Sonntagsevangelium (144)
Kreuzerhöhung: Joh 3,13-17
Im Dialog zwischen Jesus und Nikodemus kommen Sendung und Bedeutung Jesu grundsätzlich zur Sprache. Der Lesungstext beginnt mit einer auffälligen Aussage über den Menschensohn. Dass der Menschensohn in den Himmel hinaufgestiegen sei (3,13), kann man eigentlich nur im Rückblick auf das Geschick Jesu sagen. Jesus ist hier also Sprecher des Gemeindebekenntnisses. Die Zeitebenen zwischen Jesus und gläubiger Gemeinde werden überblendet, wie es ja auch grundsätzlich für das Johannes-Evangelium gilt: In ihm verkündet Jesus nichts anderes als entfaltete, hoheitliche Christologie.
Dass ausgeschlossen wird, ein anderer als der Menschensohn sei in den Himmel hinaufgestiegen, muss nicht gegen die gnostische Vorstellung vom Aufstieg der Seele in die obere Lichtwelt oder gegen apokalyptische Visionen gerichtet sein. Es drückt sich hier die exklusive Nähe Jesu zu Gott aus, die bereits im Prolog bekannt wurde. Diese ausschließliche Verbindung wird in die Rede von Abstieg vom und Aufstieg zum Himmel gekleidet – typisch für die johanneische Sicht vom Menschensohn (s.a. 6,62). Der Menschensohn ist keine Gestalt dieser Welt, sondern aus dem Himmel zu den Menschen gekommen; Jesus kann nicht nach seiner menschlichen, sondern nur nach seiner göttlichen Herkunft verstanden werden. Angesichts des Titels »Menschensohn« wirkt das etwas paradox; der Evangelist will durch diese auffällige Verwendung wohl ein Missverständnis des Titels vermeiden und betont deshalb gerade im Zusammenhang mit der Rede vom Menschensohn den himmlischen Ursprung Jesu.
Ein zweites Merkmal der johanneischen Rede vom Menschensohn ist die Verbindung mit der Erhöhung. Die Aussage ist in 3,14 grundsätzlich formuliert, wie sich an zwei Punkten zeigt: Zum einen wird die Erhöhung als notwendig gekennzeichnet, das »muss« (δεῖ) drückt den göttlichen Willen aus, nach dem etwas geschehen muss; zum andern wird diese Einsicht verbunden mit einem typologischen Verweis auf ein Ereignis aus der Wüstenwanderung Israels. Bezugspunkt ist die Geschichte von der ehernen Schlange, die Mose an eine Stange heftete – als Heilmittel gegen die Bisse giftiger Schlangen, die dem murrenden Volk als Strafe gesandt wurden (Num 21,4-9). Sehr deutlich zeigt sich hier, wie »Erhöhung« als hintergründige Chiffre für das Kreuz verwendet wird: Die Schlange an dem Stab ist der Typos, das heilsgeschichtliche Vorbild, für den Menschensohn am Kreuz.
Joh 3,14 kann als die spezifisch johanneische Form der synoptischen Leidensankündigungen gelten. Diese werden nämlich ebenfalls mit »muss« (δεῖ) gebildet und sie blicken auf die Passion des Menschensohnes voraus. Was etwa in Mk 8,31 unter den Stichworten »vieles leiden«, »verworfen werden«, »getötet werden« und »auferstehen« bezeichnet wird, fasst Johannes mit »erhöht werden« zusammen. So wird der Niedrigkeitsaspekt, der die synoptischen Leidensankündigungen prägt, umgangen. Durch die aufällige Begrifflichkeit der Erhöhung kann der Evangelist andeuten, dass die Gegner nicht Macht über Jesus gewinnen. Wenn sie Jesus ans Kreuz schlagen, über die Erde erhöhen, ist dies ein Hinweis darauf, dass Jesus in seinem Tod nicht erniedrigt wurde. Die Erhöhung am Kreuz weist vielmehr darauf hin, dass der Tod Jesu nur als der weltlich sichtbare Teil der Erhöhung in den Himmel zu verstehen ist.
Die Lebensverheißung, die an die Erhöhung des Menschensohnes geknüpft ist, verbindet sich auch an anderen Stellen und in anderen begrifflichen Zusammenhängen gerade mit diesem Hoheitstitel. So wird der Menschensohn in der Brotrede (Joh 6) als Lebensspender vorgestellt, dem Kontext entsprechend unter Einsatz von Nahrungsmetaphorik (6,27).
zu Joh 3,16-18 s. hier.
Im Dialog zwischen Jesus und Nikodemus kommen Sendung und Bedeutung Jesu grundsätzlich zur Sprache. Der Lesungstext beginnt mit einer auffälligen Aussage über den Menschensohn. Dass der Menschensohn in den Himmel hinaufgestiegen sei (3,13), kann man eigentlich nur im Rückblick auf das Geschick Jesu sagen. Jesus ist hier also Sprecher des Gemeindebekenntnisses. Die Zeitebenen zwischen Jesus und gläubiger Gemeinde werden überblendet, wie es ja auch grundsätzlich für das Johannes-Evangelium gilt: In ihm verkündet Jesus nichts anderes als entfaltete, hoheitliche Christologie.
Dass ausgeschlossen wird, ein anderer als der Menschensohn sei in den Himmel hinaufgestiegen, muss nicht gegen die gnostische Vorstellung vom Aufstieg der Seele in die obere Lichtwelt oder gegen apokalyptische Visionen gerichtet sein. Es drückt sich hier die exklusive Nähe Jesu zu Gott aus, die bereits im Prolog bekannt wurde. Diese ausschließliche Verbindung wird in die Rede von Abstieg vom und Aufstieg zum Himmel gekleidet – typisch für die johanneische Sicht vom Menschensohn (s.a. 6,62). Der Menschensohn ist keine Gestalt dieser Welt, sondern aus dem Himmel zu den Menschen gekommen; Jesus kann nicht nach seiner menschlichen, sondern nur nach seiner göttlichen Herkunft verstanden werden. Angesichts des Titels »Menschensohn« wirkt das etwas paradox; der Evangelist will durch diese auffällige Verwendung wohl ein Missverständnis des Titels vermeiden und betont deshalb gerade im Zusammenhang mit der Rede vom Menschensohn den himmlischen Ursprung Jesu.
Ein zweites Merkmal der johanneischen Rede vom Menschensohn ist die Verbindung mit der Erhöhung. Die Aussage ist in 3,14 grundsätzlich formuliert, wie sich an zwei Punkten zeigt: Zum einen wird die Erhöhung als notwendig gekennzeichnet, das »muss« (δεῖ) drückt den göttlichen Willen aus, nach dem etwas geschehen muss; zum andern wird diese Einsicht verbunden mit einem typologischen Verweis auf ein Ereignis aus der Wüstenwanderung Israels. Bezugspunkt ist die Geschichte von der ehernen Schlange, die Mose an eine Stange heftete – als Heilmittel gegen die Bisse giftiger Schlangen, die dem murrenden Volk als Strafe gesandt wurden (Num 21,4-9). Sehr deutlich zeigt sich hier, wie »Erhöhung« als hintergründige Chiffre für das Kreuz verwendet wird: Die Schlange an dem Stab ist der Typos, das heilsgeschichtliche Vorbild, für den Menschensohn am Kreuz.
Joh 3,14 kann als die spezifisch johanneische Form der synoptischen Leidensankündigungen gelten. Diese werden nämlich ebenfalls mit »muss« (δεῖ) gebildet und sie blicken auf die Passion des Menschensohnes voraus. Was etwa in Mk 8,31 unter den Stichworten »vieles leiden«, »verworfen werden«, »getötet werden« und »auferstehen« bezeichnet wird, fasst Johannes mit »erhöht werden« zusammen. So wird der Niedrigkeitsaspekt, der die synoptischen Leidensankündigungen prägt, umgangen. Durch die aufällige Begrifflichkeit der Erhöhung kann der Evangelist andeuten, dass die Gegner nicht Macht über Jesus gewinnen. Wenn sie Jesus ans Kreuz schlagen, über die Erde erhöhen, ist dies ein Hinweis darauf, dass Jesus in seinem Tod nicht erniedrigt wurde. Die Erhöhung am Kreuz weist vielmehr darauf hin, dass der Tod Jesu nur als der weltlich sichtbare Teil der Erhöhung in den Himmel zu verstehen ist.
Die Lebensverheißung, die an die Erhöhung des Menschensohnes geknüpft ist, verbindet sich auch an anderen Stellen und in anderen begrifflichen Zusammenhängen gerade mit diesem Hoheitstitel. So wird der Menschensohn in der Brotrede (Joh 6) als Lebensspender vorgestellt, dem Kontext entsprechend unter Einsatz von Nahrungsmetaphorik (6,27).
zu Joh 3,16-18 s. hier.
Kommentare
Ich weiß nicht, ob es statthaft, an dieser Stelle eine Frage zur Sonntagsepistel zu stellen (Phil 2,6-11).
Jedenfalls komme ich mit dem "dio" in V. 9 nicht zurecht: "Darum" hat Gott ihn erhöht und ihm den Namen über alle Namen gegeben.
Worauf bezieht sich dieses "Darum"? Auf Jesu Gehorsam?
Und meint das begründende "Darum" wirklich, dass Jesu Wohlverhalten der Grund für seine Erhöhung ist, dass diese somit als Belohnung zu verstehen ist?
Für eine kurze klärende Bemerkung wäre ich dankbar.
auch wenn Sie es nicht mehr hören wollen. Genau wie Sie schreiben, wird hier wird das Wesen Jesus in hoheitlicher Christologie dargestellt: Es geht um die damals theologisch-philosophisch diskutierte, Leben und Lehren bestimmende Vernunft, nach jetzt die Welt (statt Mythen) erkärt wurde, in ihrem schöpferischen=göttlichen und menschlichen Wesen.
Diesen Text vom Menschensohn und seiner himmlischen Herkunft oder Rückkehr auf einen jungen Heilsprediger zu schreiben, so besoffen kann keiner der anfänglichen Denker gewesen sein.
Dieser Schwachsinn wäre den Johannes-Verfassern unmöglich zu unterstellen. Gott sei Dank wissen wir (nicht nur durch den Prolog), dass diese vom Logos (der Vernunft allen Werdens)schreiben, die ja auch der Christoloige Alexandriens zugrunde lag.
Warum aber die Vernunft leiden, im kreativen=schöpferischen Gehorsam eine menschliche Gestalt nach Art der alten Götter annehmen musste, um die Welt im Kulturwandel der antiken Aufklärung zu erlösen, habe ich gerade unter "Apologetik:Auferstehung" deutlich gemacht.
Auch warum es keinem der damaligen Denker auch nur im Entferntesten in den Sinn gekommen wäre, die Göttersöhne als menschliche Wesen zu sehen. Wie in heutiger Hypothese gegen allen aufgeklärten Verstand der eine Sohn hingestellt wird.
Sie können doch nicht allen Ernstes nach ihrer Textauslegung die Leser im Glauben lassen, da wäre es um einen göttlichen jungen Juden gegangen.
an abälard
ich meine, dass der autor des philipperhymnus tatsächlich den lohngedanken vertritt, auch wenn refomatorische ohren das vielleicht ungern hören:
jesus wird nicht wegen seiner göttlichen herkunft erhöht, sondern weil es ihm zusteht. hat er sich doch in seiner freiwilligen erniedrigung und seinem konsequenten gehorsamen gegen seinen vater bewährt.
der bibl. autor möchte gerade vermeiden, das jesu erhöhung etwa dessen göttlicher privilegiertheit zugeschrieben wird, denn jesus hat ja auf den göttlichen status verzichtet (kenosis).
damit soll wohl dem leser insinuiert werden: jesus wurde nichts erleichtert, ihm wurde alles zugemutet, was den übrigen menschen auch (von gott) abverlangt wird: selbsterniedrigung, lernen von glauben und gehorsam.
so sollen alle menschen ermuntert werden, es jesus gleichzutun; sie können sich nicht darauf hinausreden, dass jesus wegen seiner göttlichen herkunft die erhöhung billiger haben konnte.
das ziel - leben in der herrlichkeit gottes - ist nicht einfach nur gnade, sondern auch lohn für bewährung, für sittliche leistung.
diese auslegung habe ich aber aus der spontanen intuition nach der lektüre von phil 2,5-11 gewonnen. ob sie exegetisch haltbar ist, kann ich ihnen/dir nicht garantieren.
Aber wieso ein einzelner Mensch göttlicher Herkunft sein soll, ein anderer nicht, das ist nur mit dem Spagettimonster-Gott (dem Gebilde menschlicher Vorstellung) zu machen, den der Atheismus dem heutigen Glauben (wie sich zeigt zurecht) unterstellt.
Doch wer sich in buchstäblicher Weise auf den Kanon beruft, wonach ein junger Guru Gottes Wort, Weisheit oder einzig göttlicher Herkunft sei, dabei die schöpferische Realität, incl. Realgeschichte in Kultur außer Acht lässt, der darf sich nicht beklagen.
Nein, die den Koran wörtlich nehmenden Islamkämpfer, die ihren eigenen Glaubensbrüdern deswegen den Kopf abhacken, sind nicht wirklich "Die Wortgläubigen" wie unsere Sonntagszeitung titelt.
Die 40 Fallschirmjäger, die die Bundesregierung aus Verzweiflung schickte, sind nur Öl ins Feuer. Was Not tut ist Aufklärung. Z.B. dass der, dessen himmlische Herkunft im heutigen Sonntagsevangelium zu Debatte steht, kein junger Guru war, der den Buchstaben nach mehr oder weniger göttlich gewesen wäre. Wie es hier um das lebendige schöpferische Wort/Vernunft ging: Das nun in Vernunft erkärte kreative Werden bzw. was danach nicht nur den Philosophen als kulturvernünfig galt. Und von was auch die Johannes-Verfasser lt. ihrem Vor-wort ausgingen.
Es ist der Menschensohn himmlischer Herkunft, der in Mohammed auf prohetische Weise verkündet wurde. Der allerdings heute auch den jungen Salafisten in der Schule gilt, bzw. danach als für die menschliche Kultur vernünftig auf Weltkonferenzen diskutiert wird.
die Lektüre Ihres wirklich sehr vorzüglichen Blogs wird regelmäßig durch die penetranten und unvernünftigen Beiträge des Herrn Mentzel getrübt. Aufgrund der andauernden Wiederholungen hielte ich es für vertretbar, wenn Sie die Kommentare einfach löschen würden. Der Ärger über diese Nervensäge hält mich ansonsten davon ab, hier weiter zu lesen. Natürlich bleibt es in Ihrem Ermessen, meinem Vorschlag zu folgen, es ehrt Sie ja auch geradezu, dass Sie nicht zensieren, aber ich dachte, es wäre vielleicht hilfreich, auch meine Position einmal darzustellen.
Viele Grüße
Herbert Meyer
Doch jemand, der sich ernsthaft für ein aufgeklärtes Verständnis des christlichen Glaubens und seiner Bedeutungsinhalte einsetzt, dazu ganz konkret die wöchtentlichen Lesungen und ihre Auslegung aufgreift, nur Wiederholungen zu unterstellen, das ist gemein.
Ebenso wie Herr Häfner zur Zensur einer aufgeklärten Sichtweise des christlich-monotheisistischen Glaubensgrundes bewegen zu wollen.
Also ich finde Herrn Mentzels Beiträge äußerst seriös, vernunftgeleitet und von intellektueller Brillanz.
Ein wahrer Meister der Exegese!
Er analysiert sorgfältig die grammatische und semantische Struktur des griechischen Urtextes und hält sich äußerst sauber an anerkannte textwissenschaftliche Methoden.
Das lohnt sich: Denn er kann uns jedes Mal "die in Vernunft erklärte kreativ-schöpferische Aufklärung" anbieten.
Ein Schelm, wer das nicht zu schätzen weiß.
Das »deshalb« bezieht sich im Text recht deutlich auf den zuletzt genannten Gehorsam, den Paulus noch zusätzlich als Gehorsam bezeichnet, der bis zum Tod am Kreuz reicht. Von einem Lohn oder einer Belohnung würde ich trotzdem nicht sprechen. Der Begriff lässt an eine im Vorfeld festgelegte, äußerlich bleibende Entsprechung von Tun und Vergeltung denken. Im Hymnus scheint es eher um die innere Übereinstimmung mit dem Willen Gottes zu gehen, die sich im Gehorsam Jesu ausdrückt. Sie führt zur Erhöhung des Gekreuzigten und Erniedrigten, ohne dass gesagt würde, dies sei der Lohn für den Gehorsam. So wird denn auch kein ethisches Modell präsentiert, das direkt nachgeahmt werden könnte: Die Entäußerung, um die es hier geht (s. Phil 2,6), ist keine Möglichkeit, die dem Menschen offen stünde. Wenn es zuvor heißt »dieses sinnt in euch, was auch in Christus«, dann zielt dies darauf, den Impuls der Entäußerung aufzunehmen, »nicht nur auf das Eigene bedacht zu sein, sondern auch auf das des andern« (2,4). Entscheidend ist die Übereinstimmung mit dem, was das Leben der Glaubenden bestimmt (bzw. bestimmen soll), nicht die Erwartung eines Lohnes für Selbstentäußerung.
- Wenn man mit Herrn Häfner unter >Belohnung< eine Zuwendung versteht, die für eine bestimmte Leistung zuvor vereinbart wurde, dann darf man die Erhöhung Jesu durch Gott tatsächlich kaum als Belohnung ansehen, sondern vermutlich eher als innere Konsequenz.
Wie aber ist der mit dem betonten "deshalb" behauptete Grund-Folge/Ursache-Wirkung-Zusammenhang zwischen Gehorsam und Erhöhung logisch nachvollziehbar, ohne dass man nicht doch wieder irgendwie auf den Lohngedanken kommt?
- Die Entäußerung Christi sei keine Möglichkeit, die dem Menschen offen steht.
Natürlich kann ein Mensch nicht wie der präexistent gedachte Christus auf seinen göttlichen Status verzichten (er hat ihn ja erst gar nicht gehabt), aber der einzelne Mensch kann ähnlich wie Jesus quasi aussteigen aus seiner privilegierten Situation und sich in gelebter Solidarität auf die Stufe der Unterprivilegierten begeben (darauf sinnen, den Impuls Christi aufzugreifen und analog zu agieren)
Wenn Gott überzeitlich gedacht wird - waren dann nicht auch wir alle "in den Gedanken Gottes"
präexistent? Ebenso die gesamte
Schöpfung Gottes?