Sonntagsevangelium (7)

Taufe des Herrn (B): Mk 1,7-11

Die Botschaft Johannes des Täufers wird im Markus-Evangelium nur ganz knapp wiedergegeben, konzentriert auf die Ankündigung des Stärkeren (1,7f; vgl. dagegen Mt 3,7-12; Lk 3,7-17). Wer diese angekündigte Gestalt ist, wird in den Worten des Täufers (wie auch bei Matthäus und Lukas) nicht mitgeteilt. Markus stellt den Bezug auf Jesus durch seine Erzählung her. Johannes verkündet: 
»Es kommt der Stärkere als ich nach mir ...« (1,7)
Dies greift der Erzähler auf:
»Und es geschah in jenen Tagen, da kam Jesus von Nazaret in Galiläa ...« (1,9)
In diesem nur indirekten Bezug schlägt sich der historische Befund nieder, dass Johannes selbst nicht ausdrücklich auf Jesus als den Kommenden hingewiesen hat. Diese Gleichsetzung geht auf urchristliche Deutung zurück. Deren Anliegen war es, den Täufer so in die Christus-Botschaft zu integrieren, dass die übergeordnete Stellung Jesu unangetastet blieb. Deshalb erwähnt Markus auch die Taufe Jesu durch Johannes nur ganz knapp und lässt die Szene zulaufen auf die Offenbarung vom Himmel her, die zeigt, dass der Täufling Jesus über dem Täufer steht. Diese Offenbarung wird auch nicht unmittelbar durch den Taufakt ausgelöst, denn sie geschieht nicht während, sondern nach der Taufe.

Markus gestaltet sie als Vision Jesu, nicht als ein allgemein sichtbares Geschehen: Jesus sieht den Himmel sich öffnen (1,10); die Stimme teilt nichts über Jesus mit, sondern spricht ihn an: »Du bist mein geliebter Sohn« (1,11; anders Mt 3,17: »Dieser ist ...«). Dennoch gibt es einen weiteren Adressatenkreis dieser Aussage. Die Leser des Evangeliums erhalten einen grundlegenden Hinweis für die Lektüre des ganzen Werkes: In ihm ist die Geschichte des Sohnes Gottes erzählt. Und doch erfahren die Leser schon bald, dass diese Identität Jesu nicht bekannt werden darf. Den Dämonen gebietet Jesus zu schweigen, »denn sie wussten, wer er war« (1,34; siehe auch 3,11f).

Dieser für das Markus-Evangelium charakteristische Zug weist auf ein besonderes Anliegen des Evangelisten. Er will zeigen, auf welche Weise Jesus Sohn Gottes ist: nicht nur als vollmächtiger Wundertäter, sondern auch und vor allem als Gekreuzigter. Deshalb muss das Bekenntnis zu Jesus als Sohn Gottes zurückgehalten werden, solange der Weg Jesu noch nicht vollendet ist (s.a. 9,7-9). Erst unter dem Kreuz kann man sich offen zu Jesus als Sohn Gottes bekennen (15,39).

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