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Es werden Posts vom April, 2012 angezeigt.

Sonntagsevangelium (23)

4. Sonntag der Osterzeit (B): Joh 10,11-18 Zu den Besonderheiten des Johannes-Evangeliums gehört die Gestaltung bildhafter Rede. Sie unterscheidet sich grundlegend von der Art und Weise, wie Jesus bei Markus, Matthäus und Lukas in Gleichnissen spricht. Keine dramatischen Erzählungen ungewöhnlicher Ereignisse wie die Gleichnisse vom verlorenen Sohn (Lk 15,11-32), den Arbeitern im Weinberg (Mt 20,1-16) oder dem barmherzigen Samariter (Lk 10,30-37). Und auch die der Alltagswelt entnommenen Bilder sind anders gestaltet als in den synoptischen Evangelien: Gleichnisse, die die Arbeit des Bauern (Mk 4,3-8), die Tätigkeit einer Frau im Haus (Mt 13,33) oder das Wachsen eines Senfkorns (Mk 4,30-32) aufgreifen, finden sich bei Johannes nicht.  Selbst dort, wo auf den ersten Blick eine gewisse Ähnlichkeit gegeben scheint, offenbart näheres Zusehen das eigene Profil des Johannes-Evangeliums. Die Rede vom guten Hirten erinnert an das Gleichnis vom verlorenen Schaf in Lk 15,4-6  und das dort gesch

Sonntagsevangelium (22)

3. Sonntag der Osterzeit (B): Lk 24,36-48 Lukas erzählt von der Begegnung der Jünger mit dem Auf­erstandenen in Jerusalem in zwei Abschnitten. Im ersten (24,36-43) geht es um die Leiblichkeit der Auferstehung. Der Evangelist betont sie sehr drastisch mit dem Verweis auf »Fleisch und Knochen«, die den Erscheinenden von einem Geist unterscheiden (24,39). Die Vorstellung, Geistwesen seien körperlos, findet sich häufig in antiken Texten. Vor diesem Hintergrund akzentuiert die massive Betonung der Leiblichkeit des Auferstandenen, die auch durch das Essen demonstriert wird, vor allem die Wirklich­keit der Auferstehung: Die Jünger sind keinem Trugbild er­legen, sondern wirklich dem Auferstandenen begegnet, wie erst sein Wort (24,38f), dann sein Tun (24,42) zeigt. Im Neuen Testament ist diese irdisch-körperliche Darstellung der Auferstehungsleiblichkeit eine Besonderheit von Lukas-Evangelium und Apostelgeschichte (s.a. Apg 10,41 ). Gewöhnlich wird über die Beschaffenheit des Erscheinenden ni

Sonntagsevangelium (21)

2. Sonntag der Osterzeit (A) (B) (C):  Joh 20,19-31 In der Erscheinung des Auferstandenen erfüllt sich die Verheißung der Wiederkunft Jesu aus den Abschiedsreden. Dort hatte Jesus zunächst davon gesprochen, dass er nach seiner Rückkehr zum Vater den Jüngern eine Wohnung bereiten, wiederkommen und die Jünger zu sich nehmen werde ( 14,2f ). Diese Aussage lässt zunächst an die urchristliche Zukunftshoffnung denken, die sich auf die Wiederkunft Christi als Richter und Retter bezieht (s. z.B. 1Thess 1,9f ; 4,15f ). Im weiteren Verlauf der Abschiedsreden findet allerdings eine Umprägung der Ankündigung Jesu statt. Sein erneutes Kommen geschieht in der Sendung des Geistes. Denn die Verheißung des Geistes in 14,16f mündet in den Satz:  »Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen. Ich komme zu euch .« (14,18) Nicht ein Erscheinen am Ende der Tage ist also im Blick, sondern die Gegenwart Jesu bei den Glaubenden. Diese Gegenwart ereignet sich im Wirken des Geistes, der die in Jesus ges

Sonntagsevangelium (20)

Die Feier der Osternacht: Mk 16,1-7 Aus den Texten der Osterfeiertage greife ich das Evangelium aus der Feier der Osternacht heraus, da hier der Abschluss der markinischen Passionsgeschichte gelesen wird und sich so ein Bogen zum Evangelium vom Palmsonntag ergibt. Die folgenden Überlegungen basieren auf der Auslegung, die mein Lehrer Lorenz Oberlinner zu Mk 16,1-8 vorgetragen hat (vgl. Lorenz Oberlinner , Zwei Auslegungen: Die Taufperikope (Mk 1,9-11parr) und die Grabeserzählung (Mk 16,1-8parr), in: A. Raffelt (Hg.), Begegnung mit Jesus? Was die historisch-kritische Methode leistet, Düsseldorf 1991, 42-66).  Die Geschichte von der Auferweckungsbotschaft im leeren Grab (16,1-8) ist nicht nur der Abschluss der Passionsgeschichte, sondern auch des Markus-Evangeliums. Der Abschnit 16,9-20 ist nachträglich angefügt worden, weil man das Ende mit dem Satz »Und sie sagten niemandem etwas, denn sie fürchteten sich« als unbefriedigend empfand, sicher aufgrund des Vergleichs mit den anderen

Todestag Jesu und Paschafest

An den Passionsgeschichten lässt sich besonders deutlich erkennen, was auch im Ganzen für die Evangelien gilt: sie sind geprägt vom Ineinander von Geschichte und Deutung. Einerseits können sie als geschichtliche Quellen ausgewertet werden, weil sie keine frei geschaffenen, rein fiktionale Erzählungen sind; andererseits sind sie aber keine Berichte, die einfach festhalten wollten, was geschehen ist. Es geht in den Evangelien in erster Linie um die Bedeutung, die dem erzählten Geschehen nach Meinung der Autoren zukommt. Was daraus für den Umgang mit diesen Texten folgt, kann an einer Detailfrage aus den Passionsgeschichten studiert werden. Alle Evangelien stimmen darin überein, dass der Todestag Jesu ein Freitag war: der nächste Tag ist immer ein Sabbat ( Mk 15,42 ; Mt 27,62; 28,1; Lk 23,54 ; Joh 19,31 ). In der näheren Bestimmung dieses Tages unterscheiden sich aber Markus, Matthäus und Lukas - die Synoptiker - von Johannes: ihnen zufolge handelt es sich um den 1. Tag des Paschafestes