Biblisches Ausmaß?
Man kann ins Grübeln kommen, wenn sich angesichts der furchtbaren Erdbeben-Katastrophe in Japan hierzulande der Blick auf wirtschaftliche Sieger und Verlierer richtet: »Windkraftanbieter profitieren, Versorger verlieren«, schreibt das Handelsblatt. Wahrscheinlich kann eine Wirtschaftszeitung auf solche Aspekte nicht verzichten. Sie benennt auch andere Profiteure, etwa den Nachrichtenkanal N24, der sich über ein gesteigertes Zuschauerinteresse in der werberelevanten Zielgruppe freuen kann. Vielleicht ist es kleinkariert, in diesem Zusammenhang einen sprachlichen Kollateralschaden zu beklagen, da doch viel Schlimmeres zu beklagen ist. Da wir es aber mit einem Fall von Begriffsverwirrung geradezu babylonischen Ausmaßes zu tun haben, lasse ich das Bedenken beiseite.
Was aber ist ein »biblisches Ausmaß«? Nicht gemeint ist offensichtlich die Textmenge, die von den biblischen Büchern gebildet wird. Auch dürfte nicht auf solche Stellen angespielt sein, an denen vom »Maß« die Rede ist, etwa Mt 7,2: »Mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird euch zugemessen werden«. Sollte »biblisch« dann einfach unbestimmt superlativisch gebraucht sein: Was »biblisch« ist, kann nicht mehr gesteigert werden? »Eh, Alter, echt biblisch!« Eher unwahrscheinlich.
Zugrunde liegt wohl die Vorstellung, die schlimmsten Katastrophen seien in der Bibel geschildert. Die Bibel hat aber weder einen Monopolanspruch auf »apokalyptische Katastrophen«, noch zeichnet sie sich durch besonders ausgestaltete Katastrophenszenarien aus; diese sind auch nicht für sie insgesamt typisch (die Paulusbriefe etwa kennen sie gar nicht). Wer vom »biblischen Ausmaß« spricht, wird vermutlich nicht auf ein biblisches Ausmaß seiner Bibellektüre verweisen wollen.
Der Chef des Nachrichtenkanals N24, Torsten Rossmann, sagte dem Handelsblatt zur Berichterstattung über die Folgen des Erdbebens in Japan in einer heute nicht seltenen Redewendung:
»Es gibt ein unvorstellbares Zuschauerinteresse an dieser Apokalypse biblischen Ausmaßes.« (hier)
An die Rede von der »Katastrophe apokalyptischen Ausmaßes« hat man sich ja in der Zwischenzeit gewöhnt. Vielleicht kann man dennoch daran erinnern, was »Apokalypse« eigentlich heißt: Offenbarung, Enthüllung. Der Begriff wird in der Bibelwissenschaft verwendet, um Werke zu bezeichnen, die (meist in Visionen mitgeteilte) Offenbarung über das nahe Weltende enthalten. Da ein Element dieser Zukunftsschau die Vorhersage von Katastrophen ist, hat sich die Bedeutung von »Apokalypse« und »apokalyptisch« mit der Zeit verschoben. Diese Worte kennzeichnen nun selbst das Unheilvolle, Katastrophale oder das unvorstellbare Ausmaß, das Katastrophen annehmen können. Gut, daran hat man sich, wie gesagt, gewöhnt.
Was aber ist ein »biblisches Ausmaß«? Nicht gemeint ist offensichtlich die Textmenge, die von den biblischen Büchern gebildet wird. Auch dürfte nicht auf solche Stellen angespielt sein, an denen vom »Maß« die Rede ist, etwa Mt 7,2: »Mit dem Maß, mit dem ihr messt, wird euch zugemessen werden«. Sollte »biblisch« dann einfach unbestimmt superlativisch gebraucht sein: Was »biblisch« ist, kann nicht mehr gesteigert werden? »Eh, Alter, echt biblisch!« Eher unwahrscheinlich.
Zugrunde liegt wohl die Vorstellung, die schlimmsten Katastrophen seien in der Bibel geschildert. Die Bibel hat aber weder einen Monopolanspruch auf »apokalyptische Katastrophen«, noch zeichnet sie sich durch besonders ausgestaltete Katastrophenszenarien aus; diese sind auch nicht für sie insgesamt typisch (die Paulusbriefe etwa kennen sie gar nicht). Wer vom »biblischen Ausmaß« spricht, wird vermutlich nicht auf ein biblisches Ausmaß seiner Bibellektüre verweisen wollen.
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