Noch einmal: Jesus und Eherecht

Der Vorsitzende des Forums deutscher KatholikenHubert Gindert, gibt in dieser Funktion immer wieder Stellungnahmen zu aktuellen Entwicklungen heraus. Dass er die Bildung der neuen Priesterinitiative im Bistum Augsburg unkommentiert ließe, war nicht zu erwarten. Und so ist wieder eine Presseerklärung  entstanden.

Mit aktuellem Seitenblick wird der Initiative ein Plagiat vorgeworfen, weil sie mit dem Motto »Mit brennender Sorge« an die Öffentlichkeit gegangen sei. Zumindest auf der Homepage der Initiative ist ein solches Motto nicht zu finden. Es wäre nicht als Plagiat einzustufen, sondern als intertextuelle Anspielung, und zwar als eine missglückte, weil »die brennende Sorge« der Enzyklika Papst Pius' XI. sich auf Probleme von ganz anderem Ausmaß gerichtet hat. Der einzige Hinweis auf 
das »Motto«, der sich abseits der genannten Stellungnahme im Netz entdecken ließ, deutet darauf hin, dass es aus der Überschrift der Druckausgabe der »Augsburger Allgemeinen« stammt, also wohl auf die Redaktion zurückgeht. 


Die Initiative wendet sich gegen die »pastorale Großraumplanung«, also gegen die Reform der Gemeindestrukturen, die in der jüngsten Vergangenheit für erhebliche Unruhe im Bistum Augsburg gesorgt hat. Wer als Priester die Reaktion auf den Priestermangel in der Bildung immer größerer Pfarrei-Gebilde kritisiert, muss sich nun von Hubert Gindert fragen lassen, ob er denn genug für den Priesterberuf geworben und über wichtige Zusammenhänge ausreichend informiert habe: 

»Haben die 43 Pfarrer in ihren Gemeinden schon einmal verdeutlicht, dass die Priester, die die Gemeinden brauchen, aus den Familien kommen müssen?« 
Ja, das muss man den Gemeinden schon verdeutlichen, sonst wissen sie das nicht und gehen womöglich von einer Erbfolge im Priesteramt aus.

Dass sich erneut eine Priesterinitiatve bildet, die das Thema der wiederverheirateten Geschiedenen auf den Tisch bringt, wird nicht als ernsthafte pastorale Problemanzeige wahrgenommen, sondern mit dem Hinweis auf Jesus abgebügelt. Das ist auch der Grund, warum ich hier darauf eingehe (obwohl ich mich wiederhole). 
»Diesen Pfarrern ist bekannt, dass sie damit nicht nur gegen das Kirchenrecht, sondern auch gegen die eindeutige Aussage Jesu verstoßen (Mt 5,31-32; 19,3-9; Lk 16,18; Mk 10,4-9). Die Ehe ist nicht, wie Die Augsburger Allgemeine vom 20.10.12 meint, 'nach katholischem Recht unauflöslich', sondern nach dem Wort Jesu.« 
Dem Vorsitzenden des Forums deutscher Katholiken ist dagegen nicht bekannt, dass man kanonisches Eherecht und Jesuswort(e) zur Ehescheidung nicht so einfach parallelisieren kann. Dies gilt nicht nur im Blick auf die Frage, in welche Situation dieses Wort gesprochen ist und worauf es zielt. Wer das Jesuswort im Sinne der absoluten Unauflöslichkeit der Ehe deutet, kann nicht davon ausgehen, dass das kanonische Eherecht dem Jesuswort treu geblieben sei. Denn dieses Eherecht kennt verschiedene Formen der Auflösung der Ehe; allein die sakramentale und vollzogene Ehe ist absolut unauflöslich. Wer diese Differenzierung überzeugend aus dem Jesuswort ableiten und mit der Argumentation in Mk 10,2-9 in Einklang bringen kann, dem ist es sicher auch ein Leichtes, das Perpetuum mobile zu erfinden. 

Anders als gewollt hat Gindert recht, wenn er sagt, die Ehe sei »nicht … 'nach katholischen Recht unauflöslich'«. Allerdings ergibt sich daraus: Nicht nur 
die Pfarrer-Initiative, sondern auch das Kirchenrecht verstößt »gegen die eindeutige Aussage Jesu«. Vielleicht ist die Sache doch nicht so einfach und eindeutig? 

Kommentare

Heinz Schöller hat gesagt…
Das hört sich recht schlüssig an. Leider ist es wohl so, dass der neue Vorsitzende der Kongregation für die Glaubenslehre genau diese Haltung hat, dass nämlich Jesus hier eine eindeutige unwiederrufbare Rechtsnorm formuliert hat: Die Ehe ist absolut unauflöslich.

Vgl. hier:
http://kath.net/detail.php?id=38454

„Jesus hat die Trennung rechtmäßiger Ehegatten der ‚Hartherzigkeit‘ überführt. Man muss nicht erst die Glaubenskongregation fragen um zu wissen, was katholisch ist.“

Gerhard Mentzel hat gesagt…
Auch an dieser Debatte zeigt sich, wie notwendig es ist, die im historischen Jesus zum Ausdruck gekommene "schöpferische Vernunft" nicht nur als Rechtgrundlage einer ökologischen Lebensweise nachzudenken, wozu der Papst vor dem Bundestag aufforderte, sondern sie auch in Sachen Ehe und Familie zur Sprache zu bringen.

Denn dass ein ehescheuer antiker Wanderprediger, dessen Kind mit einer Hure aus Magdala hier in Bezug auf einen Theologenkongress am 3. Okt. das Thema war, in Sachen Ehe der heutigen Welt so wenig zu sagen hätte, wie eine Kirchendogmatik, die sich dabei auf diesen beruft, scheint klar zu sein.

Doch Jesus bzw. die von Schöpfung ausgehende Vernunft, die als lebendiges Wort bereits am Anfang des Monotheismus bzw. bei den Geboten Moses die Feder führte, spricht auch heute.

Mir würde es nicht schwer fallen zu belegen, wie eine lebenslange zweigeschlechtliche Paarbeziehung nicht nur für die Kinder, Eltern... (selbst die biologisch vorgeschriebene Genmaximierung) materiell, wie für das sog. Seelenleben und ebenso für die gesamte Gesellschaft (die Evolution in menschlicher Kultur) die tauglichste Lösung ist. (Der Gott genannte schöpferische Urgrund und das von ihm ausgehende Wort/der Sohn bzw. die Vernunft mögen mir und meinen Kindern die Kraft geben, in eine lebenslange, liebevolle Beziehung einzuzahlen, diese nicht nur zum Wohl der gesamten Familie zu erhalten. Denn dass die für die Familie und meine Enkel vernünftig ist, kann ich mir an den Fingern abzählen bzw. beobachten.)

Nicht nur das Leid der Kinder, wie Paare , die keine liebevolle Beziehuung aufrecht erhalten konnten. Jedes Schlagloch in unseren Straßen, das nicht zu flicken ist, weil die Kassen der Kommunen von notwendigen Sozialausgaben für Alleinerziehende geplündert werden, hätte mehr sagen, als ein Jesus, vom dem die Kritiker nicht nur die Hoheitlichkeit abstreiten und der bei prot. Pfarrern eh nur noch als ehloser Heilsprediger gilt. Gleichwohl der dann herhalten muss, wenn Sonntags die Ehe gepredigt muss.

Doch wer sich auf den beruft, braucht sich nicht zu wundern, wenn er damit genau das Gegenteil bewirkt. Die schöpferische Vernunft der Ehe für das eigene Wohl oder Gedeihen unserer Kultur (wie unserer Gene) nicht bedacht, sondern hierin nur eine traditionelle konservative Lebenshaltung gesehen wird, die gestrige kirchlicher Dogmatik verlangt .

Doch "Gott sein Dank" wissen, wir, dass es Markus, von dem im heutigen Text die Rede ist, auch bei der Blindenheilung nicht um einen Heilsprediger ging. Prof. Häfner hat vielmehr darauf hingewiesen, dass das Gehör/Verständnis der Jünger in Bezug auf die Person Jesus das Thema des Textes bzw. der Blindenheilung ist.
Richard M hat gesagt…
Lieber Herr Schöller, seien Sie unbesorgt, die katholische Kirche, respektive das kanonische Recht des lateinischen Rechtskreises kennen Umstände, unter denen eine Ehe in der Tat auflöslich ist. Eine nicht sakramentale Ehe kann unter bestimmten Umständen gelöst werden. Selbst eine sakramentale Ehe ist unter dem Umstand auflöslich, dass sie noch nicht (nach präzise aufgestellten Kriterien) vollzogen worden ist. Ganz abgesehen davon kann unter bestimmten Umständen von einer Ehe gesagt werden, dass sie nie eigentlich bestand - d.h. anulliert werden.
Obgleich also die Unauflöslichkeit der Ehe eine Sache des ius divinum positivum ist, gibt es Umstände, die klar belegen, dass die katholische Haltung so einfach, wie sie dem neuen Präfekt der Glaubenskongregation in den Mund gelegt wird, nicht ist. Insofern ist die behauptete "eindeutige unwiederrufbare Rechtsnorm" weder in Bezug auf den Herrn, noch in Bezug auf die Kirche wahr. Deswegen nicht, weil der Herr keine Rechtsnorm im engeren Sinne formuliert hat (und ihm eine solche auch nicht in den Mund gelegt wird), zum anderen, weil die Haltung der Kirche zur Ehe mit "absolut unauflöslich" nicht wirklich erfasst ist.
Gerhard Mentzel hat gesagt…
So wie nur die (nicht humanistisch-menschliche, sondern von Schöpfung ausgehende) Vernunft über das Sakrament der lebenslangen Ehe bzw. deren Vernünftigkeit gebieten kann, so scheint auch die Auflösung oder die erneute Heirat nur in Jesus (der schöpferischen Vernunft in Weltrealität) zu beurteilen. (Der Herr hat darüber nichts gesagt, aber er sagt. Denn er ist keine altbackene Gesetzlichkeit/Vorschrift.)

Gibt es etwas Schwachsinnigeres, als sich auf alte kath. Lehren zu berufen - mit ohne ohne Jesusu- , um diese der aufgeklärten Welt vorschreiben zu wollen?

Irgendwie erinntert mich diese Diskussion an die Zeit vor Jesus bzw. der in seiner Person lebendigen, von Schöpfung ausgehede Vernunft, als die Gesetzlicheit nicht nur hinsichtlich Sabbat zum Selbstzweck verkam, der nich mehr ernst zu nehmen war.

Doch Jesus lebt: Selbst Prof. Häfner berief sich in seinem Kommentar auf die Vernunft. Auch wenn das nicht weiterführt, solange er diese nicht auf Schöpfung bezieht bzw. beim Jesus geannten Grund unseres Glaubens nur an einen Wanderprediger gedacht wird, in dessen Glauben er gegen alles Wissen die Welt lässt.

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