Sonntagsevangelium (70)
Palmsonntag (C): Lk 22,14-23,56
Schon früh beginnt im Lukas-Evangelium der Weg Jesu nach Jerusalem (ab 9,51). Zweimal erinnert der Evangelist in der Folge an dieses Ziel der Wanderung (13,22; 17,11); außerdem kommt ausdrücklich zur Sprache, dass dieser Weg ins Leiden führt (13,32-35; 18,31-33). Dass sich der Weg Jesu in der Passion erfüllt, wird durch solche Notizen vorbereitet. Grundsätzlich orientiert sich Lukas in der Leidensgeschichte an Markus (s. dazu hier), er verändert diese Vorlage aber stärker als Matthäus und greift dabei auch auf Sonderüberlieferungen zurück.
Vor allem drei Anliegen bestimmen das Bild Jesu in der Passionsgeschichte des Lukas. Zum ersten: Jesus stirbt als Unschuldiger. Gerade die Vertreter der römischen Macht stellen dies fest, mehrmals Pilatus (23,4.14.22), dann auch der Hauptmann unter dem Kreuz (23,47). Diese Darstellung dient in erster Linie der politischen Entlastung der christlichen Gemeinden. Der römische Statthalter hatte Jesus als Aufrührer hingerichtet; deshalb waren die Christen, die sich zu ihm bekannten, in den Augen Roms politisch verdächtig. Lukas stellt klar, dass dieser Verdacht unbegründet ist. Dadurch wird die Rolle der Ankläger auf jüdischer Seite notwendigerweise stärker profiliert. Dies gründet also nicht in einem antijüdischen Affekt.
Vor allem drei Anliegen bestimmen das Bild Jesu in der Passionsgeschichte des Lukas. Zum ersten: Jesus stirbt als Unschuldiger. Gerade die Vertreter der römischen Macht stellen dies fest, mehrmals Pilatus (23,4.14.22), dann auch der Hauptmann unter dem Kreuz (23,47). Diese Darstellung dient in erster Linie der politischen Entlastung der christlichen Gemeinden. Der römische Statthalter hatte Jesus als Aufrührer hingerichtet; deshalb waren die Christen, die sich zu ihm bekannten, in den Augen Roms politisch verdächtig. Lukas stellt klar, dass dieser Verdacht unbegründet ist. Dadurch wird die Rolle der Ankläger auf jüdischer Seite notwendigerweise stärker profiliert. Dies gründet also nicht in einem antijüdischen Affekt.
Zum Zweiten: Jesus geht in das Leiden im Einklang mit dem Willen Gottes. Besonders die Kreuzigungsszene unterstreicht diesen Zug: Den Schrei der Gottverlassenheit (Mk 15,34) hat Lukas nicht übernommen; Jesus stirbt nach einem vertrauensvollen Gebet zum Vater: An die Stelle von Ps 22,2 (»Mein, Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen«) rückt Ps 31,6 als Sterbegebet Jesu: »Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist« (Lk 23,46). Zwar will auch Markus sicher nicht sagen, dass Jesus im Tod an Gott verzweifelt sei; bei Lukas aber kann ein solches Missverständnis erst gar nicht aufkommen.
Die Übereinstimmung der Passion Jesu mit dem Willen Gottes bestimmt bei Lukas auch noch die Ostertradition. Der Auferstandene belehrt die Jünger, dass sich alles, was in den Schriften über ihn geschrieben steht, erfüllen musste, gerade im Blick auf Leiden und Auferstehung (24,44-46). Dieses Müssen (griechisch: δεῖ) ist nicht so zu verstehen, dass Gott den Tod des Sohnes gefordert hätte. Erst im Rückblick, von der Ostererfahrung her, lässt sich eine solche Aussage über den Willen Gottes treffen: Wenn Gott sich zu diesem Gekreuzigten gestellt hat, wie es der Glaube an die Auferweckung bekennt, dann kann auch der Tod Jesu letztlich nicht im Widerspruch zum göttlichen Willen stehen.
Zum Dritten: Lukas betont kaum den Gedanken des stellvertretenden Sühnesterbens, er sieht Jesus in seinem Leiden stärker als Vorbild für die Glaubenden. Zwar kennt Lukas die Interpretation des Todes Jesu als eines Todes »für uns«, in dem Jesus stellvertretend für die Sünder starb und so Heil erwirkte. Aber er nimmt im ganzen Doppelwerk nur zwei Mal darauf Bezug (Lk 22,19f; Apg 20,28). Das Wort vom Lösegeld (Mk 10,45) hat er nicht übernommen; in den Reden der Apostelgeschichte begegnet der Gedanke von der Sündenvergebung in der Annahme des Glaubens und in der Taufe – aber ohne Bezug auf den Tod Jesu (2,38; 13,38; 26,18).
Für Lukas steht bei der Deutung des Todes Jesu ein anderer Gedanke im Zentrum. Jesus stirbt als der unschuldige Gerechte, in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes (s. die Leidensankündigungen; dazu Lk 24,26; Apg 17,3); Heil entsteht nicht aus seinem Tod allein: »Die Zuwendung Gottes, wie sie im gesamten Leben und Wirken erfahrbar wurde, gilt für Lukas als Heilsgeschehen« (Alfons Weiser, Theologie des Neuen Testaments II, Stuttgart 1993, 146) Der Tod Jesu ist eine Station auf dem Weg zur Herrlichkeit. Anteil an dem von Jesus gewirkten Heil kann man gewinnen, wenn man der Botschaft des Evangeliums glaubt und Jesus nachfolgt – ein Weg durch Kreuz und Drangsale hindurch in das Reich Gottes (Lk 9,23; Apg 14,22), denn man folgt dem »Anführer in Leben« (Apg 3,15). Dass auf diesem Weg auch die Bitte für die Henker (Lk 23,34) Vorbildcharakter gewinnt, zeigt das Martyrium des Stephanus (Apg 7,60). Im Sinne des Evangelisten sollen sich die Jünger Jesu an dieser Vergebungsbitte sicher auch in weniger extremen Situationen orientieren.
Die Übereinstimmung der Passion Jesu mit dem Willen Gottes bestimmt bei Lukas auch noch die Ostertradition. Der Auferstandene belehrt die Jünger, dass sich alles, was in den Schriften über ihn geschrieben steht, erfüllen musste, gerade im Blick auf Leiden und Auferstehung (24,44-46). Dieses Müssen (griechisch: δεῖ) ist nicht so zu verstehen, dass Gott den Tod des Sohnes gefordert hätte. Erst im Rückblick, von der Ostererfahrung her, lässt sich eine solche Aussage über den Willen Gottes treffen: Wenn Gott sich zu diesem Gekreuzigten gestellt hat, wie es der Glaube an die Auferweckung bekennt, dann kann auch der Tod Jesu letztlich nicht im Widerspruch zum göttlichen Willen stehen.
Zum Dritten: Lukas betont kaum den Gedanken des stellvertretenden Sühnesterbens, er sieht Jesus in seinem Leiden stärker als Vorbild für die Glaubenden. Zwar kennt Lukas die Interpretation des Todes Jesu als eines Todes »für uns«, in dem Jesus stellvertretend für die Sünder starb und so Heil erwirkte. Aber er nimmt im ganzen Doppelwerk nur zwei Mal darauf Bezug (Lk 22,19f; Apg 20,28). Das Wort vom Lösegeld (Mk 10,45) hat er nicht übernommen; in den Reden der Apostelgeschichte begegnet der Gedanke von der Sündenvergebung in der Annahme des Glaubens und in der Taufe – aber ohne Bezug auf den Tod Jesu (2,38; 13,38; 26,18).
Für Lukas steht bei der Deutung des Todes Jesu ein anderer Gedanke im Zentrum. Jesus stirbt als der unschuldige Gerechte, in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes (s. die Leidensankündigungen; dazu Lk 24,26; Apg 17,3); Heil entsteht nicht aus seinem Tod allein: »Die Zuwendung Gottes, wie sie im gesamten Leben und Wirken erfahrbar wurde, gilt für Lukas als Heilsgeschehen« (Alfons Weiser, Theologie des Neuen Testaments II, Stuttgart 1993, 146) Der Tod Jesu ist eine Station auf dem Weg zur Herrlichkeit. Anteil an dem von Jesus gewirkten Heil kann man gewinnen, wenn man der Botschaft des Evangeliums glaubt und Jesus nachfolgt – ein Weg durch Kreuz und Drangsale hindurch in das Reich Gottes (Lk 9,23; Apg 14,22), denn man folgt dem »Anführer in Leben« (Apg 3,15). Dass auf diesem Weg auch die Bitte für die Henker (Lk 23,34) Vorbildcharakter gewinnt, zeigt das Martyrium des Stephanus (Apg 7,60). Im Sinne des Evangelisten sollen sich die Jünger Jesu an dieser Vergebungsbitte sicher auch in weniger extremen Situationen orientieren.
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