Sonntagsevangelium (85)
15. Sonntag im Jahreskreis (C): Lk 10,25-37
Das Beispiel vom barmherzigen Samariter ist eingebettet in einen Dialog zwischen Jesus und einem Gesetzeslehrer. Das Gespräch verbindet die Frage eines Reichen aus Mk 10,17 (»Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?«) mit der (etwas modifizierten) Antwort Jesu auf die Frage nach dem wichtigsten Gebot (Mk 12,28-34). Allerdings ist der Dialog so gebaut, dass der Gesetzeslehrer selbst das Gebot von Gottes- und Nächstenliebe als Antwort auf seine Frage benennt. Jesus fragt ihn nur, was er im Gesetz zu seiner Frage lesen könne und bekräftigt die Aussage seines Gegenübers (»tu das, so wirst du leben«). Diese Gesprächsführung hat einen doppelten Effekt. Zum einen läuft der Versuch, Jesus auf die Probe zu stellen, dadurch ins Leere, dass Jesus die Rolle von Fragesteller und Antwortgeber vertauscht. So entsteht zum andern der Eindruck, dass der Gesetzeslehrer keine wirkliche Frage an Jesus hatte.
Mit der Frage »Wer ist mein Nächster?« will er sich deshalb rechtfertigen: Trotz der bereits gegebenen Antwort bleibt noch ein zu klärender Punkt offen. Dieser Zusammenhang deutet darauf, dass die mögliche Grenze der geforderten Nächstenliebe zur Debatte steht. »Wer ist mein Nächster?« heißt eigentlich »Wer ist nicht mehr mein Nächster?« Die Geschichte vom barmherzigen Samariter, die Jesus daraufhin erzählt, zielt darauf, eine solche Begrenzung in der Bestimmung des »Nächsten« aufzubrechen.
Deshalb erscheint in der Erzählung als vorbildliche Figur ein Samariter, also ein Angehöriger einer Bevölkerungsgruppe, deren Beziehung zu den Juden äußerst gespannt ist. Sie sind zwar JHWH-Verehrer, orientieren sich aber nicht zum Tempel in Jerusalem, sondern halten den Berg Garizim in Samaria für den gebotenen Ort der Gottesverehrung. Im Lukas-Evangelium kam das konflikthafte Verhältnis bereits zur Sprache, ebenso aber auch die gegensteuernde Haltung Jesu (Lk 9,52-56). An späterer Stelle wird die Differenz zwischen Juden und Samaritanern im Rahmen der Geschichte von einer Aussätzigenheilung erneut zur Sprache kommen - wieder mit der vorbildhaften Rolle für einen Samaritaner (Lk 17,11-17). In der Beispielerzählung vom barmherzigen Samariter liegt eine besondere Spitze darin, dass gerade derjenige, der am wenigsten Anlass zur Hilfe für den halbtot Geschlagenen gehabt hätte, das Richtige tut.
Am Ende fragt Jesus: »Wer hat sich als Nächster erwiesen?« (10,36) Indirekt ist darin, nach der erzählten Geschichte (10,30-35), auch eine Antwort auf die Frage des Gesetzeslehrers enthalten: Es gibt keine Grenze der Nächstenliebe, der Nächste ist der in Not geratene Mensch. Dieser Gedanke wird durch die Umkehrung des Blickwinkels verstärkt. Ich soll nicht fragen, wer als mein Nächster in Frage kommt, sondern erkennen, dass der notleidende Mensch mich zu seinem Nächsten im Sinne des zitierten Gebots macht. Jede Grenze, in der Beispielerzählung diejenige zwischen Juden und Samaritanern, bricht darüber zusammen.
Im Verlauf des Gesprächs vollzieht sich im Gesetzeslehrer eine Wandlung: Wollte er am Anfang Jesus auf die Probe stellen (10,25), so findet er sich nach der ersten Antwort Jesu in einer Verteidigungshaltung (10,29); am Ende gibt er selbst eine Antwort, in der er mit Jesus übereinstimmt (10,37). Dadurch wird aus dem Gesetzeslehrer kein Jünger, aber die Begegnung mit Jesus hat ihn doch verändert.
Das Beispiel vom barmherzigen Samariter ist eingebettet in einen Dialog zwischen Jesus und einem Gesetzeslehrer. Das Gespräch verbindet die Frage eines Reichen aus Mk 10,17 (»Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?«) mit der (etwas modifizierten) Antwort Jesu auf die Frage nach dem wichtigsten Gebot (Mk 12,28-34). Allerdings ist der Dialog so gebaut, dass der Gesetzeslehrer selbst das Gebot von Gottes- und Nächstenliebe als Antwort auf seine Frage benennt. Jesus fragt ihn nur, was er im Gesetz zu seiner Frage lesen könne und bekräftigt die Aussage seines Gegenübers (»tu das, so wirst du leben«). Diese Gesprächsführung hat einen doppelten Effekt. Zum einen läuft der Versuch, Jesus auf die Probe zu stellen, dadurch ins Leere, dass Jesus die Rolle von Fragesteller und Antwortgeber vertauscht. So entsteht zum andern der Eindruck, dass der Gesetzeslehrer keine wirkliche Frage an Jesus hatte.
Mit der Frage »Wer ist mein Nächster?« will er sich deshalb rechtfertigen: Trotz der bereits gegebenen Antwort bleibt noch ein zu klärender Punkt offen. Dieser Zusammenhang deutet darauf, dass die mögliche Grenze der geforderten Nächstenliebe zur Debatte steht. »Wer ist mein Nächster?« heißt eigentlich »Wer ist nicht mehr mein Nächster?« Die Geschichte vom barmherzigen Samariter, die Jesus daraufhin erzählt, zielt darauf, eine solche Begrenzung in der Bestimmung des »Nächsten« aufzubrechen.
Deshalb erscheint in der Erzählung als vorbildliche Figur ein Samariter, also ein Angehöriger einer Bevölkerungsgruppe, deren Beziehung zu den Juden äußerst gespannt ist. Sie sind zwar JHWH-Verehrer, orientieren sich aber nicht zum Tempel in Jerusalem, sondern halten den Berg Garizim in Samaria für den gebotenen Ort der Gottesverehrung. Im Lukas-Evangelium kam das konflikthafte Verhältnis bereits zur Sprache, ebenso aber auch die gegensteuernde Haltung Jesu (Lk 9,52-56). An späterer Stelle wird die Differenz zwischen Juden und Samaritanern im Rahmen der Geschichte von einer Aussätzigenheilung erneut zur Sprache kommen - wieder mit der vorbildhaften Rolle für einen Samaritaner (Lk 17,11-17). In der Beispielerzählung vom barmherzigen Samariter liegt eine besondere Spitze darin, dass gerade derjenige, der am wenigsten Anlass zur Hilfe für den halbtot Geschlagenen gehabt hätte, das Richtige tut.
Am Ende fragt Jesus: »Wer hat sich als Nächster erwiesen?« (10,36) Indirekt ist darin, nach der erzählten Geschichte (10,30-35), auch eine Antwort auf die Frage des Gesetzeslehrers enthalten: Es gibt keine Grenze der Nächstenliebe, der Nächste ist der in Not geratene Mensch. Dieser Gedanke wird durch die Umkehrung des Blickwinkels verstärkt. Ich soll nicht fragen, wer als mein Nächster in Frage kommt, sondern erkennen, dass der notleidende Mensch mich zu seinem Nächsten im Sinne des zitierten Gebots macht. Jede Grenze, in der Beispielerzählung diejenige zwischen Juden und Samaritanern, bricht darüber zusammen.
Im Verlauf des Gesprächs vollzieht sich im Gesetzeslehrer eine Wandlung: Wollte er am Anfang Jesus auf die Probe stellen (10,25), so findet er sich nach der ersten Antwort Jesu in einer Verteidigungshaltung (10,29); am Ende gibt er selbst eine Antwort, in der er mit Jesus übereinstimmt (10,37). Dadurch wird aus dem Gesetzeslehrer kein Jünger, aber die Begegnung mit Jesus hat ihn doch verändert.
Kommentare
in Ihrer Deutung des heutigen Textes haben Sie erneut auf wunderbare Weise dargelegt, dass der historische Jesus der Verfasser nicht der war, der heute als einzig historisch gilt. Wie hier ein philosophisch-theologischer Dialog zwischen der Gesetzeslehre und der Jesus genannten Vernunft konstruiert wurde.
Sie machen z.B. deutlich, wie bei Lukas ein Dialogtext beispielhaft gebaut wurde, der ähnlich auch bei Markus in anderem Zusammenhang nachzulesen ist. D.h. es ist nicht um den Tonbandmitschnitt eines besonders begabten historischen Heilspredigers, sondern die von Schöpfung ausgehende Vernunft, die damals das Thema der Theologie war, hat gesprochen bzw. wurde als schöpferisches Wort/Wille in Jesus menschlich zur Sprache gebracht. Kein junger Besserwisser, sondern das lebendige Wort/der Logos/die Vernunft hat sich mit der Gesetzlichkeit auseinandergesetzt.
Auch bei Lukas wurde kein philosophischer Text von Samariter & Co. konstruiert und einem Junghandwerker als Heiligenschein, zur Hellenisierung... in den Mund gelegt. Nein, der historische Jesus hat hier gesprochen. Jesus hat der Schriftgelehrtheit/Gesetzeslehre deutlich gemacht, wer der Nächste im Sinne eines umfassenden Schöpfers ist. Nur war dieser Jesus nicht der, der nach Ihrer Deutung einzig als historisch gelten darf. Gleichwohl wie sich auch in Ihrem Kommentar erneut zeigt, von dem weder die Realgeschichte handelt, noch das Neue Testament.
Wie kann man die hohen theologisch-philosophischen Inhalte des Neuen Testamentes deutlich machen und dann weiter einen egal wie gearteten Wanderprediger einzig als den historischen Jesus hinstellen wollen?
Oder handeln auch hellenistische Theologen wie Lukas, Markus & Co., denen niemand ernsthaft unterstellen kann, sie hätten philosophische Dialoge konstruiert und einem heilspredigenden Junghandwerker, den wie für einen Christusgott hielten, in den Mund gelegt, nicht vom historischen Jesus, sondern einem hoheitlichen Wesen?
Wie letzte Woche deutlich gemacht, halte ich Bergers verzweifelten Versuch, gegen die liberal-kritische Forschung buchstäblich (gesetzmäßig/schriftgelehrt)an einem hoheitlichen Wesen festzuhalten, für den Irrweg.
Doch auch mit ihrem heutigen Kommentar belegen Sie, dass der historische Jesus der liberalen Jesusforschung ein Hirngespinst von Halbaufklärung ist, es selbst den Synoptikern im Namen Josua, griechisch Jesus, um die von Schöpfung ausgehende Vernunft/Weisheit, das damals lebendige Wort ging.
beim besten Willen kann ich nicht erkennen, wie ich das deutlich gemacht haben sollte, was Sie der Auslegung von Lk 10,25-37 zuschreiben. Es ist mir nicht gegeben, Ihre Kommentare zu verstehen, deshalb möchte ich das Gespräch um die schöpferische Vernunft auch nicht wieder aufnehmen.
auch wenn Sie nicht über die von Schöpfung ausgehende Vernunft als Wesen des historischen Heilswesen Jesus reden oder nachdenken wollen, so machen Sie, wie gesamte heutige Auslegung deutlich, dass an keiner Stelle des Neuen Testamentes der handelt oder spricht, der heute als einzig historisch hinterfragt wird.
Selbst wenn Sie beschreiben, wie von den Verfassern ein Dialog gebaut wurde, dann machen Sie damit deutlich, dass nicht der gesprochen hat, der als historisch hingestellt wird.
Es bedarf daher nicht allein der Betrachtung hoheitlicher Bedeutungsaussagen, wie des neuen Bundes und Tempels bzw. der Vergegenwärtigung von Schöpfung oder des in Jesus lebendigen Gesetzes um zu erkennen, dass es den Verfassern nicht um den gegangen sein kann, der heute als historisch gilt. Nicht nur der neue Bund bzw. die Erneuerung des Monotheismus ist in antiker Vernunfterklärung zu begründen, wie sie dann ihre Kollegen im Neuen Testament nachblättern. Selbst bisher ganz banal erscheinende Geschichten verweisen in ihrer theologischen Bedeutung auf ein Wesen Jesus, das nichts mit dem heute angenommenen historischen, einem Wanderkyniker oder sonstigen Heilsprediger zu tun hat.
Wenn Ihre Kollegen in der Zeitschrift für Neues Testament beispielsweise die biblischen Aussagen zur Rolle der Geschlechter, zur Sexualität oder sonstigen Verhaltenslehren im antiken Weltverständnis deuten, dann machen auch diese deutlich, dass in den Aussagen Jesus die damals bedachte Vernunft spricht, es nicht um die Ansichten/Eingebungen eines göttlichen Heilspredigers ging.
Und ebenso machen Sie Woche für Woche deutlich, dass der historische Jesus für die Verfasser der biblischen Texte nicht der später als göttlich gesehene Junghandwerker mit heilenden Händen war, wie er heute selbst bei Berger und Benedikt XVI., die sich nur an ein hoheitliches Wesen halten, als einzig historisch gilt.