Korrektur-Erheiterung
Korrekturvorschläge in Textverarbeitungsprogrammen können nicht nur hartgesottenen Realisten die Fähigkeit zum Staunen schenken, sondern auch völlig humorlosen Menschen zur Quelle der Heiterkeit werden. Wer mit LibreOffice arbeitet, gewinnt mitunter den Eindruck, das Korrektur-Programm müsse aus einem anderen Kulturkreis stammen. Vielleicht erklärt sich auch alles dadurch, dass es an einem 1. April programmiert wurde. Deshalb soll es heute etwas näher besprochen werden
Die Theologensprache ist nicht alleine schuld
Um gleich einem Anfangsverdacht entgegenzutreten: Das Problem ist nicht darin begründet, dass sich die Theologie in einer abgeschlossenen eigenen Sprachwelt eingerichtet hätte, zu dem einem weltlichen Korrekturprogramm nun einmal der Zugang verwehrt bleibt. Auch »untheologische« Begriffe sind von dem Phänomen betroffen, das man als sprachlichen Parallelkosmos bezeichnen könnte.
Die Theologensprache ist nicht alleine schuld
Um gleich einem Anfangsverdacht entgegenzutreten: Das Problem ist nicht darin begründet, dass sich die Theologie in einer abgeschlossenen eigenen Sprachwelt eingerichtet hätte, zu dem einem weltlichen Korrekturprogramm nun einmal der Zugang verwehrt bleibt. Auch »untheologische« Begriffe sind von dem Phänomen betroffen, das man als sprachlichen Parallelkosmos bezeichnen könnte.
Wer feststellt, dass eine Aussage pleonastisch sei, wird gefragt, ob nicht gemeint sei, die Aussage sei paternalistisch oder pantheistisch – halt irgendwas mit p-a-, -n- und -stisch. Man muss sich aber nicht zu sehr verwundern: Eher als mit Textwissenschaftlern rechnet das Programm mit Jägern. Anstelle von Deutekategorie scheint ihm Beutekategorie plausibler. Ein Text will nicht nur verstanden, sondern auch erlegt sein.
Zum Verstehen ist nicht unwichtig, auf Konnotierungen von Begriffen zu achten. Das Programm denkt stärker in Finanzkategorien: Es schlägt Kornnotierungen vor, bietet aber keine aktuellen Daten von der Getreidebörse. Der Versuch, verschiedene Erzählebenen zu unterscheiden, ist in den Augen des Programms ein Irrtum. Näherliegend scheint ihm, dass hier auf verschiedenen Niveaus Sandkörner addiert werden, weshalb es das Wort Erdzählebene erfindet.
Zum Verstehen ist nicht unwichtig, auf Konnotierungen von Begriffen zu achten. Das Programm denkt stärker in Finanzkategorien: Es schlägt Kornnotierungen vor, bietet aber keine aktuellen Daten von der Getreidebörse. Der Versuch, verschiedene Erzählebenen zu unterscheiden, ist in den Augen des Programms ein Irrtum. Näherliegend scheint ihm, dass hier auf verschiedenen Niveaus Sandkörner addiert werden, weshalb es das Wort Erdzählebene erfindet.
Lässt man sich zu dem Wort Ausdifferenzierungsprozess hinreißen (zu meiner Verteidigung sei gesagt, dass mir das nur bei der Übernahme eines Zitats passiert ist), vermutet das Programm, man sei Produktplaner bei MAN, Mercedes oder Neoplan. Mit der Änderung nur eines Buchstabens wird ein Busdifferenzierungsprozess erreicht, der sicher mit den Unterschieden zwischen den verschiedenen Komfortkategorien bei Reisebussen zu tun hat.
Die Welt der Bibel – korrigiert
Damit können wir zu den Begriffen kommen, die einem Neutestamentler geläufig sind, ihm in der Sicht des Programms aber eher unterlaufen. Im Tarifdschungel der Deutschen Post kennt es sich besser aus als im Neuen Testament, denn die ihm unbekannten Paulusbriefe will es durch Plusbriefe ersetzen. In den alttestamentlichen Kult werden neue Opferarten und neue Kultstätten eingeführt. Anstelle des Sündopfers (s. Lev 4) gibt es nun das Sandopfer (s. Lev ?), das sicher in erster Linie auf Kinderspielplätzen dargebracht wird. Unklar ist allerdings, wo Himmelsrichtungen geopfert werden können. Deshalb bleiben zum Südopfer noch einige Fragen offen.
Biblische Namen können das Korrekturprogramm bzw. seine Nutzer zur Verzweiflung treiben. Von Zebedäus, dem Vater der Apostel Jakobus und Johannes, ist zugegebenermaßen nicht allzuviel bekannt. Dass er neben dem Fischerberuf eine Nebentätigkeit als Höllenhund Zerberus ausgeübt hätte, ist allerdings eine ganz unwahrscheinliches biographisches Element (auch wenn es die Reaktion seiner Söhne in Mk 1,20 erklären könnte).
Kafarnaum hält das Programm für eine falsch geschriebene Pflanze und korrigiert zu Farnkraut. Ganz sicher ist es sich aber nicht, denn daneben nennt es in offensichtlicher Verwirrung auch das Kalendarium und den Karnaktempel als Möglichkeit. Ist es mit der Lutherübersetzung vertrauter? Die Frage kann eindeutig verneint werden. Denn mit der Namensform Kapernaum kann es genauso wenig anfangen und will das Wort in nicht unerheblicher semantischer Verschiebung durch Kaperncreme ersetzen. Ähnlich steht es auch im Fall der Stadt Gadara, die als Verschreibung von (Hans-Georg) Gadamer identifiziert wird. Dass Matthäus in Gadara die Geschichte von zwei Besessenen und einer Schweineherde spielen lässt, hat bei diesem Vorschlag sicher keine Rolle gespielt.
Kafarnaum hält das Programm für eine falsch geschriebene Pflanze und korrigiert zu Farnkraut. Ganz sicher ist es sich aber nicht, denn daneben nennt es in offensichtlicher Verwirrung auch das Kalendarium und den Karnaktempel als Möglichkeit. Ist es mit der Lutherübersetzung vertrauter? Die Frage kann eindeutig verneint werden. Denn mit der Namensform Kapernaum kann es genauso wenig anfangen und will das Wort in nicht unerheblicher semantischer Verschiebung durch Kaperncreme ersetzen. Ähnlich steht es auch im Fall der Stadt Gadara, die als Verschreibung von (Hans-Georg) Gadamer identifiziert wird. Dass Matthäus in Gadara die Geschichte von zwei Besessenen und einer Schweineherde spielen lässt, hat bei diesem Vorschlag sicher keine Rolle gespielt.
Exegetensprache – korrigiert
Den ökonomischen Plausibilitäten unserer Zeit muss sich Johannes der Täufer unterwerfen. Es steht freilich zu hoffen, dass das Täufergeschick (Mk 6,17-29) nicht unmittelbares Vorbild für das Käufergeschick ist. Dass der Handel jetzt auch mit Schadstoffen unternommen werden kann, schafft eine ganz neue Form des Kerygmas. Die Missionsverkündigung wird zur Emissionsverkündigung. Nachdem Peter Altmaier an einen anderen Ort ging (vgl. Apg 12,17), ist nun Barbara Hendricks wirkmächtigste Botin.
Die Wiederkunft des Menschensohnes erhält eine Handarbeitsdimension, wenn die Naherwartung zur Näherwartung wird. Dass auch die Näherwartung enttäuscht wurde, könnte sich im Übrigen in der Aufforderung des Kirchenlieds »säumet nicht!« (altes Gotteslob Nr. 474, neues: Nr 144) niederschlagen. In einem Fall trägt der Korrekturvorschlag allerdings zur Steigerung einer neutestamentlichen Wundererzählung bei: Die von Jesus in der Seewandelgeschichte auf dem Wasser zurückgelegte Distanz wird erheblich erweitert, wenn die Strecke in eine Seewandergeschichte eingebettet wird.
Es scheint nicht ausgeschlossen, dass das Korrekturprogramm zu viele Krimis schaut. So könnte sich erklären, dass es statt der Würdestellung die Würgestellung bevorzugt. Wahrscheinlich raucht es auch seltsames Zeug. Wie sonst ist zu erklären, dass es die Jüngerunterweisung durch eine Fußgängerunterführung ersetzen will und das Adjektiv nichtkultische in extremer Wortschöpfungskraft durch das Substantiv Nichtkuhtische. Was die Verneinung eines Kuhtischs ist, wird künftige Forschung vielleicht herausfinden.
Was ein kleines »p« anrichtet
Ganz unkommentiert muss zum Abschluss dagegen der Ersetzungsvorschlag bleiben, der für Pastoraltheologie geboten wird: Papstoraltheologie.
Kommentare
Während es in den anfänglichen Erzählungen nachweislich um den Logos, das lebendige Wort/Weisheit in menschlicher Ausdrucksweise/Gestalt/Person ging, wird heute textverarbeitet, wie wenn ein junger rebellischer Juden gewesen wäre. Dann wird dessen soziales Umfeld im antiken Landvolk bzw. einer Art Sektenanhänger begründet, statt nach dem damaligen Denken und einer logischen Weiterentwicklung kultureller Vorstellungen zu fragen.
@Herr Mentzel: Kein Kommentar...
Es muss gefragt werden: Nachdem die Faschinxzeit nun schon ein paar Tage vorbei ist: Wie viele Studierende (gleich welchen Geschlechts) haben in Erwartung einer guten Semestral- oder sonstigen Note die Reschersche für diesen Text durchgeführt????
Falls StudentInnen nicht beteiligt waren: Wieviele Flaschen Rotwein ergeben ein Verhältnis, nach welchem noch korrekt exegetische Begriffe eingegeben und (textprogrammlich) ausgegebene Begriffe erfasst werden können????
Über die zweite Frage breite ich bereits vor der Antwort den Mantel des gnädigen Vergessens...
nichts von alldem: keine studentische Sklavenarbeit und keine Rotwein-Nachhilfe,sondern Sammeln über einen längeren Zeitraum in durchaus nüchternem Zustand.Das mag erstaunlich sein, funktioniert aber.
Doch wer den Grund chr. Kultes weiter nur in einem Wanderguru festmachen will und sich weigert, auch nur einen Augenblck das Wort/die Vernunft zu bedenken, um die es vor 2000 Jahren nachweislich nicht nur im phil. Monismus (anfänglicher Wissenschaft) ging, der sollte sich über sein Leben in Babylon nicht beschweren.