»Aber von dem hier wissen wir, woher er stammt« (Joh 7,27)

In die Jubelarien zur Ernennung von Bischof Gerhard Ludwig Müller zum Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre mischen sich nicht nur kakophonische Trillerpfeifen aus dem Lager der Piusbrüder. Auch weniger extreme Kreise wechseln zumindest für einige Takte in die Moll-Tonart. Denn die Biographie des Neuernannten weist ein Kennzeichen auf, das manche als Makel deuten: Er ist Schüler von Karl Lehmann. Da dies in der Leserschaft von kath.net geradezu als Charakterfehler gewertet werden kann (s. Marcus; Dismas; jean-louis) sieht sich Armin Schwibach zu einer Verteidigung veranlasst, die zumindest das Potential hat, als weiterer Tritt ans Schienbein des Kardinals verstanden zu werden: 


»Dass Müller beim Rahner-Schüler und Bischof von Mainz Karl Kardinal Lehmann zunächst promoviert und sich dann habilitiert hat, spricht angesichts seiner Geschichte als Theologe und Dogmatiker nicht gegen diese Sicht, sondern für sie, da auf diese Weise ein philosophisch-theologisches Spektrum – fest verankert im Boden der Lehre der Kirche – programmiert ist, das die Umsetzung und Vermittlung der Lehre Benedikts XVI. zu fördern und als wahre Seelsorge zu verwirklichen vermag.«
An diesem Satz dürfte der Autor eine Weile gedrechselt haben, damit er die Balance hält zwischen dem Lobpreis Müllers auf der einen und undeutlich bleibender Kritik an Kardinal Lehmann auf der anderen Seite. Die Sicht, gegen die die akademische Herkunft Müllers nicht spreche, umschreibt der Autor so, »dass der Papst an der geistlichen und theologischen Schaltstelle der Weltkirche einen Mann absoluten Vertrauens wollte, der seinen theologischen Blick auf die Realität des Glaubens kennt, sich in ihm bewegt und ihn in kreativer Weise umsetzt.« Schon allein die Tatsache, dass Promotion und Habilitation bei Karl Lehmann als potentielles Argument gegen eine solche Einschätzung Müllers erscheinen, spricht Bände: Man hat Sorge, dass der aufgelegte Weihrauch den Stallgeruch nicht ganz vertreibt.

Eine eigene, wenngleich sehr gemischte Duftmarke setzt die Ergänzung, die jene Sorge dann doch als gegenstandslos erweisen soll: »angesichts seiner Geschichte als Theologe und Dogmatiker« erweist sich Müller als jener Mann päpstlichen Vertrauens. Es ist schwer der Bemerkung einen genauen Sinn abzugewinnen, da jene »Geschichte als Theologe und Dogmatiker« nicht näher erläutert wird, es sei denn durch den verschwurbelten Satz, es sei »auf diese Weise ein philosophisch-theologisches Spektrum programmiert« worden, »das die Umsetzung und Vermittlung der Lehre Benedikts XVI. zu fördern und als wahre Seelsorge zu verwirklichen vermag.« Was das alles genau heißt, wie man ein Spektrum programmiert und die Lehre Benedikts als wahre Seelsorge verwirklicht – das darf man wohl kaum mit Hoffnung auf Antwort fragen. Vielleicht ist das ja richtig raffiniert formuliert: Wer will, kann aus dem Satz herauslesen, dass auch die Herkunft vom »Rahner-Schüler Lehmann« eine positive Bedeutung für das künftige Wirken Müllers hat. Wer das nicht will, kann es auch bleiben lassen und den Eindruck mitnehmen, Müller habe seine besondere Eignung für das neue Amt dadurch bewiesen, dass er sich in
»seiner Geschichte als Theologe und Dogmatiker« sogar gegen die theologische Prägung durch seine Herkunft durchgesetzt hat.


Für jemanden, der wenigstens noch in seinem Grundstudium beim Dogmatiker Karl Lehmann Vorlesungen gehört hat, ist es ganz unbegreiflich, wie man dessen Kirchlichkeit in Zweifel ziehen kann. Dass man einen Schüler eines Rahner-Schülers wegen dieser Herkunft in Schutz nehmen zu müssen meint, empfinde ich als absurd, geradezu als Traditionsbruch. Man kann fast den Eindruck gewinnen, der Ultramontanismus des 19. Jahrhunderts solle heute als Wesensmerkmal des Katholischen gelten und jeder, der nicht allmorgendlich eine päpstliche Bulle auf dem Frühstückstisch liegen haben will, als antirömisch eingestuft werden. 


Schiefe Metaphern?


Vielleicht wäre es möglich, eine ähnliche Sorgfalt wie auf die Entlarvung antirömischer Umtriebe auf geglückte Metaphernwahl zu verwenden. Einerseits zeigt sich Müller »in besonderer Weise dazu befähigt und berufen, Petrus (und damit die Kirche, die auf diesem Fels errichtet ist) gegen die 'Mächte der Unterwelt', gegen die zerstörerische Macht des Bösen zu verteidigen«. Angesichts eines solchen Pathos überrascht dann doch die Überschrift, die Erzbischof Müller als »Mosaikstein auf dem Weg der Erneuerung« bezeichnet. Ein Mosaikstein? Das sind sehr kleine Steine, die auf einem Weg gewöhnlich nicht verwendet werden. Hat Erzbischof Müller also in der Sicht von kath.net doch keine nennenswerte Bedeutung für die Erneuerung der Kirche?

Der Autor des Beitrags sieht den neuen Präfekten der Glaubenskongration als »Gebtriebe im Motor der Neuevangelisierung«. Getriebe sind »Einrichtungen zum Umformen oder Übertragen von Bewegungen und in diesem Zusammenhang auch von Energien« (s. hier). Kann das als Bild für Müllers neue Aufgabe dienen? Was muss an der Neuevangelisierung umgeformt werden; funktioniert sie nicht, ohne dass sie der Präfekt der Glaubenskongregation überträgt? Immerhin kann ein Getriebe auch auf Leerlauf geschaltet werden, dann geht nichts mehr voran. Dass diese beiden Metaphern auf raffinierte Weise einen Vorbehalt gegen den neuen Präfekten der Glaubenskongregation ausdrücken sollen, kann man sich nicht so recht vorstellen. Subtilität ist gewöhnlich keine Disziplin, in der sich kath.net besonders auszeichnet.


Im Glashaus 


Besser beherrscht man den Steinwurf aus dem Glashaus. In einem offenen Brief an den Intendanten des ZDF 
analysiert Andreas Püttmann einen kurzen Fernsehbeitrag und beklagt die Agitation gegen Bischof Müller. Ich halte die vorgetragene Kritik im Grundsatz nicht für falsch; aber dass die Empörung über einseitige, tendenziöse Berichterstattung ausgerechnet auf kath.net erscheint, hat etwas Bizarres. Einer der Kritikpunkte zur Darstellung Müllers lautet:
»Dabei darf selbstverständlich auch das Attribut 'umstritten' nicht fehlen.«
Einen Tag nach der Veröffentlichung von Püttmanns offenem Brief wird dasselbe Etikett auf Stefan Wahl gepappt und das ist wahrlich kein Einzelfall. Und wer das Prädikat »antirömisch« verteilt, als handelte es sich dabei um eine sinnlich wahrnehmbare Eigenschaft, könnte sich, was die Methoden betrifft, in der »Agitation« jenes ZDF-Beitrags wiedererkennen. Aber wie man aussieht, weiß man selbst meist nicht so genau.

Kommentare

Andreas Metge hat gesagt…
Mag sein, dass wir wissen, woher er kommt. Aber wissen wir, wohin er will? Führen will?

"GloriaTV" schreibt heute: "Er selbst sei «nie der Mann irgendeines Flügels», sondern «immer nur katholisch» gewesen. Ein Ansatz, der zur Spaltung in modernistisch oder konservativ «oder was auch immer» führe, sei «eigentlich von vornherein falsch»." (http://de.gloria.tv/?media=310074).

Gut zu wissen: ER ist per Selbst-Definition katholisch. Andere (wer denn konkret? Hier schweigt des Sängers Höflichkeit) sind "von vornherein falsch"!

Zum Erbrechen simpel, diese Weltaufteilung. Aber wohl die Wirklichkeit des Mannes an der Spitze der Glaubenskongregation im engen Schulterschluss zum Papst.

"Gerhard, mir graut vor dir" hätte ich beinahe geschrieben. Das tue ich aber nicht.

Morgengrauen der Kirche?
Andreas Metge hat gesagt…
Ach ja, noch dies: ich kenne keinen Katholiken/ keine Katholikin, der/ die sich nicht selbst als katholisch bezeichnen würde. Und der/ die keine Vorstellung hätte, wer "modernistisch oder konservativ oder was auch immer" bezeichnet werden könnte.

Das hilft also nicht wirklich weiter, Herr Erzbischof!
Anonym hat gesagt…
Kath.net und Herr Schwibach müssen Sie ja sehr beschäftigen.
Da die biblische Exegese weder in der kirchlichen noch in der öffentlichen Diskussion kaum noch eine Rolle spielt, müssen kompensatorische Arbeiten vorgenommen werden. Kann sein, dass da jemand seinen Bedeutungsverlust erträglich machen will, indem er die Netzseiten sprachlich analysiert, die im katholischen Milieu und darüber hinaus Beachtung finden? Wenn's hilft, hat Herr Schwibach ja doch was Gutes getan.
Andreas Metge hat gesagt…
Na, Frau Anonym, das finde ich gut, wenn die Disziplinen der Theologie nicht nur im Elfenbeinturm agieren, sondern hier und da praktische Relevanz zeigen!
Und auf diesen Seiten wendet Prof. Häfner exegetische Methoden pointiert und bisweilen mit satirischen Anleihen - auf diverse Themen an. Danke dafür!
Anonym hat gesagt…
@ Andreas Metge

Ja, Herr Metge, vielleicht haben Sie recht.
Der Ungläubige will die biblischen Texte nur zerstören, der moderne Exeget entweiht sie jedoch.
In dieser Hinsicht ist es tatsächlich segensreicher, wenn der Exeget seine philologischen Kenntnisse verwendet, um sich an zweitklassigen Texten aus kath.net abzuarbeiten. Insofern möchte man einem Herrn Schwibach dankbar sein, dass er dem Totero gleich das rote Tuch schwenkt, bevor der Stier seine Hörner unser lebendiges Fleisch bohrt.
Gerd Häfner hat gesagt…
@Anonym, Dipl.-Psych., Dr. vet.med.

Da hat mir aber jemand den Spiegel vorgehalten: Kompensation von Bedeutungsverlust treibt mich an; als aggressiver Stier muss ich meine Hörner irgendwo hineinbohren, und es ist gut, wenn man mich dabei auf Nebenziele ablenkt.

Das Problem ist: Ich lasse mich gar nicht von irgendwelchen Toreros ablenken, sondern gehe trotzdem auf die Bibeltexte los. Und meine Erfahrung zeigt mir, dass die Texte das aushalten; es spritzt auch kein Blut, weil Hörner in lebendiges Fleisch gestoßen würden. Ihr Bild der Exegese scheint nicht übertrieben differenziert zu sein.
Anonym hat gesagt…
@Häffner

Ja, es stimmt: Mein Bild der Exegese ist nicht übertrieben differenziert. Doch diesen Anspruch habe ich auch gar nicht: denn ich erkenne nicht, wozu ich eine "Wissenschaft" bräuchte, die in der Kreuzigung zuletzt einen bedauerlichen Justizirrtum sieht.
Hierin gibt es für mich so wenig zu finden wie in der Beschäftigung mit Kirchenpolitik. Warum? Weil der Katholik, den das Geschick der Kirche mit Sorge erfüllt, aufgehört hat, Katholik zu sein.
Gerd Häfner hat gesagt…
@Anonym

Mit der zurückhaltenden Formulierung wollte ich andeuten, dass Ihre Sicht die Exegese verzerrt. Und Ihre Replik bestätigt das: Exegese als "Wissenschaft", "die in der Kreuzigung zuletzt einen bedauerlichen Justizirrtum sieht" ist die seltsamste Umschreibung des Faches, die mir bislang begegnet ist. Woher haben Sie denn das?
Anonym hat gesagt…
@häfner

Herr Häfner, bitte gaukeln Sie keine Naivität vor, wo sie fehl am Platze ist. Natürlich habe ich keine Definition der Exegese vornehmen wollen. Vielmehr geht es darum, den Kern des historisch-kritischen, verwissenschaftlichenden Umgangs mit Glaubensdokumenten zu pointieren.
So ziehe ich den wundertätigen und zugleich erlösenden Wundertäter der Evanglelien vor. Dieser schon immer skandalös empfundene Gottessohn steht mir näher als der Verkünder sozialer Gerechtigkeitstheorien, den die moderne Theologie ersonnen hat.
Schließlich ist der aus der modernen, exegetisch inspirierten Theologie hervorgegangene (Links-)Katholizismus nichts anderes als der Versuch, Thesen zu taufen, die sich nicht bekehrt haben.
Gerd Häfner hat gesagt…
Das Problem ist, dass Ihre "Pointierungen des Kerns" die Sache nicht treffen. Wer meint, einen solchen Kern mit dem Bezug auf die Sicht des Todes Jesu als Justizirrtum zu erfassen, kennt die Exegese nicht. Dasselbe gilt für die Rede von Jesus als dem "Verkünder sozialer Gerechtigkeitstheorien", die Sie ja offensichtlich der Exegese zuordnen.

Sie ziehen "den wundertätigen und zugleich erlösenden Wundertäter der Evangelien" vor. Dagegen sagt niemand etwas; man muss nicht Exegese betreiben, um zu glauben. Aber der Verzicht auf sie sollte nicht dazu führen, einem Gerücht von Exegese aufzusitzen.
Anonym hat gesagt…
Sie sollten meine Beurteilung der Exegese nicht vorschnell abtun.
Es mag ja sein, dass es interessant und intellektuell bereichernd ist, einen biblischen Text zu analysieren, die Redaktiongeschichte zu hinterfragen und die Begriffsgeschichte eines zentralen Worts zu untersuchen. Gleiches gilt jedoch ebenso für die Arbeit mit babylonischen oder ägyptischen Textfragmenten.
Was hat das alles mit dem Glauben zu tun? Ist das im Winkel einer Kirche seine Gebete murmelnde alte Weib nicht ebenso nah, wenn nicht näher an dem Geheimnis der Texte als jeder textkritisch ausgerüstete Theologe? Der Gläubige will den Text glauben, der Exeget will ihn verstehen und hinterfragen. Doch verstehen und hinterfragen ist der Anfang allen Nutzbarmachens.
So werden die Ergebnisse der Exegese nicht selten genutzt, Forderungen aus eher weltlich anmutenden Gebieten geltend zu machen - bis hin zur Forderung, dass sich die Kirche doch der Welt öffnen müsse. Ist der heilige Text zu einem von vielen Texten verkommen, lässt sich alles mit ihm fordern. Deswegen sollten wir diese Art von Theologie nicht allzu ernst nehmen, denn dann stiftet der ganze religionsgeschichtlliche Kompost, auf dem das Christentum gediehen ist, nicht allzu viel Verwirrung.
Entscheidend muss immer sein, dass Christus, als er starb, keine Dokumente - auch keine biblischen - hinterlassen hat. Sondern Jünger!
Gerd Häfner hat gesagt…
Was heißt es, dass der Gläubige »den Text glauben« will? Heißt es anzunehmen, dass das vom Text Erzählte so geschehen ist? Heißt es, den im Text erkennbaren und hinter ihm stehenden Glauben mitvollziehen? Das Erste würde sich vor allem auf die Erzählwerke richten, die aber so viele und gravierende Unterschiede aufweisen, dass ihre Wahrheit nicht einfach auf der Geschehensebene liegen kann. Man mag sagen: »Das interessiert mich nicht, ich glaube trotzdem, dass alles so geschehen ist, wie es die Evangelien erzählen.« Aber das geht nur als persönliche Einstellung. Man kann nicht die Suche nach einem anderen als dem historischen Sinn für sinnlos oder unangemessen erklären. Die zweite oben angefragte Möglichkeit bildet überhaupt keinen Gegensatz zu dem, was Exegese tut.

Das Hinterfragen der biblischen Texte sehe ich nicht als deren Aufgabe an, wohl aber das Verstehen. Wozu sind uns diese Texte gegeben, wenn wir sie nicht verstehen sollen? Dass wir alle verfügbaren Kräfte einsetzen, um das Verstehen zu erreichen, ist auch keine neumodische Idee, sondern alte Tradition. Wohl ändern sich die Methoden, weil sich die Bedingungen des Verstehens ändern, die Bemühung um das Verstehen der Texte aber bleibt. Dass wir heute die Texte aus ihrer geschichtlichen Einbindung heraus deuten, hängt mit dem Aufkommen geschichtlichen Denkens zusammen und gehört zur Aufgabe der Theologie, den Glauben denkerisch zu verantworten.

Die Einschätzung, Ergebnisse der Exegese würden »nicht selten genutzt, Forderungen aus eher weltlich anmutenden Gebieten geltend zu machen - bis hin zur Forderung, dass sich die Kirche doch der Welt öffnen müsse«, geht davon aus, dass es gar nicht auf der Sinnlinie der Texte liegen könne, was da »gefordert« wird; dass die exegetischen Ergebnisse missbraucht würden und die Intention die Anpassung an die Welt sei. Das steht aber nicht von vornherein fest.

Sicher hat Jesus keine Dokumente hinterlassen, aber die Kirche hat eine Heilige Schrift, und deren Verstehen kann nicht nebensächlich sein.
Anonym hat gesagt…
Sicherlich kann das Verstehen der Heiligen Schrift nicht nebensächlich sein. Daher bedeutet "die Schrift glauben" nicht, das Denken zu unterbinden - da wir dann - wie Sie sagen - vor sich widersprechenden Aussagen der Schift stehen. Eine Repristinationstheologie kann insofern keine Lösung sein.
Und doch ist das funktionale und das historische Denken nicht das Denken, das zum Glauben führt.
Die Exegese entwickelte sich, das ist ganz richtig, mit dem aufkommenden geschichtlichen Zugang zur Wirklichkeit. Doch zeitgleich entwickelte sich auch der funktionalistisch-empiristische, die Natur unterwerfende Zugang zur Wirklichkeit. Zur gleichen Zeit, in der die Empirie sich anschickte, Natur und Mensch zu entschlüsseln, um sie sich zu verfügbar zu machen, schickte sich die entstehende Exegese an, die biblischen Texte in den Strom der menschengemachten Geschichte zu werfen. So wie die Natur entmystifiziert wurde, wurde auch die Bibel entmystifiziert und jeder konnte in Christus das sehen, was gerade - geschichtlich bedingt - notwendig zu sein schien.
Empirie und Historie mögen zu vielem taugen, aber sie taugen nicht dazu, das, was die Immanenz per definitionem übersteigen will, verstehbar zu machen.
Wenn die Mystik verschwindet, haben wir auf den Türmen nicht mehr das Kreuz, sondern die Mobilfunksender. Aber vielleicht muss es so sein; schließlich gehört zum Kernbestand des Christentums das Wissen um sein geschichtliches Scheitern.
Gerd Häfner hat gesagt…
Ich würde auch nicht behaupten, dass das historische Denken oder historisch-kritische Auslegung zum Glauben führt. Methodisch sieht eine solche Auslegung vom Glauben ab, ihre Aufgabe bestimmt sich im Rahmen der Aufgabe der Theologie: sie gehört zur rationalen Verantwortung des Glaubens, die die Theologie unter wechselnden geschichtlichen Bedingungen leisten muss. Sie setzt also den Glauben voraus und denkt ihm nach, »schafft« ihn aber nicht. Historisch-kritische Auslegung hat auch keinen Alleinvertretungsanspruch auf die Lektüre biblischer Texte. Es gibt verschiedene Zugänge, persönlich-spontane Lektüre, Lektüre in Gruppen, dramatische Gestaltung u.a.m. Das alles hat sein Recht.

Allerdings meine ich, dass historisch-kritische Auslegung durchaus Bedeutung haben kann, wenn Schwierigkeiten bei der Lektüre auftauchen. Als Texte aus einer anderen Zeit und Kultur, einer anderen Sprach- und Vorstellungswelt können uns biblische Texte fremd sein. Da historisch-kritische Auslegung diese Fremdheit ernst nimmt - sie setzt ja an der Einbindung der Texte in die vergangene geschichtliche Situation an -, kann sie Verstehenshilfen bieten. Und sie hat eine Funktion, wenn mit Bezug auf biblische Texte argumentiert wird, diese Texte also zur Begründung heute vertretener Positionen herangezogen werden.

Es geht nicht um »Entmystifizierung«; zum Glauben gehört mehr, als man mithilfe historisch-kritischer Exegese sagen kann. Aber sie hat ihre Aufgabe, »und die soll ihr nicht genommen werden« (das war jetzt ein ganz unwissenschaftlicher Bezug auf Lk 10,42).
Andreas Metge hat gesagt…
Oups!
Ich habe diesen spannenden Dialog verfolgt und habe noch einmal an den Beginn zurück gescrollt: Da hatte ich mir erlaubt, die zu stark vereinfachende Weltaufteilung des Präfekten der Glaubenskongregation anzusprechen.

Ich finde diese Simplifizierung und Stigmatisierung auch in den Beiträgen von "anonym" wieder.

Auch sehe ich nicht, dass sie für irgendetwas hilfreich sind außer evtl. den "eigenen Stall" sauber zu halten...
Anonym hat gesagt…
"Historisch-kritische Auslegung kann hilfreich sein, wenn Schwierigkeiten bei der Lektüre auftauchen", schreiben Sie. Da will ich Ihnen nicht widersprechen. Ebenso schreiben Sie, dass Exegese Verstehenshilfen bieten KANN. Auch hier widerspreche ich Ihnen nicht.
Wir werden allerdings keine Einigung finden, wenn es darum geht, alternative Wege zur historisch-kritischen Methode zu bewerten.
Schwierigkeiten bei der Lektüre, Verstehenshilfen, und so fort - ja, das mag alles sein, doch in dem Moment, in dem ich diese Texte aus der objektivierenden Sicht eines Philologen - und nichts anderes ist der Exeget in der Wahl seines Handwerkzeugs - betrachte, verlieren sie den "Sitz im Leben" (um einmal einen Terminus Ihrer Profession aufzugreifen), den religiöse Texte essentiell beansprucheen. Um es ganz salopp zu sagen: Für einen Text, der bis in die kleinsten Kapillaren hinein verstanden ist, würde kein Märtyrer mehr sein Leben geben. Heilige Texte leben von der Aura ihres Mythos. Dabei ist es gleich, ob ich die Hintergünde dieses Mythos verstehe, es ist sogar gleich, ob dieser Mythos geschichtlich wahr ist - entscheidend ist, dass sich die Aussage dieses Mythos in meinem Herzen verwirklichen kann. Und das wird sie kaum können, wenn der Mythos seziert wird.
Letzten Endes nämlich ist Gott ein Landbewohner, der die Menschen nur bis zu den Toren der Städte begleitet, in denen die Akademien stehen!
Gerd Häfner hat gesagt…
Sterben Märtyrer für einen Text oder für die Wirklichkeit, die von den Texten bezeugt wird? Ich bilde mir nicht ein, die Texte »bis in die kleinsten Kapillaren hinein« zu verstehen; und ich betrachte die methodisch gewiss notwendige Distanz zum Text auch nicht als Sezieren, sondern als Ausdruck der Ehrfurcht vor dem Text: Er ist die Bemühung wert, eine Bemühung, die ihn vor Vereinnahmung schützen kann. Könnte er seine Wirkung nur entfalten, wenn er vor einer genauen Untersuchung bewahrt wird, hieße das: man traut ihm nicht zu, der Begegnung mit dem menschlichen Geist standzuhalten. Dass sich »die Aussage dieses Mythos in meinem Herzen verwirklichen kann« (es müsste nach christlichem Verständnis allerdings schon etwas mehr sein als ein Mythos), wird durch Exegese nicht grundsätzlich verhindert. Mit Aphorismen darüber, wo Gott nicht gegenwärtig ist, bin ich etwas zurückhaltender. Warum sollte Gott die Menschen nur bis an die Tore der Städte begleiten, in denen die Akademien stehen?
Anonym hat gesagt…
Dass ausgerechnet ein Vertreter der Exegese dem Begriff des Mythos so kritisch gegenübersteht, verwundert mich. Wenn Sie die "Himmelfahrt Christi" mit den Methoden des Historikers untersuchen, wird das, was am Ende herauskommt, mit dem Begriff des Mythos recht gut zu fassen sein. Oder sieht der Exeget vielleicht doch in zahlreichen biblischen Texten weniger einen Mythos, als eher das Ergebnis voraufgeklärter Legendenbildung?
Schließlich ist es und war es schon immer Anspruch des Mythos, nicht nur erdacht, sondern in der transportierten Aussage wahr zu sein. Und ja, gerade für diese Wirklichkeit stirbt man. Von der Literarkritik, Redaktionsgeschichte oder Formgeschichte hingegen füllen sich nicht die Brunnen, aus denen sich der Glaube tränkt. Wer sollte dafür sein Leben geben?
Kurzum: Glaube und Rationalismus sind Antagonismen. Wenn der Rationalismus das bestimmende Paradigma einer Gesellschaft wird, geht der Glaube zugrunde; spätestens dann, wenn sich selbst die Funktionäre des Glaubens der Mittel des Rationalismus bedienen, steht die geisltiche Eiszeit bevor.
Deswegen zeigt auch ein Blick in die Städte unserer industrialisierten Welt, dass hier andere Werte gelten als alles, was unseren Heiligen einst heilig war.
Was bleibt? Die Moderne ist geprägt von religiösem Indifferentismus auf der einen Seite und historistsch-empiristischem Absolutismus auf der anderen Seite;katholische Orthodoxie besteht in dieser Stunde darin, inmitten der Spannung zwischen beiden Irrlehren geistlich zu überleben.
Gerhard Mentzel hat gesagt…
Für welchen Jesus bzw. Glauben die christlichen Märtyrer gestorben sind, hat mir gerade wieder Susanne Hausmann in ihrem Band 1 über die "Früchchristlichen Schriftsteller - Apostolischen Väter, Häresien, Apologeten" deutlich gemacht.

Es war die antike Welterkärung (noch weitgehend vielfältige Metaphysik, was heute wissenschaftlich empirisch erklärt wird),die auf jüdische Weise,im Namen Jesus als "schöperische Wirklichkeit" verstanden wurde.

Die gesamte Diskussion der damaligen Zeit ging um das Wesen der Vernunft, nach der nicht nur die Welt erklärt wurde, sondern auch das Verhalten vernunftbegabgter Wesen. Und die auch innerhalb der frühen Christen, die sich dabei auf Josua (gr. Jesus) beriefen, verschieden definiert wurde.

Mit Mythos- oder Textfrömmigkeit hatte das alles so wenig zu tun, wie den damals die den philosophischen Monotheismus jüdisch (im Namen Jesus) weiterdenkenden Vätern unseres Glaubens unterstellen zu wollen, sie wären für einen egal wegen was hingerichteten charismatischen Heilsprediger gestorben, der für sie als eine Art Gott galt.

Wohl aber mit dem allegorischen Verständnis des AT, das dann die Vernunft allen Werdens nicht weiter mit den hellenistischen Götterbildern/-sagen zusammendachte, sondern diese im jüdischen Sinne (Jesus) auf den zurückführte, der sonst unsagbar war.

Es war ein Denken, das die anfängliche rationale Welterkärung bzw. schöpferischen Vernunft im Sinne der jüdischen Weisheit als Wort verstand: Jesus.

Und da es die Welt nicht weiterbringt, sich nur dem Buch nach auf einen "erlösenden Wanderprediger" zu berufen, der dann auch noch die universale schöpferische Wirklichkeit und offenbare Bestimmung/Sinngebung sein soll, scheint mir die Arbeit der Exegeten mehr als not-wendig.

Wenn die frühkirchlichen Denker, die weder tauber jüdischer Gesetzlichkeit, noch weiter den menschlichen Götterbildern und Mytehn dienen wollten, nicht umsonst gestorben sein sollen, ist die kath. Wissenschaft gefragt.
Anonym hat gesagt…
Seltsam! Eigentlich müsste doch allen Freunden der entmythologisierenden Exegese eines zu denken geben: Seit wir die Heilige Schrift nur noch historisch-kritisch betrachten, gibt es keine Märtyrer mehr. Sondern nur noch Bibelexperten!

Es ist das Merkmal sterbender Religionen, wenn sie unüberschaubare Mengen an Selbsterklärungen und Erläuterungen ihrer eigenen Grundlagen hervorbringen müssen. Danach greift eine Religion im Endstadium, so wie der Sterbende nach seinen Medikamenten.
Gerd Häfner hat gesagt…
@Anonym
Wenn Sie unter »Märtyrer« Blutzeugen verstehen, so hat die Tatsache, dass es solche gibt, mit den Rahmenbedingungen christlichen Lebens zu tun. Ein Zusammenhang mit der Art der Bibelauslegung lässt sich nicht herstellen. In Ländern, die Religionsfreiheit gewährleisten, ist die Chance gering, Märtyrer im Sinne des Blutzeugen zu werden. Und das sind die Länder, die von den in der Aufklärung begründeten Werten geprägt sind. Nur insofern kann man davon sprechen, dass es einen Zusammenhang zwischen historisch-kritischer Auslegung und dem »Fehlen« von Märtyrern gibt.

Wenn Sie mit dem Märtyrer-Begriff in allgemeinem Sinn auf Glaubenszeugen zielen und das den »Bibelexperten« absprechen, ist das ein hartes Urteil; ein noch härteres, wenn Sie meinen, dass historisch-kritische Exegese Glaubenszeugen überhaupt verhindere. Worauf ein solches Urteil über den genannten Begründungszusammenhang beruht, ist allerdings unklar.

Recht erstaunlich finde ich Ihre Behauptung, es sei ein Merkmal von sterbenden Religionen, dass sie »unüberschaubare Mengen an Selbsterklärungen und Erläuterungen ihrer eigenen Grundlagen hervorbringen müssen«. Es gehört doch zu den Charakteristika des Christentums von Anfang an, spätestens seit den Apologeten, dass der Glaube rational verantwortet wird, also Erläuterungen der eigenen Grundlagen hervorgebracht werden. Auch die Werke Thomas von Aquins oder der Scholastik insgesamt gelten, wenn ich recht sehe, nicht Anzeichen einer sterbenden Religion.
Anonym hat gesagt…
Um "Märtyrertum zu verstehen" brauchen wir keinen Hiatus zwischen Glaubenszeugen und Blutzeugen bemühen. Märtyrertum ist ganz eifach: Ausdruck einer vitalen Religion. Eine Religion, die Menschen hervorbringt, die Leben und Sein ihrer Zeit durch den Glauben prägen.
Bibelexpertentum hingegen ist Ausdruck einer Religion, die sich in geistlich entkernter Selbstreferentialität verliert. Und daher bringt eine durch Expertentum fiebriggewordene Religion nicht - wie in der Antike oder im Mittelalter - einzelne Leuchttürme hervor, an denen sich die Menschen orientieren könnten, sondern die Expertenreligion überflutet den Gläubigen mit Expertisen, so dass der Glaubige darin ertrinkt.
Sie merken es, wir werden hier natürlich keinen gemeinsamen Nenner mehr finden: Sie leben in der Hermeneutik der Moderne. Die Moderne ist jedoch epistemolgisch in der Immanenz verfangen - und wenn sich der Mensch in Immanenz verfängt, wird sein Denken zum Rülpsen und Raunen im Zoo.
Glauben bedeutet, diesen Zoo zu verlassen. Der Christ, der sich mit diesem Zoo arrangieren will, wird vielleicht gelegentlich von den anderen, modernen Zoobewohnern geduldet, aber so sehr er sich auch bemüht, er bleibt ein exotisches Tier, das irgendwann gefressen wird. Selbstauflösung ist die logische Konsequenz eines Glaubens, der in seiner Zeit aufzugehen versucht.
Das mag irrational sein. Nun gut, rational ist eine Haltung, die rational gesehen genauso irrational ist wie jede andere. Die auf Rationalität vertrauende Moderne hat letzten Endes keine andere Alternative hervorgebracht, als sich die Welt zu unterwerfen oder die Abschaffung des Menschen zu fordern. Als Theologe sollte man nicht in ihrem Dienste die Aufgabe des Leichenbestatters übernehmen.
Gerd Häfner hat gesagt…
Ja, das sehe ich auch so, dass wir keinen gemeinsamen Nenner finden. Ich kann die Moderne nicht so negativ sehen, wie Sie das tun (das in Immanenz gefangene Denken als Rülpsen und Raunen); auch nicht so aggessiv (Glaubender als exotisches Tier, das irgendwann gefressen wird). Es gibt eine moderne Freiheitsgeschichte, die sich nicht auf die dunkle Alternative »Unterwerfung der Welt oder Abschaffung des Menschen« reduzieren lässt. Dass »Selbstauflösung … die logische Konsequenz eines Glaubens, der in seiner Zeit aufzugehen versucht« ist, mag ja sein. Aber dass es darum gehe, den Glauben in der Zeit aufgehen zu lassen, ist eine Negativ-Interpretation, die erst die Voraussetzung für diese Aussage schafft. Positiv gewendet könnte man sagen, es gehe darum, den Glauben unter den gegebenen Bedingungen zu bezeugen, ohne sich eine verloren gegangene Vergangenheit zurückzusehnen. So sehe ich auch die Aufgabe der Theologie, die unter den Bedingungen der jeweiligen Zeit dem Glauben nachdenkt. Dies muss nach dem Aufkommen historischen Denkens auch in Aufnahme dieses Denkens geschehen. Schottet man sich davon ab, ist man zwar vielleicht kein Leichenbestatter, aber am ehesten mit dem Einbalsamieren beschäftigt.
Anonym hat gesagt…
Wenigstens finden wir zum Abschluss noch darin Übereinstimmung, dass wir keine Übereinstimmung finden werden.
Doch zuletzt nur noch ein Wort zu dem Bemühen, den Glauben unter den gegebenen Bedingungen zu bezeugen. Unter den gegebenen Bedingungen werden die Engel der christlichen Mythologie durch progressive Sportlehrer ersetzt. Ich bezweifle, dass diese Bedingungen die Menschen dazu verleiten, dem Christen zuzuhören, wenn er im Diktus dieser Bedingungen redet.
Daher wird nur der Christ - und der Theologe - Zukunft haben, dem diese Gegenwart jede Aktualität abspricht.
So wird der Versuch, mit den Mitteln des historischen Denkens das Proprium des Gaubens verstehbar zu machen, scheitern müssen. Wenn in der Antike ein Theologe Theolgie trieb, war das keine Wissenschaft im aufgekltärten Sinn. Ein Origenes betrieb keine historische Textkritik, sondern seine Theologie war ein metaphorisch-allegorisches Lobpreisen des Höchsten. Metaphysik ist aber keine Wissenschaft, sondern poetisches Balsam für die edle Seele.
Und es ist kein christlicher, auch kein edler Geist, nein, es kann nur ein grobschlächtiger Geist sein, der Poesie und Kunst und Religion vor das Tribunal der Wissenschaft zerrt.
Anonym hat gesagt…
Und bevor ich das vergesse: Natürlich glaube ich und setze voraus, dass Sie den biblischen Texten mit Ehrfurcht begegnen.
Doch der Duktus, mit dem Sie Ihre Ergebnisse vortragen, ist doch für meinen gusto zu sehr in den Paradigmen Des Technizistischem verfangen. Denn die Technik - auch die in die Arbeitsweise des historisch-kritisch arbeitenden Theologen übertragene - zerstört jede Sehnsucht, die zu erfüllen sie vorgibt.
Gerd Häfner hat gesagt…
Dann bleiben dem grobschlächtigen Geist noch zwei Hinweise. Zum einen: Er beansprucht nicht, jedermanns Geschmack zu treffen. Zum andern: Er verfügt nicht über Ihre Sicherheit im Urteil, in welcher Form heute entmythologisierte Engel erscheinen, wer Zukunft hat und was in Zukunft scheitern muss.
Andreas Metge hat gesagt…
Dem ...

ist nix hinzu zu fügen!
Anonym hat gesagt…
Eigentlich haben wir die Diskussion schon beendet, doch drängt es mich, ein Allerletztes zu sagen - wenngleich ich Ihnen auch nicht das letzte Wort nehmen will, dieses Projekt ist schließlich das ihrige.

Interesant ist es, dass Sie sich in dem "grobschlächtigen Geist" wiederfinden. Interessant, denn als ich schrieb, dass nur ein solcher auf dem Gebiet der Religion die Wissenschaft als Tribunal anruft, hatte ich gar nicht Sie vor Augen! (Das ist wirklich nur zum geringeren Teil als rheotorische Finte gemeint!)

Doch über alle Gräben hinweg: Ich respektiere weiterhin Ihre Aussage, dass es Ihr großes Unternehmen sei, das Christentum in die Moderne zu übersetzen. Wenn allerdings diese Aussage wirklich ernst gemeint ist, wenn sie nicht nur eine postkonziliare Floskel ist, dann bin ich mir sicher, dass Sie alle Voraussetzungen für eine Figur der griechischen Tragödie erfüllen.

Was die Sicherheit im Urteil betrifft - nun, da wiederum kann ich mich ganz an Ihnen orientieren, denn wenn es um die Beurteilung der Gegenseite geht, sind auch Sie alles andere als verunsichert.

So bleibt mir zuletzt nur noch, Ihnen dafür zu gratulieren, dass Sie nicht nach jedermanns Geschmack sein wollen. Das sollten wir auch nicht, denn nur in der Hölle, sind alle gleich und haben alle denselben Geschmack.
Der Geschmack jedoch, der nach 2000 Jahren christlicher Tradition schmeckt, ist ein ganz anderer. Es ist der Geschmack des Theologen, der nicht jedweder Gegenwart das Weihrauchfass hinterherschwenkt. Es ist der, der sich nicht mit einer untergehenden Epoche gemein macht. Der Christ und Theologe lebt davon, eine Wahrheit geschmeckt zu haben, die schon immer da war.

Und wenn doch der Glaube nur in der Sprache der Gegenwart vermittelt werden kann, höre ich Sie jetzt sagen. Nun, es gibt Sprachen, die dem Christen immer fremd bleiben, so wie der Christ immer nur in einer Zivilisation verstanden wird, in der sich die Menschen bekleiden, nicht aber entkleiden.
Und was also ist nun mit der Sorge derer, die christliche Verkündigung unter dem marktwirtschaftlichen Aspekt der Moderne sehen? Die Sorge nämlich, dass der Verkündiger scheitert und leer ausgeht? Der christliche Verkündiger ist im Letzten immer indifferent gegenüber Scheitern und Erfolg! Unsere Pflicht besteht heute darin, nicht bestimmten ethischen und leistungsorientierten Moden zu folgen, sondern das Wissen um das Heilige zu retten.
Jordanus hat gesagt…
Lieber Herr Häfner, genau solche Auseinandersetzungen wünscht man sich in einem Blog. Danke für Ihre Arbeit! Ich finde es vorbildlich, dass Sie die Ergebnisse Ihrer Arbeit mitteilen und so engagiert ins Gespräch gehen. es wäre toll, wenn das Schule macht, dann hätte man einen intensiveren Austausch zwischen Theologie und Gemeinde!
Hannes Bräutigam hat gesagt…
... na dann: Auf, um das Wissen um das Heilige zu retten. Am besten mit einer Tätigkeit, die verdeutlicht, was es eigentlich mit dem auf sich hat, was "Wissen schafft" :)

P.S.: Um das entpersonalisierende "Anonym" wegzubekommen, muss man nur unten beim Antwortformular eine andere Identität auswählen, mit den sog. "Radio-Buttons", nur für den Fall, dass das unbekannt war. Wahrheit soll ja angeblich was mit Personalität zu tun haben...

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