Sonntagsevangelium (56)

3. Adventssonntag (C): Lk 3,10-18
Dass Johannes eine »Taufe der Umkehr« verkündet hat, wird bei der Wiedergabe der Täuferpredigt im Lukas-Evangelium mit konkreten Inhalten gefüllt. Diese entfalten, was man unter den »Früchten der Umkehr« (3,8) verstehen soll.

Zunächst ergeht eine allgemeine Weisung an die Volksmenge. Sie zielt darauf, der Not des anderen abzuhelfen, wenn man mehr besitzt - nicht nur, wenn man reich ist (3,11). Danach kommen zwei Berufsgruppen an die Reihe, die leicht ihre Machtposition ausnützen konnten: Zöllner, eigentlich Abgabenpächter, unterlagen beim Eintreiben der Abgaben keiner Kontrolle und konnten so recht willkürlich agieren; die Möglichkeiten der bewaffneten Soldaten zum Machtmissbrauch sind offenkundig. Beiden Gruppen wird gesagt, dass sie auf diese Möglichkeiten verzichten sollen. Auch die Mahnung an die Soldaten, sich mit dem Sold zu begnügen, gehört in diesen Zusammenhang, ist also in erster Linie nicht Aufruf zur Genügsamkeit, sondern die Aufforderung, sich das eventuell Vermisste nicht bei anderen zu verschaffen. 

Dass die Weisungen des Täufers jeweils Antwort sind auf die Frage: »Was sollen wir tun?«, zeigt die Umkehrbereitschaft des Volkes. So wird ein Bogen zur Ankündigung der Geburt des Johannes geschlagen: Dort hatte der Engel über Johannes geweissagt hat, er werde viele Israeliten zu Gott bekehren und das Volk für den Herrn bereit machen (1,16f). 
Auch das zweite Thema der Täuferbotschaft wird in eine Art Dialog eingepasst. Was in den anderen synoptischen Evangelien ohne eigenen Kontext als Inhalt der Verkündigung des Johannes erscheint (Mk 1,7f; Mt 3,11f), ist bei Lukas Antwort auf die Überlegung des Volkes, ob Johannes der Messias sei (3,15). Wenn Johannes darauf hin den Stärkeren ankündigt, der nach ihm kommt, lehnt er mit dieser Verheißung zugleich die messianische Würde für sich selbst ab. Noch deutlicher ist in diesem Punkt das Johannes-Evangelium, das den Täufer ausdrücklich verneinen lässt, der Messias zu sein (Joh 1,20). 
Johannes setzt sich und sein Tun zum kommenden Stärkeren in Beziehung: Er ist unwürdig für den geringsten Sklavendienst, das Lösen der Schuhriemen, und tauft nur mit Wasser. Dagegen wird die Taufe des Messias in heiligem Geist und Feuer geschehen. Für Lukas kann diese Taufe verschiedene Bezüge haben. Erstens das Pfingstereignis, bei dem das Erscheinen von Feuerzungen verbunden ist mit der Gabe des Geistes (Apg 2,3f). Beide Motive sind aber nicht gleichwertig; entscheidend ist die Geistvermittlung, auf die Lukas in der Apostelgeschichte wiederholt eingeht. Und so erfüllt sich, zweitens, das Wort des Johannes auch in der Geistmitteilung, die mit der christlichen Taufe verbunden ist (s. Apg 19,1-7). Es bleibt schließlich auch offen für ein künftiges Gericht, das in dem Feuer-Motiv anklingen kann, im Spruch über die Trennung von Spreu und Weizen (3,17) aber ausdrücklich zur Sprache kommt. 
Was Johannes betrifft, so bestätigt sein Hinweis auf den Messias die Prophetie des Zacharias: Er wird seinem Volk Erkenntnis des Heils schenken (Lk 1,77).

Kommentare

Gerhard Mentzel hat gesagt…
Ja, Herr Prof. Häfner,

Jesus mag zum Volk gesprochen, Weisung über ein gerechtes Leben erteilt haben.

Doch wie können Sie Ihre Leser im Glauben lassen, bei dieser "Umkehr" hätte ein junger Moralprediger das Volk über eine gerechte Lebensweise belehrt?

Lukas kann auch hier keinen jungen Heilsprediger, Charismatiker... wie er heute als historisch gilt, in den Himmel gehoben haben. Wer hier gesprochen hat bzw. vom griechischen Denker Lukas zur Sprache gebracht wurde, war das hoheitliche Wesen: Die von Schöpfung ausgehende Vernunft, das mehr war als als eine philosphische Logoslehre, sondern für Lukas lebendiges Wort in Person war. Ein Wort, das jetzt über Johannes, den Benedikt XVI. in seinem neuen Jesusbuch als Verkörperung des alttestamentlichen Wort-Verstandes deutlich macht, hinausgeht.

Der, der als jemand vorgesetellt wird, der nicht nur Moral predigt, sondern eine Denkwende bewirkt, nicht mehr mit Wasser tauft, die Erkenntnis des Heils bzw. Herren schenkt, das kann nicht der gewesen sein, der allgemein als historischer Jesus hingestellt wird und in dessen Glauben Sie leider Ihre Leser lassen.

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