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Es werden Posts vom März, 2011 angezeigt.

Der Zölibat ‑ eine apostolische Tradition? (2)

Der erste Teil hat sich mit der Frage befasst, welche Ansatzpunkte die Jesustradition der Evangelien für das Urteil bietet, der Zölibat sei eine apostolische Tradition. Nun geht es um die nachösterliche Mission der Jesusjünger. Gesprächspartner bleibt Stefan Heid, dessen Buch »Zölibat in der frühen Kirche« (Paderborn 1997, 3. Auflage 2003) als Referenzwerk der »Zölibatsforschung« gilt. Fortsetzung des enthaltsamen Lebens? Die nachösterliche Mission ist nach Stefan Heid dadurch gekennzeichnet, dass die Apostel die enthaltsame Lebensweise fortgesetzt haben. Wie die bisherige Erörterung gezeigt hat, ist die Grundlage dieses Urteils äußerst unsicher: Der Nachweis, dass die vorösterliche Jesusbewegung grundlegend durch Ehelosigkeit (oder sexuelle Enthaltsamkeit trotz bestehender Ehe) gekennzeichnet war, lässt sich nicht führen. Das bestätigen indirekt Überlegungen, die Heid anführt, um die Fortsetzung der enthaltsamen Lebensweise zu begründen. Zu Mt 19,12 (dem so genannten »Eunuchen-S

Offener Brief, nicht offener Dialog (2)

Kommt jetzt jeden Montag ein Schreiben des Kölner Erzbischofs zur Lage der Kirche angesichts des Theologen-Memorandums? Kardinal Joachim Meisner hat sich eine Woche, nachdem er das Memorandum erschrocken und betrübt zurückgewiesen hat, erneut öffentlich geäußert , dieses Mal mit einem komparatistischen Ansatz: das Memorandum wird mit der »Petition pro Ecclesia« verglichen, denn es sind oft »die Kontraste, die das Wesen einer Sache deutlicher zum Vorschein bringen«. Das mag sein. Es besteht allerdings bei solcher Absicht auch die Gefahr, dass man die Kontrasteinstellung künstlich verstärkt, um nicht nur das Wesen der einen, sondern vor allem das Unwesen der anderen Sache zu unterstreichen.  Was haben die Memorandisten falsch gemacht? Offenbar alles. Sie haben  »Forderungen unterbreitet, die im Großen und Ganzen auf eine Demokratisierung und Säkularisierung der Kirche hinauslaufen«. 

Erdbeben als apokalyptische Katastrophen?

Die Erdbeben in Haiti, Chile und vor allem jetzt in Japan provozieren offenbar apokalyptische Deutungen. Robert Spaemann hat in einem Interview mit »Christ und Welt« vorsichtig eine Verbindung zwischen sich häufenden Naturkatastrophen und biblischen Endzeitszenarien bejaht (13/2011, eine nicht ganz lesefreundliche Fassung kann man sich hier erblättern). Den Hinweis des Interviewpartners, dass im Matthäus-Evangelium die Rede sei von Hungersnöten und Erdbeben als Katastrophen vor dem Ende, ergänzt Spaemann: »Ja, und vom Rauschen des Meeres und Erschütterungen des Himmels«. Er trägt eine solche Deutung ausdrücklich nicht als zwingende Schlussfolgerung vor und kann sich auch andere Szenarien vorstellen, meint aber dennoch: »Wenn solche Ereignisse sich häufen, dann haben wir allen Anlass, sie als Zeichen zu nehmen.« Ich nehme dieses Urteil zum Anlass, einige Überlegungen zum Sinn apokalyptischer Endzeitszenarien in der Bibel anzustellen. 

Offener Brief, nicht offener Dialog

Gestern hat Kardinal Joachim Meisner ein Schreiben veröffentlicht , in dem er sein Erschrecken und seine Betrübnis über das Theologen-Memorandum bekundet. Dieser Text beurteile »die Lage der Kirche mit Zustandsbeschreibungen und Forderungen, denen man fast in jedem Punkt widersprechen bzw. Korrekturen entgegensetzen müsste«. Dass dies nur für fast jeden Punkt gelten soll, lässt aufhorchen. Gibt es also doch wenigstens eine Sache, über die man reden kann? Man wüsste es gerne, erfährt aber nichts dazu, denn der Kardinal nimmt den Konjunktiv ernst: Man müsste in fast in jedem Punkt widersprechen, er tut es aber nicht. Oder doch? Die Fortsetzung lautet:

Der Zölibat ‑ eine apostolische Tradition? (1)

In der öffentlichen Diskussion der letzten Wochen um Reformen in der katholischen Kirche stand seit dem Vorstoß führender CDU-Politiker die Frage des Zölibats im Vordergrund. Die ablehnende Reaktion Kardinal Brandmüllers hat unter anderem behauptet, es sei gesicherte Forschungsmeinung, dass der Zölibat eine apostolische Tradition sei. Für einen Neutestamentler ist das eine erstaunliche Einschätzung. Wenn von Werken der »Zölibatsforschung« gesprochen wird, die diese Einschätzung stützten, dürfte vor allem an das Buch von Stefan Heid gedacht sein: Zölibat in der frühen Kirche, Paderborn 1997; 3. Auflage 2003). Es lohnt also, den Argumentationsgang zu betrachten, der sich auf die neutestamentlichen Zeugnisse bezieht. Der erste Teil befasst sich mit der Jesus-Tradition. Das Beispiel Jesu Hat Jesus selbst ehelos gelebt? Die Frage ist umstritten, weil zum Familienstand Jesu nichts ausdrücklich überliefert ist. Es wird nirgends in der urchristlichen Tradition gesagt, Jesus sei verheirate

Who's who? (2) - Lösung

Biblische Personen in ungewohnter Beschreibung. Gesucht wurde eine männliche Gestalt aus dem Alten Testament.   Der verhinderte Bauherr neigte bisweilen zu extremen Handlungsweisen. Zum Selbstschutz spielte er den Verrückten, als Tänzer machte er sich lächerlich ‑ jedenfalls in seinem engsten Umfeld ... ( hier noch einmal der ganze Text ). Zur ausführlichen Lösung bitte weiterlesen.

Biblisches Ausmaß?

Man kann ins Grübeln kommen, wenn sich angesichts der furchtbaren Erdbeben-Katastrophe in Japan hierzulande der Blick auf wirtschaftliche Sieger und Verlierer richtet: »Windkraftanbieter profitieren, Versorger verlieren«, schreibt das Handelsblatt . Wahrscheinlich kann eine Wirtschaftszeitung auf solche Aspekte nicht verzichten. Sie benennt auch andere Profiteure, etwa den Nachrichtenkanal N24, der sich über ein gesteigertes Zuschauerinteresse in der werberelevanten Zielgruppe freuen kann. Vielleicht ist es kleinkariert, in diesem Zusammenhang einen sprachlichen Kollateralschaden zu beklagen, da doch viel Schlimmeres zu beklagen ist. Da wir es aber mit einem Fall von Begriffsverwirrung geradezu babylonischen Ausmaßes zu tun haben, lasse ich das Bedenken beiseite.  Der Chef des Nachrichtenkanals N24, Torsten Rossmann, sagte dem Handelsblatt zur Berichterstattung über die Folgen des Erdbebens in Japan in einer heute nicht seltenen Redewendung: »Es gibt ein unvorstellbares Zuschaueri

Das umstrittene Memorandum (3)

Anmerkungen zum »Memorandum 'plus' Freiheit«  Das » Memorandum 'plus' Freiheit « ist eine »Antwort von Studierenden und AbsolventInnen der kath. Theologie auf das Memorandum Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch «. Zur Zeit haben 51 Unterzeichner auf diese Weise ihre »Enttäuschung über das 'Memorandum' zum Ausdruck« gebracht. Ich will das Gespräch mit diesem »Gegenmemorandum« aufnehmen und auf die Antwort antworten. Was will ein Memorandum?  Zunächst scheint es mir sinnvoll, auf den Charakter eines öffentlich vorgelegten Memorandums hinzuweisen: Ein solcher Text ist kein theologischer Traktat. Zumindest die kritische Frage an das Theologen-Memorandum »Ist das Theologie heute?« ist deshalb klar zu verneinen. Über die Folgefrage »Ist das die Weise, wie Theologen und Theologinnen sich zu Wort melden sollen?« kann man diskutieren. Ich nehme an, dass einige Kollegen und Kolleginnen nicht unterzeichnet haben, weil sie diese Art des öffentlichen Diskurses kr

Who's who? (2) - Rätsel

Biblische Personen in ungewohnter Beschreibung. Heute eine männliche Gestalt aus dem Alten Testament. Der verhinderte Bauherr neigte bisweilen zu extremen Handlungsweisen. Zum Selbstschutz spielte er den Verrückten, als Tänzer machte er sich lächerlich ‑ jedenfalls in seinem engsten Umfeld. Zwar stieg er zu bedeutender Position auf, dies war ihm aber nicht in die Wiege gelegt, hatte es doch zunächst den Anschein, dass ihm eine musikalische Karriere bestimmt war (auch später hat man sich besonders an diese Begabung erinnert). Die Wende kam mit einem folgenreichen Zweikampf, zu dem der Gesuchte als krasser Außenseiter antrat und dann doch einen Überraschungssieg landete. Dass er mit dem Unterlegenen nicht zimperlich umgegangen ist, lässt sich als Vorverweis auf spätere Grobheiten verstehen. Er unternahm brutale Raubzüge und betätigte sich auch als Schutzgelderpresser, der Gewalttat nicht scheute, um ein Exempel zu statuieren. Das drohende Blutbad wurde verhindert durch die Klugheit eine

Das umstrittene Memorandum (2)

Anmerkungen zur »Petition Pro Ecclesia«   Die Ablehnung des Memorandums Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch hat sich in der Petition Pro Ecclesia eine Plattform geschaffen, auf der sich zur Zeit 11.000 Unterstützer versammelt haben. Die Petition ist eine klare Absage an eine Diskussion über die Punkte, die im Professoren-Memorandum benannt wurden. Das Memorandum als Bedrohung Diese Verweigerung des Dialogs ergibt sich für die Unterzeichner notwendig aus der Einschätzung der Lage: die Petition sieht im Memorandum offensichtlich »die Grundfeste der Kirche ... zur Disposition gestellt«. Deshalb ergeht die Bitte an die Bischöfe, sie mögen dafür sorgen, dass Forschung und Lehre an den Theologischen Fakultäten »im Einklang mit der Lehre der Kirche« erfolgen. Wer eine solche Bitte ausspricht, formuliert ein Ziel, das erst noch erreicht werden muss. Dasselbe gilt für das erbetene Signal, »dass ein Theologiestudium nur mit der Kirche – niemals gegen die Kirche – sinnvoll sein kann«. Aus d

Aufgespießt und zugespitzt

Zum folgenden fiktiven Text ist die Warnung vor den Nebenwirkungen zu beachten. Wenigstens ein kleiner Beitrag zur fünften Jahreszeit – wenn auch ohne Pappnase und Helau-Ruf.   Unglaubliches hat die Plattform Katholischer Katholiken (PKK) in die deutsche Öffentlichkeit gebracht: Mehrere angeblichen Werke des angeblich großen Theologen Karl Rahner wurden quasi von seiner Putzfrau verfasst! Einen ersten Hinweis entnahmen Journalisten, die für das Journal 144 Giorni (erscheint zweieinhalb Mal im Jahr) arbeiteten, der Monographie »Grundkurs des Glaubens«. Dieses Buch sei so schwer zu verstehen, dass nur ein völlig Ahnungsloser den Titel »Grundkurs« gewählt haben könne, erklärte Bob Woodward, der zusammen mit Carl Bernstein den Fall über mehrere Monate recherchierte. Die Nachforschungen hätten dann aber doch kompliziertere Sachverhalte ergeben.  Der anonym bleibenden Putzfrau (Deckname »Deep throat«) sei durch eine Unachtsamkeit das ganze Schmierpapier des Jesuiten in Unordnung ge

»Professorengesocks«: inkompetent – irrelevant – arrogant

Die Stimmungsmache von kath.net gegen die Unterzeichner des Memorandums Das Fachorgan für Beschimpfung der Theologen, die das Memorandum »Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch« unterzeichnet haben, schwört seine Leserschaft weiter gegen die »Memorandisti« ein. Nach den Pamphleten von Peter Seewald (s. dazu hier ) und Pater Wolfgang Ockenfels (s. dazu hier ) erschienen weitere Beiträge, mit denen in erster Linie Stimmung gemacht werden sollte. Die drei Stichworte in der Überschrift bringen die jeweilige Stoßrichtung auf den Punkt: Diese Professoren sind inkompetent (Michael Schäfer: Die 'Memorandisti' und die Theologie ), sie sind irrelevant (Manfred Lütz: Theologieprofessoren sind völlig irrelevant , hier also direkt in der Überschrift), sie sind arrogant (George Weigel: Die 'Chuzpe' der deutschen Theologen ; Original hier ). Wie gut die Strategie auf die Leserschaft abgestimmt ist, zeigt sich in den Kommentaren, denen auch der Hoheitstitel in der Überschrift, »Pro

Friede unsrer Asche?

Da sich Exegeten intensiv mit Texten befassen, stoßen sie sich bisweilen an sprachlichen Stolpersteinen, über die andere leichtfüßig hinwegschreiten. Das Leben wird dadurch nicht einfacher, wird man doch von der Mitwelt nicht selten als jemand angesehen, der Klugheit auf dem Verdauungsweg produziert (das sollte jetzt eine vornehme Umschreibung für ein derbes Wort sein, das ich manchmal zu hören bekomme). Ich selber wäre froh, wenn ich so leicht zu diesem Ziel käme. Der KNA- Newsticker meldet heute Alarmierendes: »Die Mehrheit der Deutschen wird eingeäschert«! Da bekommt der vielzitierte Titel des Buches, dessen Autor mir gerade entfallen ist, einen ganz neuen Sinn: »Deutschland schafft sich ab«. Undeutlich wird im Passiv formuliert (»wird eingeäschert«), doch die Frage ist dringlich: Wer steht hinter dieser ungewöhnlichen Aktion? Wer trennt zwischen der einzuäschernden Mehrheit und der überlebenden Minderheit? Was kann man unternehmen, um der Einäscherung zu entgehen?  Während i