Sonntagsevangelium (69)
5. Fastensonntag (C): Joh 8,1-11
Die Geschichte von der Ehebrecherin findet sich ausschließlich im Johannes-Evangelium. Dass sie dort ursprünglich hingehört, ist unwahrscheinlich: Wichtige Handschriften bieten diesen Abschnitt nicht; er zeigt auch nichts von den Besonderheiten in Sprache und Theologie, die für das Johannes-Evangelium kennzeichnend sind. Das Personeninventar ist eher unjohanneisch: »Schriftgelehrte« treten in den anderen Evangelien häufig auf, bei Johannes aber, abgesehen von 8,3, nicht. In die synoptischen Evangelien scheint das Stück besser zu passen, und tatsächlich gibt es Handschriften, die es nach Lk 21,38 einordnen; dies ist aber sicher auch nicht der ursprüngliche Ort.
Zunächst reagiert er scheinbar gar nicht und schreibt in den Sand. Diese vielumrätselte Geste wird von manchen Auslegern als Anspielung auf Jer 17,13 gedeutet: »Die Abtrünnigen werden auf die Erde geschrieben, denn sie verlassen den Herrn, die Quelle des lebendigen Wassers.« Zwar würde sich dies insofern gut in die Grundaussage der Erzählung einfügen, als die Ankläger durch einen so gedeuteten Gestus mit ihrer eigenen Sündhaftigkeit konfrontiert werden könnten. Der textliche Anhaltspunkt ist aber schwach, zumal ja nicht gesagt wird, was Jesus auf die Erde schreibt (etwa »die Ankläger«, oder »alle«). Deshalb kann die Aktion Jesu auch einfach seine Gelassenheit ausdrücken, sein Desinteresse – in starkem Kontrast zum Eifer der Ankläger.
Als diese aber hartnäckig weiterfragen, gibt Jesus seine Antwort, die alle entwaffnet (8,7). Sie verschiebt die Perspektive, indem sie den Blick auf die eigene Schuld ins Zentrum rückt (s.a. Lk 13,1-5, dazu hier). Dadurch wird die Anklage gegen die Frau hinfällig. Der glückliche Ausgang unterstreicht den konstruierten Charakter der Szene: Alle gehen weg und erkennen ihre eigene Fehlerhaftigkeit; nicht einer protestiert und wendet etwa ein, dass man so mit den Bestimmungen der Mose-Tora nicht umgehen könne. So wird auch der Ort der Erzählung in frühchristlichen Debatten bestätigt: »Es erhärtet sich der Eindruck, dass die hier eigentlich zu Überzeugenden die Rigoristen in der Kirche sind: Sie als die Adressaten der Geschichte sollen von der Sinnesänderung der 'Schriftgelehrten und Pharisäer' lernen, damit auch ihnen die Steine aus den Händen fallen« (ebd. 559).
Trotz dieser Rückführung der Geschichte in die frühe christliche Überlieferung fügt sich die Abschluss-Szene (8,10f) gut in die Verkündigung Jesu ein: Jesus fragt nicht nach der begangenen Sünde, sondern spricht Vergebung zu (»auch ich verurteile dich nicht«); aus dieser Zusage erwächst dann die Aufforderung zur Umkehr (»sündige von nun an nicht mehr«) im Sinne eines von Gott ermöglichten Neuanfangs.
Die Geschichte von der Ehebrecherin findet sich ausschließlich im Johannes-Evangelium. Dass sie dort ursprünglich hingehört, ist unwahrscheinlich: Wichtige Handschriften bieten diesen Abschnitt nicht; er zeigt auch nichts von den Besonderheiten in Sprache und Theologie, die für das Johannes-Evangelium kennzeichnend sind. Das Personeninventar ist eher unjohanneisch: »Schriftgelehrte« treten in den anderen Evangelien häufig auf, bei Johannes aber, abgesehen von 8,3, nicht. In die synoptischen Evangelien scheint das Stück besser zu passen, und tatsächlich gibt es Handschriften, die es nach Lk 21,38 einordnen; dies ist aber sicher auch nicht der ursprüngliche Ort.
Möglicherweise handelt es sich um eine Erzählung, die zunächst mündlich umlief und nach einer ersten Verschriftlichung (in einem apokryphen Evangelium) in das Johannes-Evangelium eingefügt wurde (vgl. Michael Theobald, Das Evangelium nach Johannes, Regensburg 2009, 550-552). Die Überlieferung kann also durchaus alt sein, aber sie reicht wahrscheinlich nicht ins Wirken Jesu zurück. Dagegen spricht: Die Frage, welche Folgen die Haltung Jesu für die Tora-Bestimmungen als Rechtssystem hat, spielt in dieser Geschichte keine Rolle; und dies wäre im Rahmen des Wirkens Jesu keine nebensächliche Frage. Der Satz »wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein« könnte »in letzter Konsequenz dahin führen, jegliches Strafrecht aus den Angeln zu heben« (ebd. 552). Wahrscheinlicher ist, dass der Umgang mit Sünde und Sündern innerhalb der christlichen Gemeinde verhandelt wird – als Absage an rigoristische Positionen.
Eine solche Rückführung in das frühe Christentum nimmt dem Text nichts von seiner Autorität. Sie kann aber davor bewahren, falsche Fragen an die Erzählung zu stellen. Wenn es sich um eine konstruierte Szene handelt, braucht nicht zu interessieren, wo der Mann ist, mit dem die Frau die Ehe gebrochen hat. Er ist für das Thema der Geschichte und dessen Bearbeitung irrelevant. Sich zu der erzählten Szene eine Vorgeschichte auszudenken, führt vom Text weg.
Dass Jesus in eine heikle Situation gerät, wird dadurch deutlich, dass ihm, wie der Erzähler formuliert, eine Falle gestellt werden soll (8,6: »sie sagten es, um ihn zu versuchen«). Die Falle besteht in einer bewusst konstruierten Zwickmühle: Fordert Jesus Bestrafung, scheint er es mit seiner Botschaft vom barmherzigen Gott doch nicht ganz ernst zu meinen. Wenn er aber auf Freispruch plädiert, stellt er sich in offenen Gegensatz zum Gesetz des Mose. Jesus vermeidet eine direkte Antwort.
Zunächst reagiert er scheinbar gar nicht und schreibt in den Sand. Diese vielumrätselte Geste wird von manchen Auslegern als Anspielung auf Jer 17,13 gedeutet: »Die Abtrünnigen werden auf die Erde geschrieben, denn sie verlassen den Herrn, die Quelle des lebendigen Wassers.« Zwar würde sich dies insofern gut in die Grundaussage der Erzählung einfügen, als die Ankläger durch einen so gedeuteten Gestus mit ihrer eigenen Sündhaftigkeit konfrontiert werden könnten. Der textliche Anhaltspunkt ist aber schwach, zumal ja nicht gesagt wird, was Jesus auf die Erde schreibt (etwa »die Ankläger«, oder »alle«). Deshalb kann die Aktion Jesu auch einfach seine Gelassenheit ausdrücken, sein Desinteresse – in starkem Kontrast zum Eifer der Ankläger.
Als diese aber hartnäckig weiterfragen, gibt Jesus seine Antwort, die alle entwaffnet (8,7). Sie verschiebt die Perspektive, indem sie den Blick auf die eigene Schuld ins Zentrum rückt (s.a. Lk 13,1-5, dazu hier). Dadurch wird die Anklage gegen die Frau hinfällig. Der glückliche Ausgang unterstreicht den konstruierten Charakter der Szene: Alle gehen weg und erkennen ihre eigene Fehlerhaftigkeit; nicht einer protestiert und wendet etwa ein, dass man so mit den Bestimmungen der Mose-Tora nicht umgehen könne. So wird auch der Ort der Erzählung in frühchristlichen Debatten bestätigt: »Es erhärtet sich der Eindruck, dass die hier eigentlich zu Überzeugenden die Rigoristen in der Kirche sind: Sie als die Adressaten der Geschichte sollen von der Sinnesänderung der 'Schriftgelehrten und Pharisäer' lernen, damit auch ihnen die Steine aus den Händen fallen« (ebd. 559).
Trotz dieser Rückführung der Geschichte in die frühe christliche Überlieferung fügt sich die Abschluss-Szene (8,10f) gut in die Verkündigung Jesu ein: Jesus fragt nicht nach der begangenen Sünde, sondern spricht Vergebung zu (»auch ich verurteile dich nicht«); aus dieser Zusage erwächst dann die Aufforderung zur Umkehr (»sündige von nun an nicht mehr«) im Sinne eines von Gott ermöglichten Neuanfangs.
Kommentare
Wenn man sieht, was bei Matthäus aus der radikalen Aussage, der Sabbat ist für den Menschen da und nicht der Mensch für den Sabbat, (Mk 2,27) übrig bleibt, oder wie Lukas die Tempelreinigung bis hin zur Unkenntlichkeit harmonisiert und ihrer Radikalität beraubt, dann fügt sich doch auch die Geschichte von der Ehebrecherin recht plausibel in das Bild des radikalen Predigers Jesus. Gerade die Tendenz der Evangelisten, diese Radikalität im Umgang mit mosaischen Gesetzesvorschriften zu entkräften, spricht aus meiner Sicht für eine authentische Überlieferung in diesen Versen.
Dass sie wahrscheinlich nicht ursprünglich zum Johannes-Evangelium gehört, hat m.E. keine Auswirkung auf die historische Beurteilung. Denn die Fehlanzeige ist in sich mehrdeutig. Auch aus den beschriebenen harmonisierenden oder Radikalität mildernden Tendenzen bei Mt und Lk folgt nicht, dass gerade sie das Motiv für das Fehlen der Perikope von der Ehebrecherin in den Evangelien (bis zum Nachtrag ins JohEv) sind. Es lässt sich höchstens vermuten, aber nicht positiv begründen, dass es die Erzählung wegen ihrer Radikalität in kein Evangelium (in seiner ursprünglichen Form) geschafft hat.
Denn auch Herrn Schnitzler ist zuzustimmen. Auch dies ist eine autentische Geschichte vom historischen Jesus des Johannes. Wissen wir doch, dass Johannes vom Logos schreibt, die von Schöpfung ausgehende Vernunft zur Sprache gebracht hat, wie sie hier von der Glaubenstradition versucht wurde. Daher hat Jesus nicht einfach nach dem alten Gesetzn geurteilt, wie es vorgegeben war, sondern im Stile Sokrates gefragt...
Selbst das Schreiben im Sand, das in die Erde geschriebene Wort (amerikanische Evangelikale, die vom Buchstaben-Kreationismus abgekommen sind, Schöpfung in der Evolution begründen, sprechen vom BioLogos) kann so als wahre Begebenheit bedacht werden.
Denn wer die Tora bzw. vorgegebene und zum Selbstzweck gewordene Gesetzlichkeit nicht verneinte, sondern sie nun in Vernunft neu begründete, nach Vernunft entscheiden ließ, einen neuen Bund (Monoth.) begründete bzw. in wem sich alle Bedeutungsaussagen begründen lassen und wer damit der historische Jesus war, das kann bei allem was wir heute wissen, kein egal wie gearteter Wanderprediger gewesen sein, sondern das lebendige Wort: Die Vernunft allen schöpferischen Werdens, die nachweislich nicht nur das Thema von Johannes, sondern der Zeit und der frühen Christen war, die sich auf den historischen Jesus bezogen.
Danke übrigens, für die Antwort.
mein zweiter Kommentar richtete sich an Herrn Häfner! Zur schöpferischen Vernunft fällt mir nun wirklich nichts mehr ein. Ich wollte Sie keinesfalls ermutigen, Sie wieder zu ermutigen hier weiter zu kommentieren. Ihre Position ist vermutlich bei allen Lesern dieses Blogs angekommen. Lassen Sie es doch damit gut sein, es kommen ja keine neuen Aspekte dazu...
Was die Frage nach dem Grund für die Hinrichtung Jesu betrifft, so meine ich, dass man die Debatten über die Auslegung der Tora nicht einfach als zur Beseitigung Jesu führende Linie verstehen kann. Das redaktionell gesetzte Signal in Mk 3,6 scheint mir in historischer Sicht irreführend zu sein. Der Streit um die Bedeutung des Tempels ist wohl der eigentliche Anlass für das Einschreiten des Hohen Rates.
Das Problem, das ich im Anschluss an Michael Theobald bei der Erzählung von der Ehebrecherin sehe, liegt aber noch auf einer anderen Ebene: Wird hier überhaupt über die Auslegung der Tora debattiert? Ich meine: nein. Vielmehr wird die Anwendung von Strafbestimmungen grundsätzlich dadurch in Zweifel gezogen, dass niemand ohne Sünde ist. In einem Kontext, in dem wohl über das genaue Verständnis jener Bestimmungen debattiert wird, nicht aber prinzipiell deren Gültigkeit in Frage steht, scheint mir die Szene mit dem Rekurs auf allgemeine Sündigkeit tatsächlich schwer vorstellbar. Da wäre doch noch eine ganz andere Debatte zu erwarten, etwa die Replik: "Hör mal Rabbi, niemand von uns hier ist fehlerlos, aber deshalb können wir doch nicht den Ehebruch einfach durchgehen lassen." Auch die Unbekümmertheit, mit der die Geschichte davon ausgeht, dass tatsächlich keiner einen Stein wirft, ist leichter auf der Ebene literarischer Gestaltung denkbar, auf der ein Erzähler die Regie darüber führt, ob jemand zum Stein greift.
Also: Auch wenn, wie bereits gesagt, die Haltung Jesu in dieser Geschichte sich durchaus gut einpasst in das Wirken Jesu, wie es sich historisch rekonstruoieren lässt, so scheint es doch schwierig, die vorgestellte Szene als Niederschlag eines konkreten historischen Ereignisses zu verstehen.
Doch dass keine neuen Aspekte dazu kommen, das ist eine Unterstellung, die entweder mit Blindheit, Bösartigkeit oder Borniertheit zu begründen ist.
Gerade an der (hier von Prof. Häfner als unhistorisch dargestellten und dann doch...) Johanneserzählung von der Ehebrecherin wird wieder deutlich, dass es im NT nicht um die Story von einem Wanderguru geht, der sich als antiker Humanist aufspielte und schlauer als der Rabbi bzw. das Gesetz sein wollte. Auch hier wird wieder mehr als deutlich, dass die Geschichte des von den Gesetzeslehren versuchten historischen Jesus von der nachweislich damals definierten schöpferischen Vernunft/dem lebendigen Wort handelt.
Nicht die historische Kritik die ( im heutigen Kurz-schluss von einem Heilsprediger ausgehend) nicht nur die Hoheitlichkeit Jesus Christus, sondern wie z.B. bei Lüdemann fast alle biblischen Aussagen oder gar seine historische Existenz verneint, sondern die neutestamentliche Exegese selbst macht inzwischen deutlich: Die biblische Geschichte hat einen geschichtlichen Grund, der sich nur im damals lebendigen Wort/der als Josua/gr. Jesus verstandenen Vernunft allen Werdens begründen lässt.
Aber man braucht sich keine Gedanken zu machen, kann ja auch alles, was im NT Bedeutung hat, völlig banalisieren, auf einen jüdischen Heilsprediger beziehen, der alles etwas besser wusste und dem Geschichten angedichtet wurden, der damals z.B. von Johannes gar als Gott verherrlicht wurde... (Auch wenn das völlig undenkbar ist.) Dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn der christliche Glauben heute keine Bedeutung mehr hat.
Aber die geschichtliche Wahrheit, die zu einer neuen Wahrnehmung der nat. Welterkärung als schöpferischer Wirklichkeit führen, mündige Menschen/Christen im Namen Jesus in schöpferische Verant-WORT-ung nehmen wird, lässt sich nicht verhindern.
Danke für diese Präzisierungen. Ich möchte auch gar nicht eine schon einmal geführte Debatte wieder aufwärmen, gerade weil ich mich ja zuvor gegen Wiederholungen ausgesprochen habe ;-)
Wenn ich aber in Apg 6,11 lese, dass auch(?!) Stephanus getötet wurde, weil er "gegen Mose und Gott lästerte" und auch Johannes dT mit dem Tod bezahlen musste, weil er Sadduzäern und Pharisäern die rettende Kraft ihrer Abrahamskindschaft absprach, und schließlich auch Paulus sich gegen die rettende Kraft des Gesetzes wandte, dann passt doch Jesus mit seiner Sicht auf Gesetz und Tempel ganz gut in diese Reihe. Und diese Geschichte passt dann auch ganz gut zu diesem Jesus.
Jemand der sich von Aussätzigen, blutenden und sündigen Menschen berühren lässt, der mit diesen speist, der am Sabbat heilt, die Ehescheidungspraxis kritisiert, seine Jünger nicht fasten lässt, als Fresser und Säufer beschimpft wird, im Tempel randaliert, das Reich Gottes predigt und Wirklichkeit werden lässt etc, etc., dem traue ich eine solche Argumentation zu. Ob es dann wirklich keine Einwände gegen diese Position gab, das bleibt natürlich fraglich.
Wenn heute der christliche Glaube nur noch als weißer Rauch jenseits von Wissen und Vernunft gesehen wird, wie er mit großem Medienecho in Rom von alten Männern in seltsamen Kleidern verbreitet, damit die Vernunft, auf die sich Benedikt XVI. bisher leider nur dogmatisch berief, geopfert wurde.
Wenn sich die monotheistischen Geschwister in mittelalterlichen Vorstellungen auf Gründergestalten und Buchstaben berufen, ohne den gemeinsamen schöpferischen Grund in Weltrealität zu bedenken und gegenseitig blutig bekriegen.
Wenn die westliche Welt in sinnlosem Konsum- und Kapitalegoismus die Zukunft ihrer Kinder frisst, statt in gemeinsamer Verant-wort-ung Zukunft zu gestalten, selbst der inzwischen im BioLogos moderner monistisch-evolutionärer Welterkärung freigelegte Sinn völlig unbeachtet bleibt.
Dann sind das alles Symtome: Folgen einer Selbstentleerung der neutestamentlichen Wissenschaft, wie sie hier zu beobachten ist. Wo gegen täglich tausende von Belegen über historische Realitäten und biblische Bedeutungsinhalte (man braucht nur die Neuveröffentlichen zu beobachten) ein junger Heilsprediger, wie ihn Theißen/März durch die Hochschulen tragen, als einzige Hypothese gelten darf. Gleichwohl der nicht nur von den Radikalkritikern der Vorkriegszeit, sondern selbst bei Bultmann und Schweizer längst als historisch erledigt galt.
Der Briefwechsel zwischen Seneca und Paulus oder andere antiken Briefe, die auf eine inhaltliche Auseinandersetzungen der Zeit aufgrund damaligen Wissens um das rationale Werden schließen lassen, wie ich sie gerade lese, mögen wie viele andere theologischen Briefe der frühen Christen kein Briefwechsel im banal-historischen Sinne gewesen sein. Doch wenn man dann im Anschluss die theologischen Wissenschaftler liest, die sich mit dem monistisch-phantheistischen oder doch bereits monoth. Denken im jüdischen Sinne befassen, wie es damals phil.-theologische Tagesordnung war. Wie man sich gedanklich mit der phil. Wissenschaft auseinandersetzte und abgrenzte, weil man nach chr. Definitionen die Vernunft nicht als panth. abstrakter Gott, sondern im Sinne Johannes bzw. chrisltich als Sohn des Vätergottes, Wort des Unsagbaren verstand, das im wissenschaftlichen Weltbild/damaliger Kosmologie begründet wurde. Wenn man gleichzeitig auch die gesamte frühe Geschichte der vielfältigen christlichen Bewegungen beleuchtet, die in Reform des jüd. Monoth. über das Wesen der Vernunft stritten und sich dabei auf Jesus beriefen, jedoch nie einen Heilsprediger vergöttert/hellenisiert hätten.
Dann möchte man laut schreien, wenn man sieht, wie hier der Grund des chr. Glaubens auf einen halbstark-aufmüpfigen Heilsprediger verkürzt werden soll, der angeblich noch nicht mal was zum Gesetz der jüdischen Glaubenstraditon zu sagen hatte, sondern dem die Geschichte von der Ehebrecherin nur angedichtet worden sein soll.
Wie kann man alles Wissen so ausblenden, nur um einer kindlichen Hypothese zu dienen und sich dann als Wissenschaftler bezeichnen, der den geistesgeschichtlichen Kontext beleuchten würde? Wie kann ein kath. Hochschullehrer so nicht nur zur Volksverdummung beitragen, sondern den Verstand des lebendigen Wortes verhindern, das mündige Menschen/Christen im Namen Jesus, auf aufgeklärte Weise in gemeinsame schöpferische Verant-wort-ung nehmen könnte.