Sonntagsevangelium (131)

Pfingsten (A): Joh 20,19-23

In allen Erscheinungsgeschichten der Evangelien ist die Erscheinung des Auferstandenen mit der Sendung der Jünger verbunden. Im Johannes-Evangelium erhält dieses Motiv aber eine besondere Bedeutung. Das Jesus-Bild dieses Evangeliums ist ja grundlegend dadurch geprägt, dass Jesus als der Gesandte des Vaters dargestellt wird. Die Jünger erhalten also Anteil am Wirken Jesu, setzen es nach Ostern fort – deutlich auch durch den Vergleich der Sendungen: »Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch« (20,21).

Deshalb wird wohl auch die Sendung nicht näher bestimmt, etwa als missionarische Sendung in die (ungläubige) Welt. Sicher ist auch dies eingeschlossen, doch das Anliegen des Johannes ist noch grundsätzlicher: Durch die Jünger wird die in Jesus geschehene Offenbarung nach dem Weggang Jesu gegenwärtig gehalten. Diese Funktion können die Jünger allerdings nicht aus eigener Kraft ausüben, sondern nur durch die Gabe des Geistes (20,22). In ihr erfüllt sich die Verheißung des Beistandes (14,16f.26 u.ö.), durch den Jesus bei den Seinen bleibt.

Ein anderer Rückbezug auf das Evangelium verdeutlicht, dass die Jünger für Johannes Repräsentanten der Glaubenden, und nicht speziell der Amtsträger sind: Jetzt, nach der Verherrlichung Jesu, empfangen die Glaubenden den Geist (siehe 7,39).

Eine etwas ausführlicherer Beitrag zu dieser Perikope, auf den ich schon früher verlinkt habe, findet sich  hier

Kommentare

Abaelard hat gesagt…

Wenn die Fähigkeit zur Sündenvergebung in der Kraft des Heiligen Geistes hier allen Glaubenden zugesprochen wird,
mit welchem Recht darf dann die Kirche den Vollzug der Sündenvergebung durch Taufe und Busssakrament den Amtsträgern vorbehalten bzw. den Glaubenden vorenthalten?

Es kann sich dann doch nur um eine Frage der Kirchenordnung handeln, jedoch nicht um eine Frage der grundsätzlichen Befähigung zur sakramentalen Repräsentanz Gottes. Denn die Kompetenz zur Sündervergebung wird ja offenbar allen Glaubenden zugesagt, nicht nur auserwählten Funktionsträgern?

Außerdem scheint mir gar nicht so klar und eindeutig zu sein, was die Bibel mit "Sündenvergebung" meint.
Denn wenn es in der Liturgie heißt: Nachlass, Vergebung und Verzeihung unserer Sünden gewähre uns ... ,
dann muss Vergebung gegenüber den beiden anderen Elementen etwas Spezifisches bedeuten.

Schließlich stellt sich die Frage, ob der joh Jesus in 20,23 einfach meint:
Menschen tun sich mit dem Verzeihen furchtbar schwer und neigen zum ewigen Nachtragen.
Der Geist aber wird die Glaubenden zum Verzeihenkönnen befähigen/gewinnen und sie auf diese Weise mit einem gütigen Wesenszug ausstatten, der eigentlich und ursprünglich allein Gott seinem Vater zu eigen ist?
Gerd Häfner hat gesagt…
@ Abaelard

Die spätere kirchliche Entwicklung zum Bußsakrament lässt sich nicht direkt auf neutestamentliche Texte zurückführen. Die Frage einer wiederkehrenden Möglichkeit zu Buße und Sündenvergebung im Sinne eines Bußinstituts (mit Regelungen zu Durchführung und amtlicher Vollmacht) stellte sich in neutestamentlicher Zeit noch nicht. Dies steht alos nicht hinter Joh 20,23, sondern das Gegenüber von Glaube und Unglaube, der in Reaktion auf das geistgewirkte Zeugnis der Jünger Jesu (also der Glaubenden) entsteht. Es geht für das Johannes-Evangelium demnach nicht um eine Entscheidung über Lossprechung von Sünden oder deren Verweigerung, sondern um die Aufnahme oder Nicht-Aufnahme in die Gemeinschaft der Glaubenden. Die Taufe, ritueller Aspekt der Aufnahme, war ja traditionell urchristlich mit Geistempfang und Sündenvergebung verbunden (z.B. Apg 2,38).

Dass der Geist die Glaubenden zum Verzeihenkönnen befähige, ist zwar ein schöner Gedanke, aber kaum mit Joh 20,23 in Verbindung zu bringen. Die Gegenüberstellung von »Sünden machlassen« und »Sünden festhalten« legt ein solches Verständnis nicht nahe.
Gerhard Mentzel hat gesagt…
Sehr geehrter Herr Prof. Häfner,

wie deutlicher konnten es die Verfasser der Johannestexte noch machen, dass es ihnen nicht um einen jungen Guru geht, wie er heute als hist. gilt, sondern hier die vom unsagbaren schöpferischen Grund der Väter ausgehende Vernunft zu ihren Jüngern spricht. Die Vernunft allen kreativen Werdens bzw. das lebendige Wort, das im Prolog als Wesen des chr. Glaubens, Grundlage des Evangeliums vorgestellt wird?

Wer die Welt im Glauben lässt, hier wäre es um einen jungen Juden und seine Anhänger gegangen, der blendet nicht nur die gesamte Geschichtsrealität und die selbst dargelegten Bedeutungsaussagen des biblischen Textes aus. Nein, der versündigt sich am chr. Glauben.

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