hier kein rein fachwissenschaftliches Problem erkannt hat.
Hans hat gesagt…
Grundsätzlich verstehe ich das Anliegen von Kardinal Müller, denn Klarheit ist eine Kategorie, die wir immer benötigen, um Sachverhalte zu unterscheiden. Allerdings ist das "Manifest" in meinen Augen gerade nicht das, was als sein Ziel ausgemacht war. Ich bin auch der Meinung, dass der Kardinal darin Zitate aus der Bibel "benutzt", weil er sie, wie ja leicht nachprüfbar ist, aus dem Zusammenhang reißt, ähnlich übrigens der Argumentation mancher evangelikaler Christen. Das wundert mich insofern, als Kardinal Müller ja lange Zeit Präfekt der Glaubenskongregation war und man sich von dieser Position aus eine seriöse biblisch begründete Argumentation erwarten würde.

Eine neue und wie ich glaube wichtige Erkenntnis für mich ist Prof. Schröters Hinweis der korrekten Übersetzung von 1 Kor 11,27. Es macht m.E. eine großen Unterschied, ob ἀναξίως mit "Unwürdiger" oder korrekt "unwürdig" wiedergegeben wird, wie dies ja auch die neue EÜ tut. Was unwürdig/unangemessen bedeutet, erklärt ja dann Vers 29, wo es also darum geht, zu unterscheiden, ob das Brot der Leib Jesu ist oder ein gewöhnliches Brot. Wenn sich die Unwürdigkeit wirklich darauf bezieht, kann dann nicht ein Christ auch im Stand schwerer Sünde kommunizieren, weil doch gerade er die Sehnsucht nach dem Herrn hat. Und wir beten ja vor der Kommunion zu Recht, "ich bin nicht würdig ..." . D.h. der Unwürdige kann durchaus würdig die Kommunion empfangen, wenn er erkennt, was er da empfängt. Das entspricht aber natürlich nicht der Lehre des KKK und dem CIC.
jmschaafnw hat gesagt…
Karl Barth sprach schon zu seiner Zeit von einer "Kirche des Defizits" und Meister der eigenen Lehre; Herr Häffner und vieler seiner Kompanen sind das Weltmeister darin; Klaus Berger bezeichnet solche als Bibel-Fälscher; sie versuchen ein Netz von Lügen spinnen; sie sind Meister der Zwielichtig- und Zweideutigkeit - sie wollen eine eigene Kirche - der mainstream - heidnisch, säkular -links/liberal rechts - verirrt - der niedergang mit der Lavendel-Mafia mit einem weitgehenden korumpierten Klerus - mit heidnischen Mitglieder zeigt sich immer mehr; die Menschen fliehen - vor solchen Wölfen, die in die Herde Christi eingebrochen ist. "Aber habt Mut: Ich habe die Welt besiegt." Joh 16, 33
Gerd Häfner hat gesagt…
@jmschaafnw

Dass Sie Ihre Beschimpfung mit Joh 16,33 verbinden, liegt ganz auf der Linie der Bibelbenutzung, die im obigen Beitrag kritisiert wurde. Mit derart deutlicher Bestätigung hatte ich nicht gerechnet.
Petrus hat gesagt…
Guten Morgen, Herr Häfner,

vorab: danke für dieses für mich sehr interessante blog, auf das ich erst durch den Artikel auf katholisch.de aufmerksam wurde. (nein, das ist jetzt keine Captatio Benevolentiae, was verdolmetscht ist mit "fishing for compliments". ich meine das so, wie ich es geschrieben habe).

hier mein Senf zu Ihrem Beitrag.

1. Ein Doktorand der Theologie kam auf die, wie ich meine, geniale Idee, den Theologen, der Gegenstand seiner Dissertation war, anhand dessen Veröffentlichungen daraufhin zu "befragen", in welcher Lebenssituation er welche theologischen Ansichten vertreten hatte. (ich weiß die Namen nicht mehr). Eine geniale Idee, weil: hinter jeder theologischen Meinung steckt (ob man's glaubt oder nicht)- ein Mensch.

Meine Meinung: Kardinal Müller ist derzeit zutiefst verletzt. Und stinkesauer. Und das zu Recht. Wenn ich mir vorstelle - der Geschäftsführer einer Firma sagt zu seinem wichtigsten leitenden Mitarbeiter am Ende eines Routinegesprächs ("jour fixe"): "Übrigens - das war heute jetzt Ihr letzter Arbeitstag." Steht auf, und verläßt den Raum. so geschehen.

2. Zum mißbrauchten Paulus-Zitat (betreffs der Unwürdigkeit). Da möchte ich Card. Müller ein bißchen in Schutz nehmen: Da hat er nur etwas übernommen, was so im "Katechismus der Katholischen Kirche" (KKK) drinsteht.

Um zu verstehen, was Paulus gemeint hat, brauche ich keine historisch-kritische Exegese. Dafür muß ich nicht mal griechisch können. Es reicht, dass ich den Bibeltext lese.

Das ist keine Steinbruch-Exegese, das ist bewußter Missbrauch der Hl. Schrift (denn ich gehe von der Annahme aus, dass die Autoren des KKK mal Theologie studiert haben, und vielleicht auch die Bibel gelesen. Mehr Sarkasmus dazu fällt mir momentan nicht ein.)

Was mich interessieren würde - gab es den Mißbrauch dieser Bibelstelle schon vor dem KKK?
Gerd Häfner hat gesagt…
@Petrus

Zu Ihrer Frage: Die Art des Rückgriffs auf die Bibel ist keine Besonderheit des KKK. Dieser wandelt hier auf traditionellen Pfaden. Man hatte allerdings die Hoffnung, dass die Anerkennung der historisch-kritischen Exegese auf dem II. Vatikanum (angebahnt durch vorherige Entwicklungen, wie sie sich in der Enzyklika Divino afflante spiritu Pius' XII. niederschlugen) etwas daran ändern würde – vollends wenn sich ein ehemaliger Dogmatikprofessor und Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre zu Wort meldet.

Zu den geschichtlichen Hintergründen der Auseinandersetzungen um die historisch ausgerichtete Exegese gibt es hier auf dem Blog eine sechsteilige Artikelreihe »Antimodernismus und Exegese«. Die erste Folge unter diesem Link: http://www.lectiobrevior.de/2013/09/antimodernismus-und-exegese-1.html
Petrus hat gesagt…
danke, Herr Prof. Häfner, für den für mich sehr hilfreichen link. Ich habe alle sechs Artikel mit Genuß (wenn ich das mal so sagen darf) gelesen. Sie haben mein Wissen in dieser Hinsicht erheblich erweitert.

"Steinbruchexegese" kenne ich schon lange, aus einer anderen Konfession (irgendwie ist das wohl "ökumenisch"?). Ich bin ursprünglich lutherisch sozialisiert. Schon im Studium haben wir darüber geblödelt:

"Und Kain erschlug seinen Bruder Abel". "Gehe hin und tue desgleichen." Steht doch so in der Bibel - oder etwa nicht?



btw, (das ist verdolmetscht mit "nebenbei gesagt"): Wenn Sie wieder mal Lust haben, sich mit kathnet zu beschäftigen - ich tät mich freuen.

danke.
jmschaafnw hat gesagt…
Herr Häffner meint er wird beschimpft , weshalb eigentlich? "Wie oft wird sein Wort verdreht und missbraucht? Wie wenig Glaube ist in vielen Theorien, wieviel leeres Gerede gibt es?" Herr Häffner; man erkennt sie sehr genau: "So setzt ihr durch eure eigene Überlieferung Gottes Wort außer Kraft!" Mk 7,1-13; vgl. Jes 29, 13 - Die Hl. Schrift kennt solche Sorten wie Sie sie sind Betrüger 2 Kor 11, 13 nennt sie Paulus; die Offenbarung (2,2) Lügenapostel; scheinbar wissenschaftlich und doch der Lüge überführt! Aber es gilt: "Ich habe meine Freude an deinen Gesetzen, dein Wort will ich nicht vergessen. ... Führ mich auf den Pfad deiner Gebote! Ich habe an ihm Gefallen" Ps 119, 16.35. Wer ist nun der Betrüger, Herr Häffner? Karl Barth hat solche Sorten von scheinbarer Wissenschaft betreibende erkannt - sie "betreiben eine "Kirche im Defekt", eine Kirche des Boulevards...; sie stottern und geifern; atemlos jappend jagen Sie dem Zeitgeist nach; sie sind die Zerflederer und Zerrupfer der Wahrheit - Sie und ihre Genossen sind eigentlich die Feinde Gottes - die die Hl. Schrift beschreibt - sie werden sich eine eigene Lehren, eigene Lehrer verschaffen. "Aber habt Mut: Ich habe die Welt besiegt" Joh 16,33, sagt Jesus. Am Ende sind wir alle tot - und erkennen!!!
Gerd Häfner hat gesagt…
@jmschaafnw

Hätte ich meine Kritik an der besitzergreifenden Bibelverwendung satirisch überspitzen wollen, ich hätte es nicht besser machen können als mit den Worten Ihres Kommentars.
Petrus hat gesagt…
Eins fällt mir in diesem Zusammenhang ein (und ich rede jetzt nicht von Bischöfen, sondern von der Verkündigung vieler ganz "normaler" (sorry, ein besseres Wort ist mir nicht eingefallen) Priester in der Pfarrei.

Warum? oder - wozu?

Im Grunde "vergessen" sie da alles, was sie über die Hl. Schrift im Studium gelernt haben, und bewegen sich auf dem Niveau (überspitzt ausgedrückt) eines Religionslehrbuchs für Grundschulen aus den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts (für mich, ich bin lutherisch sozialisiert, das sog. "Gottbüchlein" - das hieß wirklich so).

Meinem christlichen Glauben hat es keinen Abbruch getan, Theologie studiert zu haben. Als erstes habe ich erfahren, dass es zwei Schöpfungsgeschichten in der Bibel gibt (hintereinander erzählt, dann, dass es zwei Sintflutgeschichten gibt (ineinander verschachtelt). Man wollte die verschiedenen Erzähltraditionen nicht aufgeben, sondern behalten (auf verschiedene Art).

ich komme zum Neuen Testament - natürlich mußte der Messias, der das jüdische Volk erlösen sollte, in Bethlehem geboren werden - "damit die Schrift erfüllet würde". Die Volkszählung hat wohl schon stattgefunden, aber da war der kleine Jesus schon vier Jahre alt. Natürlich mußte ein Sohn Gottes von einem Gott gezeugt werden. Anders hätte dies nach damaligem Verständnis nicht funktioniert.

usw, usf.

Was ich im Studium gelernt habe, war die Frage: Was wollten diese Menschen, die uns das überliefert haben, uns erzählen? Und das finde ich spannend.

Was ich gelernt habe: In der Bibel berichten uns Menschen, was sie mit Gott erlebt haben. Insoweit und insofern ist das für uns "Wort Gottes". Oder, anders ausgedrückt:

"Was wir gehört, und erfahren,
erzählen wir dem kommenden Geschlecht -
die Ruhmestaten des Herrn, und seine Wunder."

"Psalmen für den Gottesdienst" ("Scheyrer Psalter"), Antiphon zu Ps. 78).

p. s.

Natürlich singe ich gern das Weihnachtslied "Zu Bethlehem geboren, ist uns ein Kindelein". :)
Petrus hat gesagt…
@jmschaafnw

zu Karl Barth.

Manchmal hat er sich schon irgendwohin "verstiegen". (und wurde wieder "zurückgeholt").

Eine wahre Geschichte: Prof. Karl Barth trug seine theologischen Thesen vor einigen Menschen seines Freundeskreises zuhause vor, im Wohnzimmer. Kommt seine Frau aus der Küche, hört erst mal zu und sagt ihm dann: "Karli - des glaubsch aber jetzt selber nit." :)
Anonym hat gesagt…
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