Sonntagsevangelium (17)

4. Fastensonntag (B): Joh 3,14-21

Im Gespräch Jesu mit Nikodemus wird der Sinn der Sendung Jesu grundsätzlich dargelegt, vor allem im Blick auf ihr Ziel: die Rettung, nicht die Verurteilung der Welt (3,17). Das Gericht zieht sich der Nicht-Glaubende selbst zu: Wer die Rettung ablehnt, stellt sich selbst auf die Seite des Unheils. Die Aussage, wer nicht glaube, sei schon gerichtet (3,18), besagt nicht, eine einmal getroffene Entscheidung sei unumkehrbar. Es geht vielmehr um einen Aufruf zum Glauben, der die Dimension offenlegt, um die es in Glaube und Unglaube geht: um Heil und Gericht. 

Der Begriff »Welt« (gr.: κόσμος/kosmos) ist in diesem Abschnitt positiv gefüllt. Bezeichnet wird der Wirkungsraum Jesu (er ist in die Welt, zu den Menschen gesandt) und die universale Weite seiner Sendung. Es gibt für sie keine Grenze, die Rettung wird umfassend, für alle eröffnet. In diesem Sinn wird Jesus in 4,42 als »Retter der Welt« bezeichnet. In den Abschiedsreden (Kap. 14-17) dominiert dagegen eine andere Bedeutung: hier ist die »Welt« die Größe, die durch die Ablehnung Jesu und der Glaubenden gekennzeichnet ist. Sie hasst Jesus und die Jünger (15,18). Dies hebt aber die Ausrichtung der Sendung Jesu auf die Welt nicht auf. Durch die Einheit zwischen Sohn, Vater und Glaubenden soll die Welt zum Glauben kommen (17,21-23).

Im Blick auf die Rettung wird in 3,14f auch von der Erhöhung Jesu gesprochen – anders als es sonst in der urchristlichen Überlieferung üblich war. Ge­wöhnlich verbindet sich mit diesem Begriff die Vorstel­lung, dass Jesus nach seinem Tod in eine himmlische Macht­stellung eingesetzt wird: erhöht zur Rechten Gottes (z.B. Apg 2,33; 5,31; Phil 2,9-11). Das Johannesevangelium da­gegen spielt mit der Erhöhung auf die Kreuzigung Jesu an. Ein realer Vorgang wird hintergründig ausgelegt: Jesus ist am Kreuz über die Erde erhöht, und dies weist hin auf eine andere Erhöhung, seine Rückkehr zum Vater. 


An einem sol­chen Verständnis der Kreuzigung setzt der Vergleich mit Mose an (3,14f). Die eherne Schlange ist an einer Stange über die Erde erhöht, so dass zu ihr aufgeblickt werden kann. Und insofern darin das Leben vermittelt wird (Num 21,8f), ist jenes Ereignis ein Vorbild der Erhöhung Jesu. Denn diese ist die Voraussetzung dafür, dass durch den Glau­ben das ewige Leben geschenkt wird. Den Aspekt der Erhö­hung entfaltet Johannes dann entsprechend auch erzählerisch in der Passionsgeschichte: Johannes gestaltet sie so, das Jesus in seinem Leiden nicht erniedrigt wird; sie ist der von Jesus selbst bestimmte Hingang zum Vater. 

Ein auffälliges Merkmal des Textes gibt sich zu erkennen, wenn man den Bogen etwas weiter schlägt als es die Abgrenzung des Lesungstextes vorgibt. In 3,11 spricht Jesus plötzlich im Plural (»was wir wissen, davon reden wir«»ihr nehmt unser Zeugnis nicht an«); außerdem ist vom Aufstieg des Menschensohns in den Himmel die Rede, als sei dieser schon geschehen (3,13). Jesus wird hier zum Sprecher des Bekenntnisses der Gemeinde, die verschiedenen Zeitebenen (Geschichte Jesu - Situation der Glaubenden) werden überblendet. Dies unterstreicht, was schon zum Evangelium des letzten Sonntags festzuhalten war: von Jesus wird aus österlicher Perspektive erzählt.

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