Synodenbeschuss
Da war ja heute was los in Rom. Was sonst gewöhnlich Aufgabe von Regierungssprechern ist, wurde zum Kennzeichen von Kardinälen. »Kardinal Müller dementiert angebliche Kritik an Bischofssynode«, »Kardinal Kasper dementiert Aussage über afrikanische Bischöfe«. Der zweite Fall ist brisanter, denn er bezieht sich auf ein Interview mit der katholischen Nachrichtenagentur Zenit, dessen Existenz Kardinal Kasper bestreitet. Er habe mit einem Vertreter der Agentur nicht gesprochen. In der Zwischenzeit hat sich der Journalist Edward Pentin zu Wort gemeldet, der – neben zwei weiteren – das Gespräch mit Kardinal Kasper geführt hat. Auf seiner Website hat er Mitschnitt und Niederschrift des Gesprächs veröffentlicht, nachdem der Text von der Agentur offline genommen worden war. Er bestreitet, dass es Kardinal Kasper nicht bewusst gewesen sei, in einer Interview-Situation zu sein. Das sieht der Gesprächspartner möglicherweise anders, sonst wäre sein scharfes Dementi unverständlich. Und nach dem Hören des Mitschnitts scheint mir sehr nahe zu liegen, dass Kasper nicht von einem Interview ausging.
Hier soll es nicht darum gehen, wer in diesem Streit Recht hat, sondern wie unsere bekannten »Katholischen Nachrichten« mit der ganzen Sache umgegangen sind. Sie hatten für die Verbreitung der Interview-Aussagen gesorgt und verkündeten angesichts des Dementis Kaspers zu ihrer Entlastung:
Auch aus einem anderen Grund ist die Redaktion von kath.net mit dem Hinweis auf das Unwissen über die Autorisierung nicht aus dem Schneider – und dies ist angesichts der unklaren Sachlage der entscheidende Punkt: Die angebliche Zusammenfassung des Interviews war nämlich eine Zuspitzung, die dem Kardinal die Kommentar-Meute wohl auf den Hals hetzen sollte, jedenfalls gehetzt hat. In der Zwischenzeit ist der ursprüngliche kath.net-Beitrag nicht mehr zugänglich. Dass und was geändert wurde, ist nicht transparent gemacht. Da dies aber schon häufiger der Fall war, habe ich den Beitrag rechtzeitig kopiert, so dass ich alle im Folgenden angeführten Zitate belegen kann.
Nehmen wir an, Kardinal Kasper habe tatsächlich all das gesagt, was in dem Text steht. Unter dieser Voraussetzung sind die folgenden Ausführungen genauso wie der ursprüngliche kath.net-Beitrag entstanden. Und schauen wir, was in diesem Beitrag aus dem Interview wird. Dabei konzentriere ich mich auf eine Frage: Inwiefern ist die Überschrift, die leselenkend wirkt und nicht zum ersten Mal als Erschlagzeile formuliert ist, durch das Interview gedeckt? Sie lautete ursprünglich:
Mit der Überschrift geht er dann noch einen Schritt weiter. Dass die Synode afrikanische Bischöfe nicht ernst nehmen solle, ist bösartige Verdrehung eines aus dem Zusammenhang gerissenen Satzes. »Kampagnenjournalismus« kann man einen solchen Artikel nur deshalb nicht nennen, weil er mit Journalismus nichts zu tun hat. Und das gilt ganz unabhängig von der Frage nach der Korrektheit des Interviews.
Hier soll es nicht darum gehen, wer in diesem Streit Recht hat, sondern wie unsere bekannten »Katholischen Nachrichten« mit der ganzen Sache umgegangen sind. Sie hatten für die Verbreitung der Interview-Aussagen gesorgt und verkündeten angesichts des Dementis Kaspers zu ihrer Entlastung:
»kath.net hatte in der Zusammenfassung über (sic) das Zenit-Interview bereits darauf hingewiesen, dass Unklarkeit darüber herrschte, ob das Interview überhaupt durch den Kurienkardinal authorisiert (sic) ist«.Das ist nicht falsch und doch nicht richtig. In dem ursprünglichen Beitrag hieß es:
»Bisher ist unbekannt, ob das Interview durch den deutschen Kurienkardinal autorisiert wurde.«Zusätzlich, aber nicht nicht zufällig hat sich ein »überhaupt« und die Rede von »herrschender Unklarheit« eingeschlichen. Dies suggeriert, man hätte deutliche Zweifel an der Korrektheit der Interview-Aussagen geäußert. Hätte man sie tatsächlich gehabt, hätte man allerdings vor der Veröffentlichung recherchieren müssen, ob die verbreiteten Äußerungen zutreffen. In dem derzeit laufenden permanenten Synodenbeschuss ist für solche Sorgfalt und Geduld offensichtlich keine Zeit.
Auch aus einem anderen Grund ist die Redaktion von kath.net mit dem Hinweis auf das Unwissen über die Autorisierung nicht aus dem Schneider – und dies ist angesichts der unklaren Sachlage der entscheidende Punkt: Die angebliche Zusammenfassung des Interviews war nämlich eine Zuspitzung, die dem Kardinal die Kommentar-Meute wohl auf den Hals hetzen sollte, jedenfalls gehetzt hat. In der Zwischenzeit ist der ursprüngliche kath.net-Beitrag nicht mehr zugänglich. Dass und was geändert wurde, ist nicht transparent gemacht. Da dies aber schon häufiger der Fall war, habe ich den Beitrag rechtzeitig kopiert, so dass ich alle im Folgenden angeführten Zitate belegen kann.
Nehmen wir an, Kardinal Kasper habe tatsächlich all das gesagt, was in dem Text steht. Unter dieser Voraussetzung sind die folgenden Ausführungen genauso wie der ursprüngliche kath.net-Beitrag entstanden. Und schauen wir, was in diesem Beitrag aus dem Interview wird. Dabei konzentriere ich mich auf eine Frage: Inwiefern ist die Überschrift, die leselenkend wirkt und nicht zum ersten Mal als Erschlagzeile formuliert ist, durch das Interview gedeckt? Sie lautete ursprünglich:
»Kardinal Kasper: Synode soll afrikanische Bischöfe nicht ernst nehmen!«Die fragliche Passage des Interviews, auf die sich diese Überschrift allein beziehen kann, ist nicht in allem klar. Möglicherweise kam es auch zu Missverständnissen, immerhin sprachen zwei der Beteiligten nicht in ihrer Muttersprache. Zunächst hatte der Kardinal darauf hingewiesen, dass die Haltung zur Homosexualität in Afrika und Asien bzw. muslimischen Ländern anders sei als im Westen (»bei uns«). Darauf folgt die Frage, ob den afrikanischen Teilnehmern der Bischofssynode bei diesem Thema zugehört werde. Die Antwort Kaspers: »Nein, die Mehrheit von ihnen«, und dann in Klammern zugesetzt »die diese Sichtweisen vertreten, sprechen nicht über sie«. Im Mitschnitt habe ich diese Stelle nicht verstanden (es sind durchweg laute Hintergrundgeräusche zu hören, die Gesprächsbeiträge gehen auch bisweilen durcheinander). In der veröffentlichten Fassung liest sich die Antwort so:
»No, the majority of them [who hold these views won’t speak about them]«Im kath.net-Artikel heißt es:
»'Nein', stellte Kasper fest, der Mehrheit unter ihnen werde nicht zugehört.«Der Interviewpartner fasst noch einmal nach: »Man hört ihnen nicht zu?« Antwort: »In Afrika [werden] selbstverständlich [ihre Sichtweisen gehört], wo es ein Tabu gibt.« Es folgt eine weitere Frage, die im kath.net-Beitrag unterschlagen wird: »Was hat sich in Ihrer Sicht geändert im Blick auf die Vorgehensweise dieser Synode« (»What has changed for you, regarding the methodology of this synod?«). Hat Kasper die Frage richtig verstanden? Seine Antwort geht dahin, dass es eine allgemeine Linie, allgemeine Kriterien geben müsse, die speziell Afrika betreffenden Fragen aber auf der Synode nicht gelöst werden können (»in the end there must be a general line in the Church, general criteria, but then the questions of Africa we cannot solve«). Dafür müsse es Raum auf der Ebene der Bischofskonferenzen geben, und noch einmal: »but I’d say with Africa it’s impossible [for us to solve]«. Dann folgt der Satz, auf den sich die Überschrift bezieht:
»But they should not tell us too much what we have to do«.Im gegebenen Zusammenhang kann man diesen Satz nur so verstehen, dass die für Afrika spezifischen Probleme in Afrika gelöst werden müssen und nicht zur Richtschnur der Synodenbeschlüsse werden können. Sie taugen nicht als »general criteria«, deshalb »sollen sie uns nicht zu sehr erklären, was wir zu tun haben«. Nicht zufällig wird der Kontext bei kath.net ausgeblendet und der Satz an einen früheren angehängt:
»Kasper entgegnete: 'In Afrika', wo die Homosexualität tabuisiert sei, werde ihnen 'natürlich' zugehört, doch 'uns' 'sollen sie nicht zu sehr erklären, was wir zu tun haben'.«So entsteht der Eindruck, Kasper habe die Äußerungen afrikanischer Bischöfe grundsätzlich für irrelevant erklärt. Zwar wird der Kontext des fraglichen Satzes am Beginn des kath.net-Beitrags wiedergegeben, aber eben nicht als Kontext des Satzes. Denn das Zitat bricht genau vor jenem Satz ab, der für sich genommen vorangestellt und kommentierend eingeordnet wird:
»In einem Interview mit ZENIT ließ der emeritierte Kurienkardinal eine Breitseite auf afrikanische Bischöfe los. 'Sie sollen uns nicht zu sehr erklären, was wir zu tun haben', stellte Kasper gegenüber der italienischen katholischen Nachrichtenagentur 'Zenit' im Hinblick auf die Positionen afrikanischer Bischöfe bei der Bischofssynode fest.«Und an der Stelle, an der jener Satz wieder zitiert wird, fehlt, wie gezeigt, der Kontext. Eine solche Strategie führt den, der »katholische Nachrichten« bieten will, unmittelbar an den Abgrund.
Mit der Überschrift geht er dann noch einen Schritt weiter. Dass die Synode afrikanische Bischöfe nicht ernst nehmen solle, ist bösartige Verdrehung eines aus dem Zusammenhang gerissenen Satzes. »Kampagnenjournalismus« kann man einen solchen Artikel nur deshalb nicht nennen, weil er mit Journalismus nichts zu tun hat. Und das gilt ganz unabhängig von der Frage nach der Korrektheit des Interviews.
Kommentare
Warum sagt er nicht einfach:
„Ja, ich habe mit den Journalisten auf der Straße gesprochen. Manches war in der Eile etwas unbedacht und vielleicht auch mißverständlich ausgedrückt. Ich möchte das nun klar stellen, was ich ausdrücken wollte:…“
Damit wären die "Probleme", die hochgeschaukelt wurden, ziemlich schnell beseitigt.
Aber so wie er sich nun verhalten hat, sollte man sich nicht verhalten. Da geht dann jedes weitere Wort nach hintern los.
Nun zu sagen, daß das kein Interview war, sondern ein persönliches Gespräch ist m.E. eine ziemlich fadenscheinige Ausrede.
Am Anfang des Mitschnitts hört man, wie die Journalisten sagen: "We are from the Tablet".
Damit habe sie sich klar als Journalisten zu erkennen gegeben. Und üblicherweise ist eine Frage-und-Antwort-Spiel bei Journalisten ein Interview. Da muß jeder davon ausgehen, daß er auch zitiert wird.
Die Rassismuskeule ist allerdings in der Tat wohl böswillig. Ich bin ja wahrlich kein Fan von Kardinal Kasper, aber wenn er sagt, daß Dinge in Afrika aus verschiedenen Gründen anders gesehen werden, dann ist das kein Rassismus, sondern eine Binsenweisheit.
Zudem waren noch andere Journalisten anwesend.
Pentin hat dann sein Smartphone zur Textaufzeichnung genutzt. Das ist durchaus richtig, um die Quelle abzusichern. Den Inhalt des Gesprächs und die daraus gewonnenen Informationen nutzt ein Journalist hinterher bestenfalls für einen Artikel bzw. für weitere Recherchen.
Hat man sich dann den inzwischen gelöschten Artikel auf ZENIT zu Gemüte geführt, kam man unweigerlich zu dem Schluss, Kasper habe da exklusiv mit ZENIT ein Gespräch geführt. Schaut man sich dann aber das Protokoll Pentins an, dann kommt man zu dem Schluss, dass das gar nicht der Fall gewesen ist.
Zu den Aussagen Kaspers: in den Originaltexten findet sich keine einzige abwertende oder als rassistisch einzustunfende Bemerkung zu Afrika. Kasper hat - richtigerweise - darauf hingewiesen, dass die Lebensrealität der Menschen dort eine ganz andere ist, als die der Menschen in Europa. Insofern steht es den Europäern nicht zu, den Afrikanern zu sagen, was sie zu tun und was sie zu lassen haben.
Wichtig ist der letzte Absatz des Gesprächs. Kasper sagt da noch einmal, dass es in der globalisierten Welt nicht möglich ist, alles zentral von Rom regeln zu lassen.
Was ich unabhängig vom Ausgang der Synode sehe, ist eine denkbar schlechte und stümperhafte Pressearbeit. Da besteht mit Sicherheit Nachbesserungsbedarf. Dazu gehört auch der Grundsatz, dass die Synodenteilnehmer während der Synode nicht nur von der Presse in Ruhe gelassen, sondern auch so "geimpft" werden, dass sie bei Anfragen grundsätzlich an das extra einzurichtende Pressebüro verweisen. Eigentlich hätte ich gedacht, dass man das im Vatikan professioneller handhabt - und dass quasi nicht jeder Hans und Franz beim abendlichen Bier was daherredet, was er hinterher dann widerruft oder dementiert (sorry für meine etwas polemische Ausdrucksweise).
Aber vielleicht ist es wirklich mal wieder Zeit für ein Konzil.