Sonntagsevangelium (130)

7. Sonntag der Osterzeit (A): Joh 17,1-11a

Zum Schluss der Abschiedsreden spricht Jesus nicht mehr zu den Jüngern. Deutlich setzt der Erzähler die folgenden Worte von den vorangegangenen ab: Er unterbricht die Rede Jesu und setzt ein Schluss-Signal (»Dies sprach Jesus«: 17,1). Nun wendet sich Jesus an den Vater, wie schon das Erheben der Augen zum Himmel andeutet. Unmittelbar an dieses Gebet schließt sich der Gang in den Garten an, in dem Jesus gefangengenommen wird (18,1-11). So ergibt sich das eindrückliche Bild, dass Jesus mit einem Gebet zum Vater in die Passion geht.

Dieser Zusammenhang kommt bereits im ersten Satz des Gebets zur Sprache: »Gekommen ist die Stunde.« Mit der Stunde  wird ein Bogen geschlagen zum Beginn der Abschiedssituation, dem letzten Mahl Jesu mit seinen Jüngern (13,1). Von dort her klärt sich auch der Sinn dieses Begriffs: die Rückkehr des Sohnes zum Vater. Und da sich diese Rückkehr durch den Tod am Kreuz vollzieht, weist die Stunde auf die Passion. Der Ausdruck wird so eingesetzt, dass das Todesgeschick Jesu nicht als Sieg seiner Gegner erscheint. Es ist eine »von oben« festgesetzte Zeit: Jesus eröffnet die Abschiedssituation im Wissen um diese Zeit (13,1: »da Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war ...«); die Gegner können nichts unternehmen, solange diese Zeit noch nicht gekommen ist (7,30). So gestaltet Johannes auch die Passion als Siegeszug, als den von Jesus bestimmten Hingang zum Vater, bei dem die Mächte dieser Welt keine Macht über Jesus gewinnen.


Inhaltlich bündelt das Gebet prägende Kennzeichen der johanneischen Jesuserzählung: Es blickt zurück auf das offenbarende Wirken, das auf unterschiedliche Reaktion gestoßen ist: Wer es angenommen hat, gehört zu denjenigen, die der Vater dem Sohn »gegeben hat« (17,6; s.a. 17,2.9); sie sind herausgenommen aus der »Welt«, die durch die Ablehnung Jesu gekennzeichnet ist. In diesen Rahmen des Rückblicks reiht sich auch die typisch johanneische Rede von der Sendung ein (17,3.8). In ihr drückt sich außerdem die Einheit von Vater und Sohn aus, die auch auf andere Weise zum Ausdruck kommt: Jesus vollbringt das Werk, das der Vater ihm gegeben hat (17,4); geradezu tautologisch klingend wird formuliert, die Glaubenden hätten erkannt, dass alles, was der Vater dem Sohn gegeben habe, vom Vater komme (17,7); das Zugehören zu Vater und Sohn wird von beiden Seiten aus in den Blick genommen (17,10: »das Meine ist dein, und das Deine ist mein«). Schließlich wird ein Bogen zum Prolog geschlagen, wenn Jesus an die Herrlichkeit erinnert, »die ich bei dir hatte, ehe die Welt war« (17,5; s. 1,1f).

Mit »Herrlichkeit« ist ein Schlüsselwort des Gebets Jesu genannt. In biblischer Sprache bezeichnet der Begriff den göttlichen Machtglanz, ist also bezogen auf die Sphäre Gottes, die den Menschen eigentlich nicht zugänglich ist – es sei denn durch Offenbarung. Dass dies im Wirken Jesu geschieht, betont das Johannes-Evangelium sehr stark. Jesus offenbart die Herrlichkeit Gottes (11,40), oder anders: Er verherrlicht den Vater auf Erden (17,4). Darin wird aber zugleich seine eigene göttliche Herkunft, seine Herrlichkeit, offenbar. Dass dies mit machtvollen Zeichen verbunden ist (2,11), liegt auf der Linie des traditionellen Begriffs. Johannes bringt aber auch einen neuen Akzent in die Rede von »Herrlichkeit«, denn auch in Leiden und Tod wird der Sohn verherrlicht (s. die Verbindung von »Stunde« und »verherrlichen« in 17,1). In dieser Vollendung des Wirkens Jesu wird aber auch die Herrlichkeit Gottes offenbar (17,4).

Alle diese christologischen Aussagen stehen nicht für sich. Es geht in ihnen nicht allein um das Verhältnis »Jesus – Gott« für sich genommen; entscheidend ist, dass durch diese Beziehung den Menschen das (ewige) Leben eröffnet ist (17,2f). Die stark akzentuierte Gegenüberstellung von Jüngern und Welt dient nicht dazu, dieses Leben einer festumrissenen Gruppe vorzubehalten. Letztlich soll die Grenze aufgehoben werden – dadurch, das auch die Welt zum Glauben kommt (17,21-23; nicht mehr im Lesungstext; s.a. zum Evangelium vom vergangenen Sonntag, hier).

Kommentare

Gerhard Mentzel hat gesagt…
Danke Herr Prof. Häfner,

dass Sie auch den heutigen Text nicht abtun, wie wenn er von einem christologischen Wesen der Johannesverfasser handelt, sondern vom historischen Jesus.

Denn so wird deutlich, dass der historische Jesus nicht der ist, in dessen Glauben Sie leider ihre Leser oder Studenten lassen´und der trotz besserem Wissen wie selbstverständlich bei aller Lehre vorausgesetzt wird. Wie vielmehr das NT nicht von einem als Miniaturgott geltenden Heilsprediger handelt, der hier auf seine Henker wartet, sondern dem lebendigen Wort. Das damals im Logos bzw. der als Offenbarung des Vätergottes erstmals in Vernunft erklärten Weltwirklichkeit verstanden wurde. Einer Wirklichkeit, wie sie heute an den Schulen vermittelt wird bzw. gilt. Die aber nicht als menschliche Bestimmung gebende schöpferische Wirklichkeit wahrgenommen werden kann, solange die Hochschullehrer nur von Heilsprediger sprechen, der auf geheimnisvolle Weise einem antiken Spagettimonster (einem menschlichen Gottesbild) gleich war.

Denn um den unvorstellbaren/unsagbaren Grund aller nat. Schöpfung kann es dabei nicht gegangen sein, wenn nur junger Rebell als Gottesoffenbarung hingestellt wird. Statt die nun in Vernunft erklärte Wirklichkeit allen Werdens (Logos, wie er den gesamten chr. Lehren zugrunde liegt) als christologisches Thema bedenken zu lassen.

Dabei macht gerade der heutige Text deutlich, dass es hier um das geht, was Johannes im Prolog als ewiges Wort/Logos vorstellt. Wem Macht über alle Menschen gegeben ist, ewiges Leben... das ist allein die Vernunft, die auch sagt, dass es nur einen wahren (Gott) schöpferischen Grund allen Seins gibt, dem die vielen menschlichen Gottesbilder oft entgegen sprechen.

Geradezu absurd wäre es, die Herrlichkeit des einen kreativen Grundes aller Natur, der bereits den alten Ägyptern galt und dann den Propheten, in einem Heilsprediger sehen zu wollen, der auf seine Hinrichtung wartet. Es ist das in Vernunft allen nat. Werdens verstandene schöpferische Wort, das Thema nicht nur von Johannes war, sondern nachweislich des gesamten urchr. Glaubens.

Wer war, ehe die Welt war, verherrlicht bzw. als schöpferische Offenbarung verstanden aber in der Geschichte auch abgelehnt wurde, in menschlicher Gestalt sterben musste, das war eindeutig die Vernunft allen Werdens, die auch heute unter den menschlichen Gottesbildern zu leiden hat.

Ist es nicht geradezu himmelschreiend, aufgeklärte Menschen im Aberglaube an einen als eine Art Schöpfergott/dessen Offenbarung geltenden Heilsprediger belassen zu wollen und so den chr. Glauben der Lächerlichkeit hinzugeben?

Um Himmels Willen, Herr Prof. Häfner, lassen Sie ihre Leser sowie Studenten über den Logos bzw. eine Vernunft nachdenken, die nachweislich damals das theologische/christologische Thema war. Die heute die gesamte Wissenschaft wie selbstverständlich voraussetzt. Die nicht nur als Evolution oder Ökologie gilt, sondern mit der gerechnet wird, wenn Modelle beschrieben werden, was war bevor die Erde war und was in der Unendlichkeit des gesamten Universum einst sein wird.


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