Sonntagsevangelium (2)

Zweiter Adventssonntag (B): Mk 1,1-8

Markus beginnt sein Werk mit Johannes dem Täufer, dem »Anfang des Evangeliums von Jesus Christus« (1,1). Zu­nächst wird mit Rückgriff auf die Schrift die Bedeutung des Täufers als Wegbe­reiter des Herrn geklärt (1,2f). Anders als in Vers 2 angekündigt, bietet Markus nicht nur ein Zitat aus dem Jesaja-Buch, sondern schaltet ihm noch ein Mischzitat aus Ex 23,20 und Mal 3,1 vor. Während im folgenden alttestamentlichen Bezugstext Jes 40,3 mit dem »Herrn« JHWH gemeint ist, bezieht Markus auf der Linie urchristlicher Verkündigung den Titel auf Christus. Für die frühen Christen war es wichtig, die Gestalt des Täufers in die Christusbotschaft zu integrieren. Dies geschah auch durch Neuinterpretation von Schrifttexten.

Im Anschluss schildert der Evangelist das Auf­treten des Johannes in der Wüste. Dadurch wird der end­zeitliche Charakter des Täuferwirkens deutlich. Die Wüste galt in der jüdischen Tradition als Ort des endzeitlichen Neubeginns. Es gab die Erwartung, dass sich die Wunder aus der Zeit der Wüstenwanderung Israels (nach dem Auszug aus Ägypten) wiederholen, wenn Gott Israel rettet. Jene Ver­gangenheit wurde verstanden als ideale Zeit, in der Gott bei seinem Volk war und sich ihm offenbarte. Die­ser Zu­stand wurde für die Endzeit wieder erwartet. »Wüste« ist deshalb nicht nur ei­ne Ortsangabe, sondern zugleich ein Hinweis auf die Bedeu­tung der Botschaft des Johannes: Es geht um Gericht und Heil für Israel. 

Die Deutung der Notizen über Nahrung und Klei­dung (1,6) ist umstritten. Das Gewand aus Kamelhaaren und der lederne Gürtel könnten Johannes als Propheten ausweisen, näherhin auch als den wiederkehrenden Elija (s. 2Kön 1,8). In Verbindung mit dem Hinweis auf die Nahrung (Heuschrecken und wilder Honig) könnte auch die bedürfnislose Lebensweise des Täufers akzentuiert sein. Denkbar ist aber auch ein Zusammenhang mit dem Wüstenmotiv: Johannes kleidet sich wie ein Wüstenbewohner und nährt sich von dem, was die Wüste ihm bietet. So könnte seine Lebensweise auch den endzeitlichen Charakter seiner Botschaft unterstreichen.

Kommentare

Volker Schnitzler hat gesagt…
"So hat das jüdische Volk durch seine Herkunft nichts vor anderen Völkern voraus, wenn jetzt der Tag des Zornes anbricht; alle Menschen stehen dann, weil sie staubgeboren sind, in der unendlichen Ferne von Gott. Dieser Gedanke ist in der Tat im jüdischen Glauben eine fast unerhörte Neuerung, weil er an die geheiligten Grundlagen des Volkes rührt." So kommentiert Ernst Lohmeyer Lk 3,7b–9. Sicherlich richtet der Täufer diese Botschaft an das auserwählte Volk, aber auch hier wird indirekt darüber hinaus verwiesen, wenn es heißt, dass Gott aus Steinen Nachkommen Abrahams erschaffen kann. Und in diese Schule geht Jesus nach dem Zeugnis der Synoptiker. Kein Wunder, dass beide den gewaltsamen Tod erleiden. Ihre Botschaft ist eine unglaubliche Provokation.

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