Der dunkle Dom

Heute Abend wurde die die Außenbeleuchtung des Kölner Domes während einer Pegida-Demonstration ausgeschaltet, als »unübersehbares Zeichen des Protests gegen Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzung und Rassismus«, wie das Kölner Domkapitel mitteilt. Diese Entscheidung findet nicht nur Zustimmung. Peter Winnemöller hält sie in einem Gast-Kommentar auf kath.net für »peinlich« (s. hier). Er malt ein Bild vor Augen, in dem die Hirten im verdunkelten Haus, »womöglich hinter heruntergelassenen Rollläden« sitzen, während draußen die Schafe vorbeiziehen. Es gehe daneben, wenn »'Kirche' politisch wird, statt sich um Menschen zu kümmern, die als Staatsbürger politisch aktiv werden«. Stromabschaltung statt Seelsorge – ein willkürlich konstruierter Gegensatz, der das Ziel der Abdunklung verkennt.

Winnemöller bezweifelt, dass »die Demonstration von Pegida ein Ausdruck von 'Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzung und Rassismus' sein wird«, denn:
»Die offiziellen Stellungnahmen von Pegida geben das nicht her.« 
Dieser Begründung kann man insofern nicht widersprechen, als die offiziellen Stellungnahmen von Pegida, wenn man dem Positionspapier folgt, fast gar nichts hergeben (auf das »fast« kommt es allerdings noch an).
  • Da finden sich allgemein formulierte Positionen, die auch von der etablierten Politik gewöhnlich nicht in Frage gestellt werden (1., 8., 10., 12., 16., 18., 19.). 
  • Zu anderen Punkten fragt man sich, was genau damit gemeint ist und wie es politisch und rechtlich umgesetzt werden soll: Pflicht zur Integration ins Grundgesetz (2.); Null-Toleranz-Politik gegenüber straffällig gewordenen Asylbewebern und Migranten (9.); für den Schutz der christlich-jüdisch geprägten Abendlandkultur (13.); gegen das Gender-Mainstreaming (17.).
  • Über anderes kann man im Rahmen der üblichen politischen Debatten diskutieren (3., 4., 5., 6., 7., 11., 14., 15.).
Angesichts dieses Positionspapiers stellt sich die Frage, warum sich die Bewegung in ihrem Namen gegen die Islamisierung des Abendlandes wendet. Es wird nicht ausgeführt, was mit »Islamisierung« gemeint ist, woran man das Phänomen näherhin festmacht, welche Gefahr von ihm ausgehen soll und mit welchen Mitteln man ihm begegnen will. Das Auseinanderklaffen von Namen und vorgetragenen Positionen und die teilweise verwaschen bleibenden Formulierungen zeigen, dass die Anhängerschaft der Pegida-Bewegung nicht durch die Zustimmung zu einem bestimmten Programm gebildet wird. Im Hintergrund stehen eher Vorurteile dem Fremden gegenüber, wohl auch Angst vor Veränderung und eine Abneigung gegen »die da oben«. Auf Letzteres deutet unter anderem, dass der Initiator der Bewegung die Forderung des Bundesinnenministers nach schnellerer Abschiebung krimineller Ausländer, die ja auf seiner eigenen Linie liegt (so ließe sich jedenfalls Punkt 9 des Positionspapiers verstehen), als Augenwischerei und Beruhigungstaktik abtut (s. hier). 

Wie will sich diese Bewegung in den politischen Diskurs einbringen, wenn man Einladungen zu Gesprächsforen ablehnt und sich den Medien verweigert (s. vorherigen Link)? Es ist keineswegs aus der Luft gegriffen, in ihr »Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzung und Rassismus« zu erkennen (man findet dazu auch Belegmaterial in den Lesermeinungen des oben verlinkten kath.net-Artikels, z.B. mit dem Suchbegriff »Türke«). Vorurteil und gefühlte Machtlosigkeit schaffen sich ein Feindbild. Deshalb erscheinen in dem Positionspapier – damit komme ich auf das oben genannte »fast« zurück – als Problemfelder Zuwanderung, Migranten, Asylbewerber, Scharia-Gerichte, Hassprediger (eindeutig konnotiert, auch wenn es heißt: »gleich welcher Religion«). Wenn es denn in ihm eine Strategie gibt, so scheint sie zu sein: Formuliere keine offen rassistische Position, aber lass durchblicken, dass die nicht durch unsere Kultur geprägten Zuwanderer unser Problem sind. 

Einem derart motivierten Protest keine Bühne zu bieten, ist ein gut begründetes Anliegen. Peter Winnemöller bestärkt diese Einschätzung, wenn er schreibt: 
»Dann retten wir das Abendland eben ohne die Kirche, wird man sich sagen. Aber es ist eben nicht das Abendland, das gerettet werden soll. Es ist eine postchristliche, zu tiefst (sic) materialistische Unkultur, deren Rettung man vorgibt zu planen.« 
Genau dafür soll der Dom nicht als Kulisse verwendet werden. Wenn der Dom dunkel bleibt, wird signalisiert, dass mit Ängsten gegen das Fremde das »christlich-jüdisch geprägte Abendland« nicht geschützt wird und nicht zu retten ist. Pegida wird durch die Verdunklung nicht aufgewertet. Die Bilder mit dem unbeleuchteten Dom mögen in den sozialen Netzwerken die Runde machen. Sie würden das aber auch tun, wenn die Beleuchtung eingeschaltet wäre. Und das wäre ein starkes Bild, das den Anspruch der »patriotischen Europäer« unterstreichen würde: »Wir schützen die abendländische Kultur, deren Symbol ihr im Hintergrund seht!« Der dunkle Dom signalisiert die Verweigerung gegenüber einer solchen Instrumentalisierung des Kirchengebäudes. 

Kommentare

Anonym hat gesagt…
Ein wenig ungesund für Frauen, Mütter und Kinder scheint Gender Mainstreaming schon zu sein. Zum Beispiel das Negieren bedeutsamer und dem Mann überlegener weiblicher Eigenschaften mit der Folge, dass häufig der Body nur noch wichtig wird. Vergessen der für Sprach- und Kognitiventwicklung wichtigen frühkindlichen Mutterbindung infolge des frühen flüssigkeitsgekoppelten Hörens des Foeten im Mutterleib (Muttersprache nicht Vatersprache!). Probleme durch Cortisolausschüttung (gefährliches Stresshormon) und Schlafmangel mit entsprechendem Wachstumshormonmangel von Krippenkindern mit Hippocampusminderung (Lernmaschine des Gehirns).
Erschreckende Zunahme von Depressionen auch bei Kindern und Jugendlichen.
[siehe „Kinder – Die Gefährdung ihrer normalen (Gehirn-) Entwicklung durch Gender Mainstreaming“ in: „Vergewaltigung der menschlichen Identität. Über die Irrtümer der Gender-Ideologie, 4. erweiterte Auflage, Verlag Logos Editions, Ansbach, 2014: ISBN 978-3-9814303-9-4]
Klaus hat gesagt…
Ich befürchte nicht, dass in naher Zukunft Männer Babys austragen und stillen. Keine Panik also!

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