Sonntagsevangelium (67)
3. Fastensonntag (C): Lk 13,1-9
Dieselbe Gestaltung zeigt bereits die Botschaft Johannes des Täufers (Lk 3,17), mit der das Gleichnis auch in thematischer und metaphorischer Hinsicht in Verbindung steht: Es geht um Umkehr und darum, Früchte zu bringen (3,8), denn »jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird umgehauen« (3,9).
So bleibt die Botschaft des Textes beunruhigend, da das Heil an die Umkehr gebunden ist. Zum rechten Verständnis ist aber auch zu bedenken: In der Umkehr geht es nicht nur um eine Anforderung an das Handeln; in ihr wendet sich der Mensch zu Gott als dem, der allein Leben und Erfüllung schenken kann.
Der an diesem Sonntag gelesene Aufruf zur Umkehr, der keine Parallelen in den anderen Evangelien hat, setzt an zwei Ereignissen an. Dass Pilatus das Blut von opfernden Galiläern »mit dem Blut ihrer Opfertiere vermischt« habe, muss nicht heißen, dass das Massaker während des Opfervollzugs stattfand. Die Formulierung kann sich auch auf ein Geschehen innerhalb der Tempelanlage beziehen (vgl. M. Wolter, Das Lukasevangelium, Tübingen 2008, 476). Zwar sind von Pilatus etliche Provokationen und Gewaltakte bezeugt; das hier erwähnte Blutbad lässt sich aber (wie auch der Einsturz des Turms von Siloah) keiner sonst bekannten Begebenheit zuordnen. Dies muss nicht gegen seine Historizität sprechen, zumal da das Bild des brutal vorgehenden Pilatus nicht den Tendenzen entspricht, die sonst die Darstellung des römischen Prokurators in den Evangelien prägen.
Die Botschaft des Abschnitts klingt bedrohlich. Zweimal heißt es: »Wenn ihr nicht umkehrt, werdet ihr genauso umkommen« (13,3.5). Diese Aussage antwortet auf eine Frage (13,2.4), die eine Vorstellung aus der Weisheitsliteratur des Alten Orients aufnimmt: Das Geschick eines Menschen entspricht seinem Handeln, so dass man aus seinem Unglück auch auf eine schwere Schuld schließen kann. Jesu Antwort basiert zwar auch auf dem Gedanken, dass die Sünde Unheil zur Folge hat. Sie setzt aber insofern einen anderen Akzent, als das unterschiedliche Geschick nichts aussagt über den Status des Menschen als Sünder oder Gerechter: Alle haben Umkehr nötig.
Damit einher geht ein wichtiger Perspektivenwechsel. Nicht die Sünde der anderen soll man betrachten, sondern die eigene Situation vor Gott – und hier das gestörte Verhältnis in Ordnung bringen. Die sündige Vergangenheit legt den Menschen nicht fest, denn Gott gewährt jetzt die Chance der Umkehr.
Damit einher geht ein wichtiger Perspektivenwechsel. Nicht die Sünde der anderen soll man betrachten, sondern die eigene Situation vor Gott – und hier das gestörte Verhältnis in Ordnung bringen. Die sündige Vergangenheit legt den Menschen nicht fest, denn Gott gewährt jetzt die Chance der Umkehr.
Das Gleichnis vom Feigenbaum (13,6-9) verstärkt diesen Gedanken, indem es die geschenkte Gnadenfrist betont (»dieses Jahr noch«). Das Bild ist so angelegt, dass nach drei Jahren der Fruchtlosigkeit eigentlich kaum noch Hoffnung auf eine Wende besteht. Dass trotzdem noch ein Jahr gegeben wird, unterstreicht zum einen die gewährte Gnadenfrist, zum andern aber auch die Dringlichkeit der Umkehr: Es geht um die letzte Chance. Nicht zufällig steht der negative, und nicht der positive Ausgang am Ende. Durch diese Stellung (das so genannte »Achtergewicht«) dominiert das Moment der Mahnung.
So bleibt die Botschaft des Textes beunruhigend, da das Heil an die Umkehr gebunden ist. Zum rechten Verständnis ist aber auch zu bedenken: In der Umkehr geht es nicht nur um eine Anforderung an das Handeln; in ihr wendet sich der Mensch zu Gott als dem, der allein Leben und Erfüllung schenken kann.
Kommentare
Lukas, dessen Evangelium ja auch von Marcion in seinen dem AT entgegengestellten Kanon aufgenommen wurde, lässt den Logos, das lebendige Wort/die Vernunft allen Werdens sprechen, die das damalige Denken und Diskutieren bestimmte. Eine Vernunft, die Marcion der Vorstellung des alttestamentlichen Schöpfergottes entgegensetzte. Weil sie keine Opfer verlangte, sondern ein Gehörsam: Ein befolgen des ewigen Wortes, der Vernunft/Weisheit, die von Schöpfung ausgeht und die der hist. Jesus war.
Der Weg der Kirche, die sich im Kulturwandel im Einvernehmen mit dem AT zum Jesus genannten, nun den Unsagbaren und dessen Willen/das schöpferische Wie offenbarenden Logos bekannte und über dessen kulturell/menschliches und schöpferisches Wesen stritt, scheint in der kulturellen Entwicklung der tauglicher gewesen zu sein.
Der Wandel, den der Text einfordert, braucht und sollte daher nicht die Wurzeln unserer Kultur verleugnen. Und dass allein mit menschlicher Vernunft keine Zukunftsgemeinschaft zu machen ist, zeigt auch die heutige Geschichte. Der Wandel, den Jesus fordert, gilt auf jeden Fall nicht einer Reaktivierung alter Gottesvorstellungen bzw. einem blinden Glauben an gestrige Gesetze/vorgesetzte Dogmen oder einer Mythologisierung, um Christus in seiner Größe/Bedeutung zu bewahren.
Was wir aus dem Text lernen können, ist die Not-wendigkeit zur Buße, dem ewigen Wandel in kultureller Entwicklung.(Was keine Unterwerfung unter den Zeitgeist bedeutet.)
Der Feigenbaum scheint zwar kaum noch Früchte bringen zu können. Doch geben ich die Hoffnung nicht auf, dass die kath. Wissenschaft das Wissen um die vielfältigen Christologiediskussionen oder die Bedeutungsinhalte des NT im Kontext des damaligen Denkens auswertet und einen Wandel im Bewusstein anstößt, wer der historisch-hoheitliche Jesus war.
Wenn dann im Wandel des Weltbildes in der vernünftigen wissenschaftlichen Welterkärung die schöpferische Wirklichkeit wahrgenommen wird, das in verant-wort-ung nehmende Wort, das Jesus war, dann ist der Wandel kein Abwenden, sondern Auf(v)erstehen.
Meiner Meinung nach räumt Jesus mit dem Tun-Ergehen-Zusammenhang auf. Die getöteten Galiläer sind nicht schuld an ihrem Schicksal, sondern alle Menschen sind grundsätzlich zur Umkehr aufgerufen und sollen sich Gott zuwenden. Dabei kommt es eben nicht darauf an, ob sie Galiläer sind oder aus Jerusalem. Alle Jerusalemer, auch Tempelpriester und Sadduzäer, sind zur Umkehr gerufen, sie haben anderen Menschen nichts voraus. Eine wagemutige Predigt.
Lukas versucht die Radikalität durch die Verbindung mit dem Gleichnisses etwas abzuschwächen. Der Herr lässt sich hier noch umstimmen, gewährt noch ein Jahr mehr. Doch Jesus predigt nicht die Umkehr des Herrn, sondern die Umkehr des Menschen. Und die ist akut, im Jetzt angesagt.
Die Umkehr zur schöpferischen Wirklichkeit, dem ewigen Wort statt Gottesvorstellungen bzw. vorgesetzten menschlichen Bildern war angesagt. Sich alten Gottesvorstellungen zuzuwenden, das wäre das Gegenteil von dem gewesen, was Jesus bzw. das so lebendige Wort/die Vernunft allen Werdens wollte. Wie aus der Geschichte bekannt, war der Gesetzesglaube taub geworden und konnten auch heidn. Gottheiten und Mythen die menschl. Gesellschaft nicht mehr in gemeinsame Verantwortung nehmen.
Einem neuartigen Glauben, der nachweilich von den Römern wegen Atheismus verfolgt und von den Juden wegen Gotteslästerung angeklagt wurde unterstellen zu wollen, er hätte die Umkehr zu altbekannten Gottheiten verlangt, das greift zu kurz.
Wenn es um einen Tun-Ergehen Zusammenhang geht, dann kann es nur um die Verurteilung überholter Gottesvorstellungen gegangen sein, die einen Wandel verlangen. Denn die überholten, leeren Gottesvorstellungen, die brachten und bringen die Menschen nicht dazu, sich schöpferisch gerecht (heute z.B. ökologisch, weltökonomisch, zukunftsorientiert, sozial nachhaltig...) zu verhalten. Das beweist sich auch heute. Wo der Glauben der Welt keine Verhaltensgrundlage mehr geben kann, Religionswissenschaftler in ihrer Not die Kinderzahl von Amishen hervorgraben, um den Erfolg von Religion zu begründen. Da ruft die Vernunft allen Werdens erneut nach einem Wandel.
Und wie der auch von theologischer Wissenschaft aufgrund des wachsenden Wissens um unsere chr. Wurzel eingefordert wird, das ist mir bei jedem Beitrag der kath. Gelehrten im Festbuch für Kardinal Schönborn wieder bewusst geworden. Nicht einem der anfänglichen Denker kann die Hellenisierung, Chrisologisierung dessen unterstellt werden, der heute als hist. gilt. An keinem Ort kommt der vor. In keiner der vielältigen und verschiedenen Definitionen des Logos, die über Marcion bis in Lukas hineinreichen, hat ein junger Jude in der Art eines radikalen Missionspredigers zum Glauben an alte Gottesvorstellungen aufgefordert, sondern ist es um einen Wandel im Welt- und Glaubensverständnis gegangen.
Wie lauter als in den Beitragen über die Bedeutung der Trinität oder die in realer Schöpfung/dem damaligen Weltbild begründete Christologie, die heftig über das Wesen des Logos stritt (der ein hellenisierter Heilsprediger nicht weiter zu unterstellen ist) kann man noch nach einem Wandel rufen.
Denn was die Hellenisierung betrifft: Wenn Seneca die ausdiskutierte Vernunft als Herakles auftreten ließ (teilweise in gleichen Redewendungen wie im NT), dann ist er dabei nicht von einem göttlichen Kraftprotz bzw. Fresser und Säufer ausgegangen, als den heute Neutestamentler Jesus hinstellen .
Wandel bedeutet daher auch, nicht weiter nur einen jungen Juden als Gott oder Grund aller Schöpfung hochleben lassen zu wollen, was die Verkünder dann selbst nicht mehr glauben. Sondern zu begründen, warum im kulturellen Kontext der damaligen Zeit die Vernunft allen Werdens erst in der bekannten Gestalt (nicht in phil. Logoslehre oder im dem abstrakt bleibenden hellenistischen Judentum Alexandriens) eine kulturelle Wirklichkeit und kein kirchliches oder dogetistisches Scheinwesen war.
Um davon ausgehend zu begründen, warum auch heute Berufung auf eine, z.B. ökologische Vernunft zu kurz greift, wenn diese nicht in der Weise real-schöpferisch begründet wird, wie das für die anfänglichen Christen Jesus war. Ein Jesus der lebt, im chr. Glauben erwachsenen Westen nach aufgeklärten Verständnis weiter Grundlage, mit dem bekannten Gesicht sein muss.
Niemand muss erschrecken oder befürchten einen Geist zu sehen, wenn sich Jesus das lebendige schöpferische Wort/Vernunft vorstellt, das den biblischen Geschichten zugrunde liegt. Hat nicht Benedikt XVI. vor dem Bundestag diese bereits bei Salomo und der Stoa tonangebende Vernunft in ganz realer Weltwirklichkeit nach heutiger, z.B. ökologischer Welterkärung zu bedenken gegeben?
Doch das Zeugnis der Auferstehung, das nur von kath. Wissenschaft gegeben werden kann und die Zweifel im Herz beseitigt, darf hier nicht halt machen. Eine göttliche Vernunft (die nachweislich Grund des anf. chr. Glaubens war und Mensch "wurde") neben einen historischen Jesus stellen zu wollen, steht dem Verstand Jesus als menschgewordenes Wort im Wege. (Alle heutige Lehre belegt nur, warum ein chrismatischer junger Jude als Wort, Sohn gesehen... christologisiert worden wäre, nimmt ihn dann nicht wirklich ernst.)
Der, den wir als Mensch ins Herz geschlossen haben, der seit unserer Kindheit Hände und Füße hatte, der ist zu begreifen und weiter zu besingen. Nicht um sich daran religiös zu erwärmen. Sondern damit die von Schöpfung ausgehende/vorgegebene Vernunft (heute als Ökologie, Weltökonomie, soz. Nachhaltigkeit definiert) bzw. Christus zur Mitte mündiger Menschen wird.
Als die kath. Lehre alles von ihr selbst belegte wachsende Wissen um die Wurzeln des chr. Glaubens in den Wind schlug und weiter von einem charismatischen Gutmenschen als Christus schwärmte. Was zu einem Zerbrechen der Weltbilder führen musste, bei der naturalistischer Aufkärungsatheismus dem Ruf nach aber Glaube trotzdem gegenüber stand. Gleichzeitig der Glaube in persönliche Relativität abrutsche ohne gesellschaftstragende Kraft zu entfalten. Da trat der Auferstandene Jesus "Christus" in die Mitte:
Habt keine Angst, ich bin kein geheimnisvoller Geist, wie ihr bisher den Christus definiert habt. Ich bin auch kein unerklärlicher kosmischer Christus oder nur ein grüner Jesus.
Ich lebe wirklich. Ich bin in heutiger Welterkärung ebenso zu begreifen, wie mein Fleisch und Knochen bzw. die klare Gestalt des Kanon erst eine kulturelle Wirklichkeit waren.
Und alle historische Kritik oder "Radikalkritik.de", wo in Bezug auf den Neutestamentler Robert Price aktuell zu lesen ist, dass nicht nur Jesus Christus, sondern auch Paulus eine reine Fiktion gewesen sei, keine Gemeinde von ihm gegründet wäre, kein Brief von ihm, sondern von verschiedenen, meist gnostischen Verfassern geschrieben wurde, hat der Auferstandene längst hinter sich gelassen.
Denn längst ist klar, dass die Vielzahl von hochintellektuellen urchristlichen Bewegungen sich nicht Missionpredigten von einem göttlichen Missionsprediger verdanken. Das Christentum vielmehr aus einem grundlegenden Wandel der Welt- und Glaubensvorstellungen heraus erwachsenen ist: Einem neuen, nun auch für Heiden geltenden Paradigma, das in Tarsus, an der Schnittstelle der Zeiten, zwischen Orient und Okzident geboren wurde.
Jesus Christus als eine in heutiger Weltrealität zu bedenkende, d.h. von Schöpfung ausgehende Vernunft/Weisheit, die weiter mit dem altbekannten Gesicht besungen wird und als Sohn oder Wort bekannt ist, kann so zur freudigen Mitte des Lebens, Fleisch werden: Grundlage aller pol. oder menschlichen Vernunft, die sich dann in Begeisterung für Jesus, z.B. an die ökologische Ordnung hält, auf kreative Weise gemeinsame Zukunft gestaltet...
Aber ohne den bei Lukas geforderten Wandel, wird der Auferstandene ein unwirklicher Geist bleiben, den die meisten Geistlichen nicht mehr glauben, gleichwohl sie ihre Gemeinde damit religiös erwärmen.
Dass hier nur auf gestrige Weise Aberglaube bedient wird, statt auf Grundlage des heutigen Wissens in "produktiver Auseiandersetzung" zu fragen, wer der historisch-hoheitliche Jesus Christus der Evangelien, von dem die beschriebenen Bedeutungsinhalte und Glaubensbegründungen ausgingen war und warum der aufgeklärt zu vergegenwärtigen wäre. Das hat Prof. Hänfner wirklich nicht verdient.
wenn Sie die obigen Kommentare nicht ironisieren, sondern ernst nehmen, können Sie daraus schließen, dass mit Ihren kommentierenden Beiträgen außer Ihnen selbst niemand etwas anfangen kann. Ich habe anfänglich ja versucht zu antworten, an einem bestimmten Punkt aber, weil wir immer nur dieselben Dinge hin- und hergeschoben haben, das Gespräch von meiner Seite aus für beendet erklärt – in der Erwartung, dass Sie die Nutzlosigkeit ständiger Wiederholungen einsehen. Dies war offensichtlich eine Fehleinschätzung. Inzwischen kennen alle Ihre Position; es hat keinen Sinn, sie allwöchentlich in der Kommentarspalte zu hinterlassen. Steter Tropfen höhlt hier nicht den Stein, sondern nur den Nerv.
Die obigen Kommentare nehme ich zum Anlass, eine bereits länger bestehende Bitte auszusprechen: Beenden Sie Ihren Einsatz für die schöpferische Vernunft in der Kommentarspalte dieses Blogs. Was Sie zu sagen haben, haben Sie gesagt. Wer jetzt nicht überzeugt oder bekehrt ist, wird es auch in Zukunft nicht sein. Seien wir gelassen: Die Rettung des Christentums und der Welt hängt weder an diesem Blog noch an Ihrer Sicht der Dinge.
Doch mit Ihrer wissenschaftlichen Exgese dazu beizutragen, dass die aufgeklärte Welt in Jesus nicht nur einen vergötterten Heilsprediger sieht, sondern das heute in allem wissenschaftlich beschriebenen Werden lebendige schöpferische Wort bzw. die davon ausgehende Vernunft versteht. Dazu bitte ich Sie von ganzem Herzen. Auch wenn ich wunschgemäß meine Kommentare, die jeweils Ihre Auslegungen aufgriffen, aufgebe.