Sonntagsevangelium (84)
14. Sonntag im Jahreskreis (C): Lk 10,1-12.17-20 (oder 10,1-9)
Die Aussendungsrede in Lk 10 kann man auf zwei Ebenen lesen. Als Teil der Erzählung vom Wirken Jesu ist sie bezogen auf die einmalige Vergangenheit der Geschichte Jesu. Diese Geschichte kommt aber so zur Sprache, dass urkirchliche Missionserfahrung erkennbar wird, also die Zeit der nachösterlichen Christusverkündigung. Diese Perspektive erklärt einige Besonderheiten des Textes: die Bitte um weitere Arbeiter für die Ernte (10,2), die offensichtlich nicht mehr die Situation des Wirkens Jesu vor Augen hat; den betonten Bezug auf die Verkündigung in den Städten (10,8.10), in dem sich vor allem urchristliche Missionspraxis spiegelt; vielleicht auch die scharfen Worte vom Gericht an den ungläubigen Städten (10,12), die sich stark unterscheiden von der Reaktion auf das ungastliche samaritanische Dorf (9,52-56).
Wenn die Aussendungsrede nicht die Ablehnung des irdischen Jesus, sondern der Oster-Botschaft im Blick hat, ist ein anderer Fall gegeben. Dann wird das Heilsangebot ausgeschlagen, das nach Tod und Auferstehung Jesu neu und endgültig eröffnet ist (s. Apg 3,14-20). Im selben Sinn ist wohl auch der Spruch Lk 12,10 zu verstehen: Vergebbar ist die Ablehnung des irdischen Jesus (des Menschensohnes), nicht aber die Ablehnung des Geistes, der die nachösterliche Zeit und Verkündigung kennzeichnet (Apg 2,17-21.38).
Die Ebene der Geschichte Jesu ist grundsätzlich darin präsent, dass die ausgesandten Jünger das Wirken Jesu ausweiten: Wie Jesus sollen sie die Gottesherrschaft verkünden und Kranke heilen (10,9). Die Anweisungen zur Ausrüstung (10,4) zeigen: Die Boten sollen auf jede Vorsorge verzichten und darauf vertrauen, dass ihnen das Notwendige auf ihrem Weg zukommt. So entsprechen sie der Warnung vor dem Sorgen, die im Lukas-Evangelium den Jüngern erst an späterer Stelle gesagt wird (12,22-32).
Zum Verhalten in Häusern und Ortschaften fällt besonders die Aussage über das Essen der vorgesetzten Speisen (Lk 10,7f) auf. Die ausgesandten Jünger sollen essen, was man ihnen vorsetzt. Die Begründung, der Arbeiter sei seines Lohnes wert, zeigt, dass es um die Rechtfertigung eines solchen Verhaltens geht (und nicht um eine Aufforderung im Sinne von »Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt!«). Der nächstliegende Zusammenhang sind im Rahmen des Wirkens Jesu die Speisegebote der Mose-Tora: Die Jünger dürfen essen, ohne nachzuforschen, ob die angebotenen Speisen wirklich den Reinheitsvorschriften entsprechen. Durch den verordneten Verzicht auf Vorräte (10,4) sind sie angewiesen auf Unterstützung und brauchen sich nicht von solchen Skrupeln bestimmen zu lassen. In diesen Zusammenhang könnte auch die Weisung eingeordnet werden, dass die Boten nicht von Haus zu Haus ziehen sollen. Sie lässt sich aber auch als Mahnung deuten, sich nicht auf die Suche nach bestmöglicher Versorgung zu begeben.
Das Jesuswort vom Satanssturz erscheint in 10,18 als Reaktion auf die Erfahrung der Jünger, Dämonen austreiben zu können in Jesu Namen. Es bietet eine Erklärung für diesen Erfolg in einer Vision Jesu: »Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen.« Das Böse ist entmachtet, deshalb müssen die Dämonen weichen und die besessenen Menschen freigeben. Dieses Wort wird im Rahmen der historischen Rückfrage häufig als Niederschlag des Berufungserlebnisses Jesu gedeutet.
Tatsächlich lassen sich auf diese Weise zwei charakteristische Grundzüge von Botschaft und Wirken Jesu verstehen. Das Wort geht davon aus, dass sich Satan im Himmel befindet. Dies kann man von zwei Vorstellungen her erklären. (1) Satan gilt als Ankläger der Menschen am Thron Gottes, der die Verfehlungen der Menschen vor Gott wachhält (Ijob 1,6-12; Sach 3,1f; s.a. Offb 12,10). Wenn er in dieser Funktion entmachtet ist, dann folgt daraus: Die Herrschaft Gottes kann so zu den Menschen gelangen, dass nicht mehr ihre Verfehlungen zwischen ihnen und Gott stehen. So erklärt sich die Zuwendung zu den Sündern, mit der Jesus die Vergebungszusage Gottes ausdrückt. (2) Die Apokalyptik kannte den Gedanken, dass sich himmlisches und irdisches Geschehen entsprechen, die Vorgänge auf der Erde Abbild himmlischer Vorgänge sind. Völker werden durch Engel repräsentiert, Kriege auf der Erde laufen im Himmel als Auseinandersetzungen zwischen Engeln ab. Der Sturz Satans aus dem Himmel zeigt seine Niederlage an, das Reich Gottes wird sich jetzt auch auf der Erde durchsetzen. So erklärt sich der für Jesus kennzeichnende Akzent, dass die Gottesherrschaft bereits gegenwärtig ist.
Die Aussendungsrede in Lk 10 kann man auf zwei Ebenen lesen. Als Teil der Erzählung vom Wirken Jesu ist sie bezogen auf die einmalige Vergangenheit der Geschichte Jesu. Diese Geschichte kommt aber so zur Sprache, dass urkirchliche Missionserfahrung erkennbar wird, also die Zeit der nachösterlichen Christusverkündigung. Diese Perspektive erklärt einige Besonderheiten des Textes: die Bitte um weitere Arbeiter für die Ernte (10,2), die offensichtlich nicht mehr die Situation des Wirkens Jesu vor Augen hat; den betonten Bezug auf die Verkündigung in den Städten (10,8.10), in dem sich vor allem urchristliche Missionspraxis spiegelt; vielleicht auch die scharfen Worte vom Gericht an den ungläubigen Städten (10,12), die sich stark unterscheiden von der Reaktion auf das ungastliche samaritanische Dorf (9,52-56).
Wenn die Aussendungsrede nicht die Ablehnung des irdischen Jesus, sondern der Oster-Botschaft im Blick hat, ist ein anderer Fall gegeben. Dann wird das Heilsangebot ausgeschlagen, das nach Tod und Auferstehung Jesu neu und endgültig eröffnet ist (s. Apg 3,14-20). Im selben Sinn ist wohl auch der Spruch Lk 12,10 zu verstehen: Vergebbar ist die Ablehnung des irdischen Jesus (des Menschensohnes), nicht aber die Ablehnung des Geistes, der die nachösterliche Zeit und Verkündigung kennzeichnet (Apg 2,17-21.38).
Die Ebene der Geschichte Jesu ist grundsätzlich darin präsent, dass die ausgesandten Jünger das Wirken Jesu ausweiten: Wie Jesus sollen sie die Gottesherrschaft verkünden und Kranke heilen (10,9). Die Anweisungen zur Ausrüstung (10,4) zeigen: Die Boten sollen auf jede Vorsorge verzichten und darauf vertrauen, dass ihnen das Notwendige auf ihrem Weg zukommt. So entsprechen sie der Warnung vor dem Sorgen, die im Lukas-Evangelium den Jüngern erst an späterer Stelle gesagt wird (12,22-32).
Zum Verhalten in Häusern und Ortschaften fällt besonders die Aussage über das Essen der vorgesetzten Speisen (Lk 10,7f) auf. Die ausgesandten Jünger sollen essen, was man ihnen vorsetzt. Die Begründung, der Arbeiter sei seines Lohnes wert, zeigt, dass es um die Rechtfertigung eines solchen Verhaltens geht (und nicht um eine Aufforderung im Sinne von »Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt!«). Der nächstliegende Zusammenhang sind im Rahmen des Wirkens Jesu die Speisegebote der Mose-Tora: Die Jünger dürfen essen, ohne nachzuforschen, ob die angebotenen Speisen wirklich den Reinheitsvorschriften entsprechen. Durch den verordneten Verzicht auf Vorräte (10,4) sind sie angewiesen auf Unterstützung und brauchen sich nicht von solchen Skrupeln bestimmen zu lassen. In diesen Zusammenhang könnte auch die Weisung eingeordnet werden, dass die Boten nicht von Haus zu Haus ziehen sollen. Sie lässt sich aber auch als Mahnung deuten, sich nicht auf die Suche nach bestmöglicher Versorgung zu begeben.
Das Jesuswort vom Satanssturz erscheint in 10,18 als Reaktion auf die Erfahrung der Jünger, Dämonen austreiben zu können in Jesu Namen. Es bietet eine Erklärung für diesen Erfolg in einer Vision Jesu: »Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen.« Das Böse ist entmachtet, deshalb müssen die Dämonen weichen und die besessenen Menschen freigeben. Dieses Wort wird im Rahmen der historischen Rückfrage häufig als Niederschlag des Berufungserlebnisses Jesu gedeutet.
Tatsächlich lassen sich auf diese Weise zwei charakteristische Grundzüge von Botschaft und Wirken Jesu verstehen. Das Wort geht davon aus, dass sich Satan im Himmel befindet. Dies kann man von zwei Vorstellungen her erklären. (1) Satan gilt als Ankläger der Menschen am Thron Gottes, der die Verfehlungen der Menschen vor Gott wachhält (Ijob 1,6-12; Sach 3,1f; s.a. Offb 12,10). Wenn er in dieser Funktion entmachtet ist, dann folgt daraus: Die Herrschaft Gottes kann so zu den Menschen gelangen, dass nicht mehr ihre Verfehlungen zwischen ihnen und Gott stehen. So erklärt sich die Zuwendung zu den Sündern, mit der Jesus die Vergebungszusage Gottes ausdrückt. (2) Die Apokalyptik kannte den Gedanken, dass sich himmlisches und irdisches Geschehen entsprechen, die Vorgänge auf der Erde Abbild himmlischer Vorgänge sind. Völker werden durch Engel repräsentiert, Kriege auf der Erde laufen im Himmel als Auseinandersetzungen zwischen Engeln ab. Der Sturz Satans aus dem Himmel zeigt seine Niederlage an, das Reich Gottes wird sich jetzt auch auf der Erde durchsetzen. So erklärt sich der für Jesus kennzeichnende Akzent, dass die Gottesherrschaft bereits gegenwärtig ist.
Kommentare
Herrn Berger mache ich übrigens den Vorwurf, dass er mehr noch als die von ihm kritisierte liberale Jesusforschung, die nur einen Gesundbeter sehen würde und so die Inhalte der Bibel reduziere, für den Abfall vom Glaube verantwortlich ist. Wer jungfräuliche Geburt, Wunder, Satan, Engel, die Heilsbedeutung der leiblichen Auferstehung bewahren will, der müsste in aufgeklärter Weise fragen, um was es den Verfassern ging. Als sie im Sinne von Josua, griechisch Jesus vom lebendigen Wort (Logos) sprachen, das damals in anfänglicher Wissenschaft/kausaler Welterklärung neu definiert und kulturübergreifend diskutiert wurde.
Um einem jungen Juden, der zu Gott erklärt wurde, in dessen Glaube Berger die Welt lassen will, kann es nicht gegangen sein.
Solange Berger auf buchstäbliche Weise einen Heilsprediger mit seinen Fischerfreunden um den See ziehen lässt und dann weiter auf die beschriebenen Heilsaussagen und hoheitliche Bedeutung besteht, macht er den christlichen Glauben völlig lächerlich.
Aber auch im heutigen Text wird deutlich, dass es bei dem der seine Jünger aussandte, bei Satanssturz... nicht um einen später für Gott gehaltenen/hingestellten Heilsprediger nicht gegangen sein kann. Auch wenn der heute leider einzig als historisch hinterfragt wird.
Wenn die liberale Forschung aber von Satanssturz spricht, wie durch Jesus die schöpferische Herrschaft wieder Wirklichkeit wurde... und weiter nur einen Wanderprediger hinterfragt. Dann betreibt sie das gleiche Handwerk, wie der, der sie als "Bibelfälscher" bezeichnet.
Zu behaupten, dass in dem, der heute als historisch gilt die Gottesherrschaft wieder wahr geworden wäre, ein neuer Bund bzw. bildloser Monotheismus als Grund des Glaubens und der Gesetze gewesen sei (gleichwohl wir wissen, wie der in damaliger Vernunft/Logos begründete Monotheismus im Neuen Testament nachzulesen ist) kann das Wissenschaft sein?
Im Gegensatz zur Radikalkritik, die damit die historische Realität Jesus in Zweifel zog, wäre es Aufgabe der in die Städte, zum Verstand unserer Zeit ausgesandten Jünger Jesus, Kirchen nicht weiter zu Museen werden zu lassen. Nicht wie beim holländischen Radikalkritiker Jesus bzw. den Logos zu einem Mythos werden zu lassen oder die irdische Wirklichkeit abzustreiten. Vielmehr den irdischen/geschichtlichen, wie den nachösterlichen in seiner damaligen Heilswirklichkeit zu beschreiben und auf aufgeklärte Weise wieder zur Welt zu bringen.
Benedikt XVI., der vor dem Bundestag die sonst von ihm als Wesen des christlichen Glaubens bezeichnete "schöpferische Vernunft" in Bezug auf jüdische Weisheit, wie Stoa in heutiger Welterklärung als dem menschlichen Recht vorausgehend zu bedenken gab, ist zu wenig. Er macht wie Berger deutlich, dass es in der Bibel um ein hoheitliches Wesen geht, lässt die Welt aber weiter im Glauben an einen charismatischen Junghandwerker mit Heilsbegabung und seinen Fischerfreunden.
Doch hier wurde der Weg gewiesen, dass der, auf den sich Johannes bezog und von dem aufgrund der heute bekannten Fakten mit Sicherheit auch ein jüdisch-griechischer Denker wie Lukas ausging, kein Mythos (oder als Gott hingestellter Heilsprediger), sondern eine heute aufgeklärt zu realisierende Vernunft war, die von ganz natürlicher Schöpfung ausgeht.
Mir ist klar, dass ich bei allen, die wie selbstverständlich das Bild des guten Jungen als den historischen Jesus sehen, auf völliges Unverständnis stoße.
Doch gerade die hier beschriebene Mission im Namen Jesus macht deutlich, dass sie aufgrund dessen, was wir über das Denken und kulturelle bzw. theologische Diskutiere der Zeit Jesus wissen, nicht von einem Junghandwerker, Wanderkyniker... als Gott ausgegangen sein kann.
Nein, es kann nicht der wissenschaftlichen Weisheit letzter Schluss sein, sich gegenseitig der Bibelfälscherei und Faktenverdreherei zu bezichtigen, ohne die Fakten zu bedenken, um die es in damaliger Diskussion ging. Denn dass die hier von Lukas angesprochene Mission die von Jesus ausging, die vielfältigen in Diskussion stehenden Denkbewegungen in den damaligen Städten/der Bildung, der dann geschehene Kulturwandel... nicht von dem ausgegangen sein kann, der heute als historisch gilt, das ist klar.
Prof. Berger, den ich wie auf meiner Homepage nachzulesen, in unzähligen Briefen gebeten habe, über die Vernunft hinter dem von ihm verteidigten historischen Heilswesen nachdenken zu lassen und der mich nur auf die Buchstaben verwies, wird keine Wissenschaft mehr in Bewegung setzen.
Doch wenn hier eine wissenschaftliche Exegese betrieben wird, die dem Denken und Wissen unserer Zeit gerecht wird, nicht nur auf Buchstaben pocht, dann müsste doch Hoffnung bestehen, dass die Vernunft, von der die christliche Mission/Lukas ausging, wieder ein Thema wird.