Kardinäle im Streit um den Papst

Gegenwärtig entsteht nicht der Eindruck, dass man an der Kurie die Harmoniebekundungen übertreibt. Kurienkardinal Raymond Burke hat seinen (emeritierten) Kollegen Walter Kasper in einer Telefonkonferenz mit mehreren Reportern kritisiert, weil der beanspruche, für den Papst zu sprechen (s. hier). Hintergrund sind Äußerungen Kaspers, der Papst unterstütze seine Bemühungen, wiederverheiratete Geschiedene wieder ganz in das kirchliche Leben zu integrieren; wer seine  Vorschläge kritisiere, kritisere auch den Papst. Burke kommentiert dies mit den Worten: »Der Papst hat keine Kehlkopfentzündung. Der Papst ist nicht stumm. Er kann für sich selbst sprechen«.

Der Neutestamentler freut sich über das intertextuelle Spiel mit Joh 9,21, fragt sich aber, wie die  Anspielung auf den Blindgeborenen zu verstehen ist. Hier gibt es, nicht untypisch für das Phänomen der Intertextualität, verschiedene Rezeptionsmöglichkeiten, die an dieser Stelle nicht weiter verfolgt werden können.

Hier interessiert etwas anderes. In demselben Gespräch sagte Burke, Franziskus könne die gegenwärtige Lehre nicht ändern, denn er und alle Bischöfe seien »an den Gehorsam der Wahrheit gegenüber gebunden«. Wieder zeigt sich, dass der Begriff der Lehre vor allem dann fällt, wenn die Unveränderlichkeit ins Spiel gebracht werden soll (s. dazu auch hier). Während das nicht überrascht, kann man sich über die gerade geschlagene Volte in diesem Gespräch nur wundern: Den Anspruch eines Kardinals, seine Worte mit denen des Papstes gleichzusetzen, als »unverschämt« (outrageous) zu bezeichnen, aber selbst festzulegen, was der Papst keinesfalls sagen dürfe, das klingt schon so, als habe sich einer ins Glashaus zurückgezogen, um dann mit Steinen zu werfen.

So ganz scheint sich auch Kardinal Burke nicht darauf verlassen zu wollen, dass der Papst für sich selbst sprechen könne.

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