Wie viele bayerische Ortschaften werden in der Bibel erwähnt? (4)

Satzungsgemäß werden die neuesten Forschungen am Institut für bayerisch-biblische Textforschung spätestens nach der Vorlesungszeit des Sommersemesters präsentiert. Wer über die Ernsthaftigkeit des Projekts im Unklaren ist, kann sich in früheren Berichten kundig machen. Sie stehen alle online zur Verfügung, und zwar  hier und  hier und  hier.

Beginnen wir mit den Funden, in denen die Textüberlieferung eindeutig ist, weil keinerlei Verschreibungen zu korrigieren sind und auch der Einfluss von Dialekten nicht zu erkennen ist. Dass der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen nicht in Judäa oder Galiläa liegt, war bislang bekannt. Neu aber sind die Verbindungen nach Samarien. Jedenfalls fragt die samaritanische Frau in Joh 4: 
»Bist du etwa größer als unser Vater Jakob, der uns Brunnen gegeben ... hat?« (Joh 4,12)
Phonetisch klar bezeugt, fügt sich ein weiter nördlich gelegener Ort als Prädikat syntaktisch nicht ohne Schwierigkeiten in den Bibeltext ein. Möglicherweise bestand früher eine Partnerschaft zu dem gerade besprochenen Ort und die Verwerfungen zwischen Franken und Bayern haben dann zu den Problemen im Satzbau geführt:
»Darauf brach er von dort auf und Grub  wieder einen anderen Brunnen.« (Gen 26,22)
Einem Ort im Landkreis Bad Kissingen werden Robin-Hood-artige Anschläge auf die Reichen zugeschrieben, wenn es in Jak 5,2 heißt:
»Euer Reichtum verfault und eure Kleider werden von Motten  zerfressen.«
Wechseln wir in den Landkreis Wunsiedel, so stoßen wir dort auf eine Gemeinde, die nützlich zu sein scheint:
»Er verziert es mit Silber und Gold, mit Nagel  und Hammer macht er es fest, sodass es nicht wackelt.« (Jer 10,4)
Was heutige Leser spontan als Lob von Baumarkt und Heimwerker auffassen, wird in der Bibel eher kritisch betrachtet. Es geht nämlich um die Herstellung von Götzenbildern. Nachforschungen haben ergeben, dass der fragliche Ort diesen Wirtschaftszweig offensichtlich nicht mehr beherbergt (s. hier  zu »Einrichtungen, Firmen, Vereine«).

Orthographische Unsicherheiten, die in unserem Hauptzeugen (immer noch der Codex Aloisii Bavarensis rescriptus) schon häufig zu beobachten waren, verhindern doch nicht weitere Funde. Besonders erfreulich für zwei Ortschaften ist, dass sie in Ps 119,140 direkt mit dem Wort Gottes identifiziert werden und ihnen deshalb besondere Sympathie entgegengebracht wird:
»Deine Worte sind Rain  und Lauter; dein Knecht hat sie lieb.«
Bemerkenswerterweise werden hier Niederbayern und Oberfranken zusammengespannt. Ist die Zugehörigkeit des nördlichen Landesteils zu Bayern doch im Willen Gottes begründet? In jedem Fall klärt sich nun, warum die Gemeinde Rain, wie sie stolz verkündet, »eine aufstrebende Gemeinde mit dem höchsten Bevölkerungswachstum im Landkreis Straubing-Bogen« ist.

Andere Orte erfahren das Wort Gottes eher unter dem Aspekt des mysterium tremendum. So bezeugt es Ps 29,9:
»Die Stimme des Herrn wirbelt Aichen  empor, sie reißt ganze Wälder Kahl
Man sollte sich also nicht wundern, dass das Urteil über bayerische Ortschaften sehr unterschiedlich sein kann. Manche werden geradezu als Gefängnis eingeordnet:
»Auch deine Gefangenen werde ich um des Blutes deines Bundes willen freilassen aus ihrem Kerker, der Wasserlosen  Zisterne« (Sach 9,11)
Die Gemeinde verbirgt dies gekonnt. Auf der Homepage ist jedenfalls nichts zu finden, was auf den Zusammenhang des Prophetenwortes verwiese. Es wird, geradezu das Gegenbild zum Kerker, sogar mit dem Wanderspaß geworben.

Solcher Spaß ist einem anderen Ort gründlich verdorben. Er muss das ständige Unterwegssein als Fluch empfinden:
»Unterdießen  Nationen wirst du keine Ruhe finden. Es wird keine Stelle geben, wohin du deinen Fuß setzen kannst.« (Dtn 28,65)
Zu Komplikationen bei der geographischen Zuordnung kommt es in einem anderen Fall. Eigentlich geht es um eine Gemeinde im Landkreis Aichach-Friedberg. Ri 11,29 verlegt es allerdings nach Israel. Wer Schwierigkeiten mit den Wortabständen hat, möge bedenken, dass auch der Codex Aloisii in scriptio continua geschrieben ist.
»Da kam der Geist des HERRN auf Jeftah, und er zog durch Gilead und Manasse und nach Mizpe, Dasingilead liegt« (Lutherübersetzung)
Auch in diesem Jahr kann davon berichtet werden, dass die Erwähnung bayerischer Ortschaften nicht auf deutsche Bibelübersetzungen beschränkt ist. So ist ein Ort in Niederbayern in den Spruch gegen Babel integriert. Ob die etwa 4000 Einwohner so furchteinflößend sind, dass sie sich besonders für JHWHs Kriegsheer eignen?
»Listen, a noise on the mountains, like that of a great multitude! Listen, an uproar among the kingdoms, like nations Massing together! The Lord Almighty is mustering an army for war.« (Jes 13,4, NIV)
Besonders auffällig ist die Häufigkeit von Ortsteilen namens Point. 15 sind für Bayern belegt (drei für Österreich und drei für die USA). Offensichtlich hat sich Jesus an einen dieser Orte zurückgezogen und wurde dabei von Einwohnern Jerusalems begleitet:
»At that Point some of the people of Jerusalem began to ask, Isn’t this the man they are trying to kill?« (Joh 7,25, NIV)
Leider klärt der Kontext nicht einwandfrei, welches Point mit »that Point« gemeint ist. Deshalb könnten hier auch österreichische oder US-amerikanische Ansprüche geltend gemacht werden. Im zweiten Fall müsste allerdings die Geschichte der Entdeckung Amerikas erheblich umgeschrieben werden.

Ähnlich breit gestreut ist der letzte Beleg. Aber es ergibt sich auch hier eine klare bayerische Dominanz. In jedem Fall muss man mit gewissen orthographischen Anpassungen rechnen, die darin gründen, dass im Englischen die Umlaute unbekannt sind. Der Sachzusammenhang ist ein wenig schwierig. Anscheinend hat einer der hier in Frage kommenden Orte in den Augen des Königs Ahab den Wert eines Weinbergs:
»Ahab said to Naboth, Let me have your vineyard to use for a vegetable garden, since it is close to my palace. In exchange I will give you a better vineyard or, if you prefer, I will pay you whatever it is Wörth.« (1Kön 21,2, NIV)
Nabot dagegen war der Meinung, sein Weinberg könne durch einen solchen Ort nicht aufgewogen werden. Dass ihm das nicht gut bekommen ist, liegt allerdings nicht an Wörths Einwohnern.

Soweit der Bericht für das Forschungsjahr 2013/14. Weitere Funde werden für die Veröffentlichung noch geprüft. Da hier sehr sorgfältig gearbeitet werden muss, ist nicht in Bälde mit einem weiteren Bericht zu rechnen.

Kommentare

Breitenbach hat gesagt…
Sir 22:13 Mit einem Unvernünftigen mach nicht viele Worte, und geh nicht mit
einem Schwein f(u)ort!
Erhardt Weltzel hat gesagt…
Dankeschön Herr Prof. Häfner,
dass Sie auch in der heutigen Vertextung nicht den Eindruck erwecken, es wäre um eine Volksverdummung gegangen, bei der ein junger Guru auf wundersame Weise... sondern wie hier eine Geschichte über den Grund des reformierten gottesbildlosen monoth. Kultes bzw. chr. Glaubens und die davon ausgehende Wirkung auf biblisch-bayrische Ortschaften erzählt wird. Wirt. würde. wollte.
Welche Wirkung davon ausgehen würde (wird. Wirt. wollte)., wenn die theologische Wissenschaft ihre Aufgabe ernst nehmen würde (wird. Wirt. wollte).und auf aufgeklärte Weise nach dem gemeinsamen Grund der vom schöpferischen Wort ausgehenden Glaubensorte der biblisch-bajuwarischen Traditition fragen würde, wird uns heute in jeder Tagesschau vor Augen geführt. (würde. wird. Wirt. wollte). Oder so...
Gerhard Mentzel hat gesagt…
Danke Herr Breitenbanch für den Verweis auf Jesus Sirach,

auf die hellenistisch-jüdische Weisheit, die in diesem Namen verfasst wurde, bezog sich auch Melanchthon, als er den Jesusname ins NT einführte. Bei der Melanchthonstiftung lässt sich eine Notiz des Reformators an einen Apothekerfreud finden, woraus das hervorgeht. Der und Luther wussten noch, warum. Sie wollten mit Sicherheit keine Fälschung einführen. Falsch ist es allerdings, all das zu wissen und dann an Buchstaben von einem Heilsprediger hängen zu bleiben.

Ein junger Guru mit zufälligem Namen Jesus (wie er in heutiger Halbaufkärung gilt) ist im NT kein Thema und kam vorher so wenig vor, wie bayrische Ortschaften. Inhaltlich ist es mit Sicherheit den Verfassern bei den Hoheitsbezeichnungen, wie z.B. der eines Zeus-Pantokratores, so wenig gegangen, wie in der frohen Botschaft vom Wesen des nun in Vernunft/Logos begründeten neuen monoth. Kultes bayrische Orte beschrieben sind. Was nicht heißen soll, dass es nicht auch in Bayern vernünftige Denker gäbe. (Ich kenne übrigens einen Bayern, der die phil. definierte kreative Vernunft als mit Verstand einsehbares Wesen des chr. Glaubens bezeichnet.)

Denn wie größer kann die Unvernunft sein, sich die jüdisch-hellenistische Weisheit der antiken Aufklärung/Hochzivilisation und ihrer philosophischen Lehren vor Augen zu führen und dann weiter in Jesus nur den hinterfragen zu wollen, der heute als historisch gilt?

Ja, es ist eine unglaubliche Schweinerei, was heute passiert. Wo man sich außerhalb jeglicher kulturgeschichtlicher Realität bewegt und auf Buchstäblichkeiten beruft, nach denen dann nur ein junger Heilsprediger...

Es ist eine Schweinerei, sich so auch außerhalb jeglicher natürlich-schöpferischer Realität, dem heute nur auf wissenschaftlichere Weise beschriebenen kreativen Werden zu bewegen. Denn am Anfang des Kultes, auf den wir uns berufen, ging es nicht um Buchstaben oder Gründergestalten, sondern die Natur, die kosmische Ordnung, deren Kreativität...

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