Sonntagsevangelium (28)

Dreifaltigkeitssonntag (B): Mt 28,16-20 

Der Schlussabschnitt des Matthäus-Evangeliums kann als Schlüssel zum ganzen Werk verstanden werden. Jesus als Träger universaler Vollmacht (28,18) – dies erklärt das im ganzen hoheitliche Bild des irdischen Jesus bei Matthäus. Jesus spricht davon, dass ihm alles (wohl: alle Macht) von seinem Vater übergeben sei (11,27). Die Jünger bekennen ihn kniefällig als den Sohn Gottes (14,33) und rufen ihn als Herrn an (8,25). An beiden Stellen hat Matthäus seine Vorlage im Markus-Evangelium geändert: das Gottessohn-Bekenntnis ersetzt die Notiz, die Jünger hätten keine Einsicht gewonnen (Mk 6,52); die Bitte an den Herrn um Rettung tritt an die Stelle eines Vorwurfs (Mk 4,38). 


Im Auftrag zur Völkermission (28,19) löst sich eine Spannung, die das ganze Evangelium durchzieht. Einerseits scheint sich die Sendung Jesu auf die Heiden zu richten. Nach seiner Geburt wird er allein von den Sternkundigen aus dem Osten verehrt, also von Heiden (2,1-12). Den Umzug nach Kapharnaum kommentiert der Evangelist mit einem Schriftwort, das Jesus als Licht für das »Galiläa der Heiden«  erscheinen lässt (4,14-16). Das lange Zitat aus dem ersten Gottesknechtslied in 12,18-21 läuft auf den Satz zu, dass auf »seinen Namen die Völker hoffen werden«. Andererseits beschränkt Jesus sein und der Jünger Wirken ausdrücklich auf Israel, und zwar deutlicher, als es in den anderen Evangelien geschieht: »Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel« (15,24; s.a. 10,5f). Worin der Wechsel von Israel zu den Heiden sachlich gründet, ist umstritten. Entweder ist die durch Israel gegebene Grenze für Matthäus deshalb aufgehoben, weil das erwählte Volk seinen Messias abgelehnt hat. Oder, nach neueren Arbeiten wahrscheinlicher, die Öffnung zu den Heiden hängt mit der zuvor genannten Einsetzung Jesu in universale Macht zusammen, die Jesus als Auferstandenem zukommt, also aufgrund von Tod und Auferweckung. Einer solchen Stellung entspricht eine weltweite Verkündigung. Wem »alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben« ist, dessen Bedeutung muss überall bekannt gemacht werden. 

Dass die nachösterlich gewonnenen Jünger auf die Lehre Jesu verpflichtet werden (28,20), entspricht der Bedeutung des Wortes Jesu im ganzen Evangelium, vor allem in den großen Reden, die für Matthäus typisch sind. Besonders ragt die programmatische erste Rede heraus, die Bergpredigt (Kap. 5-7). Die Aufforderung des Auferstandenen, die neu gewonnenen Jünger sollten gelehrt werden, »alles zu halten, was ich euch geboten habe«, erinnert gerade an den Schluss der Bergpredigt. Dort wird eindringlich eingeschärft, die Worte Jesu nicht nur zu hören, sondern auch ihnen entsprechend zu handeln (7,21-27). 

Allein der Auftrag zur Taufe (einzig im Neuen Testament als Taufe auf Vater, Sohn und Geist) ist kaum in das Gesamtwerk eingebunden. Er verdankt sich wohl der Praxis in der Gemeinde des Matthäus. Die Zusage des Beistandes bis zur »Vollendung der Welt« spannt dagegen einen Bogen zum Beginn. Dort hieß es zur Erklärung des Immanuel-Titels, in Jesus sei »Gott mit uns« (1,23). Nun sagt der in göttliche Macht Eingesetzte: »Ich bin mit euch«, und löst damit die Verheißung endgültig ein, die sich mit seiner Geburt verbunden hat. 

Kommentare

Gerhard Mentzel hat gesagt…
Entschuldigen Sie Herr Prof. Häfner,

dass ich immer wieder nach einem heute zu realisierenden kreativen Geist/der schöpferischen Vernunft frage, die heilsbedeutend hinter der hoheitlichen Gestalt unseres historischen christlistlichen Glaubensgünders/-grundes steht.

Doch deutlicher als Sie das in ihrer theologischen Deutung deutlich werden lassen, kann es der als Matthäus geltende Verfasser doch gar nicht machen, dass es ihm so wenig wie Paulus, Johannes oder den vielfältigen als urchristlich geltenden Bewegungen, die Jesus auf verschiedene Weise definierten, um den ging, der heute als historischer Jesus gilt.

Wenn der Schlussabschnitt mit der universalen Vollmacht Jesus als Schlüssel verstanden wird, dann kann es von Anfang an nicht um das gegangen sein, was heute als historisch hinten herauskommt. Dann muss nach einem schöpferischen Grund gefragt werden, der nicht nur ein schriftliches Gottesbild ist.

Sie wollen doch den Jüngern oder vom bildlosen Monotheismus begeisterten griechischen Denkern nicht unterstellen, sie hätten einen jungen Bandenführer als das gesehen, was in alten Hochkulturen eine kosmische Begründung hatte. Auch wenn in Kultur in Königen verkörpert "Sohn Gottes" war.

Wem alle Macht im Himmel und Erde gegeben ist, so den Vater des Alles bzw. Gott der Väter und dessen Wille offenbart, ein neuen Israel bzw. nun weltweites Hören ermöglicht, anfänglich erst von Sterndeutern und Heiden als universal gültig anerkannt wurde, das kann weder ein Heildprediger, noch ein auf diesen übertragenes schriftgelehrtes Gottesbild gewesen sein.

Warum ist es nicht die Aufgabe der kath. Wissenschaft, die Kritik, die alle hoheitlichen Aussagen als fikitive kirchliche Konstrukte sieht, ebenso aufzunehmen, wie die theolgoische Deutung, wie Sie sie hier wieder darlegen und dabei auf aufgeklärte Weise nach der Gegenwart des chr. Glaubensgrundes zu fragen?

Bis zur Aufklärung hat die Lehre von einem hoheitlichen Jesbild getragen. Doch wenn Heute selbst die Sonntagsprediger das hoheitliche Wesen nicht mehr ernst nehmen, wenn sie von einem jungen Juden sprechen. Und die aufgeklärte Welt dann denken muss, dass auch damals nur Geschwätz war, an das zu glauben christlicher Glaube sei. Ist es dann nicht Zeit auf aufgeklärte Weise nach dem schöpferischen Geist (der heute in wissenschaftichen Begriffen definiert wird) zu fragen, der hinter der hoheitlichen Gestalt steht, die nur in menschlich-kultureller Ausdrucksweise messiansiche Wirkung hatte?
Volker Schnitzler hat gesagt…
Die Taufpraxis geht ursprünglich auf Johannes den Täufer zurück und dessen Botschaft lautete, dass man sich nicht auf seine Abrahamskindschaft verlassen könne, sondern umkehren und sich taufen lassen müsse (Mt 3,9). Spannend ist doch, dass dieses dritte Kapitel des Mt, in dem Johannes auf den verweist, der nicht mit Wasser, sondern mit dem heiligen Geist tauft, inhaltlich mit dem Kapitel in der Apostelgeschichte verbunden ist, in dem zum ersten Mal von der Heidenmission berichtet wird (Apg 11). Hier rechtfertigt Petrus seine Gemeinschaft mit unreinen Heiden, die zum Glauben gekommen sind, mit der Taufe, in der der Geist Gottes wirkt, gegen den er nicht das Recht habe zu handeln (Apg 11,15f "Während ich redete, kam der Heilige Geist auf sie (die Heiden) herab, wie am Anfang auf uns. Da erinnerte ich mich an das Wort des Herrn: Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber werdet
mit dem Heiligen Geist getauft werden"). Bei Johannes scheint schon das grundgelegt, was hier in der Apostelgeschichte praktiziert wird. Und diese Linie ist über Jesus, Stephanus bis zu Paulusnachzuvollziehen, der im Galaterbrief (Kap 3) von der Abrahamkindschaft aller Getauften, eben auch der getauften Heiden, spricht.
Gerhard Mentzel hat gesagt…
Wie wahr Johannes doch hat. Allein die Herkunft bzw. Berufung auf Abrahman (heute Jesus) bringt so wenig, wie ein reiner Taufritus mit Wasser. Geistige umkehr ist die Voraussetzung.

Denn was hat auch das alles wieder - z.B. die Eröffnung des jüdischen Bundes für Heiden in einem universalen Hören des schöpferischen Wortes: hebr. Vernunft allen Werdens - mit einem jungen Rebellen zu tun, wie er heute als historisch gilt? Gleichwohl nicht ein solcher, sondern ein hoheitliches schöpferisches Wesen das Thema der Verfasser des NT war?

Es ist immer wieder verwunderlich, dass man bereit ist, auf schriftglehrte Weise über die hoheitlichen Sachverhalte zu diskutieren. Sich jedoch über die historische Realität und Heilswirkung eines in der antike geltenden schöpferischen Wesens (eines auch für Heiden geltenden schöpferischen Wortes bzw. dessen Hören) und dessen heutige Realisierung und Bedeutung keine Gedanken machen will.
Gerd Häfner hat gesagt…
@Gerhard Mentzel
Ich behaupte ja nicht, dass die Evangelisten den historischen Jesus darstellen wollten. Ihre Erzählungen sind aber Quelle für Rekonstruktionen des „historischen Jesus“ und - da kann ich mich nur immer wiederholen - sie stellen Jesus als Heilsprediger dar, dem diese hoheitliche Bedeutung zukommt. Es ist derselbe, der über sich sagt, nur zu verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt zu sein (Mt 15,24), der in der Erscheinungsszene von sich sagt, ihm sei alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben. Der Jesus der Geschichte ist für die Evangelisten und für Paulus keine Allegorie auf die schöpferische Vernunft. Ich habe das schon öfter geschrieben, Sie kommentieren jede Auslegung mit denselben Fragen. Wir haben unsere Sichtweisen ausgetauscht, kommen uns dabei sachlich nicht näher. In ständigen Wiederholungen sehe ich keinen Sinn und möchte deshalb das Gespräch über Jesus als schöpferische Vernunft gerne beenden.

@Volker Schnitzler
Johannes der Täufer richtet sein Wort, Gott könne dem Abraham aus Steinen Kinder erwecken, an die Israeliten, um vor einer Heilsgarantie aufgrund der Zugehörigkeit zum Gottesvolk zu warnen und die Notwendigkeit der Umkehr zu betonen. Ähnlich ist Jesu Gleichnis vom großen Gastmahl ausgerichtet: Mahnung an Israel, das Angebot der Gottesherrschaft nicht auszuschlagen, da diese sonst an Israel vorbei verwirklicht werden könnte (Heiden als Ersatzgäste). Diese Linie mag die Entscheidung zur Heidenmission in der Urkirche befördert haben, ist aber noch nicht mit ihr gleichzusetzen, denn der Adressat des Wortes ist unterschiedlich: Heidenmission richtet sich an Heiden, das Mahnwort des Johannes (oder Jesu) an Juden. Zwar wird in der von Ihnen zitierten Stelle die Taufe von Heiden mit Johannes verbunden, die Verbindung ist aber eher indirekt (über das Wort des Auferstandenen in Apg 1,5 und in der Gegenüberstellung von Wassertaufe des Johannes und Geisttaufe); die Taufe von Heiden wird nicht unmittelbar mit der Johannestaufe verbunden. Entscheidend ist in Apg 10f außerdem die Geistherabkunft, aus der Petrus folgert, nun das Wasser der Taufe nicht vorenthalten zu können (s. 10,47). Ganz so eng sind die Verbindungen zwischen Mt 3 und Apg 10f also nicht.
Gerhard Mentzel hat gesagt…
@Herr Prof. Häfner, Sie brauchen meine Argumente, die Ihre Auslegungen der hoheitlichen Bedeutung des biblischen sowie auch historischen Jesus ernst nehmen und nach dem vernünftigen Grund dahinter fragen, nicht zu beantworten bzw. nicht über das nachzudenken, was in der Antike nachweislich der Diskussionsgegenstand war, verschieden definiert wurde. (Nicht nur in Athen und Alexandrien.)

Sie können die Welt im Glauben lassen bzw. Ihren Studenten beibringen, dass da inmitten einer hochtheologischen/philosophischen Diskussion, die das Wesen der Vernunft zum Gegenstand hatte, damit einer echten Kultur-/Zeitenwende, ein junger Heilsprediger war, der von seinen Anhängern als göttliches Wesen gesehen oder hingestellt und der später apologetisch eingefärbt wurde. (Sie können sogar den heidnischen Weisheitslehrern, die in ihren Geschichten die Vernunft in Göttergestalten wie Herakles zum Ausdruck brachten unterstellen, es wäre ihnen auch nur um einen historischen Kraftprotz bzw. "Säufer und Fresser" gegangen, den sie dann teils in gleichen Redewendungen wie die Evangelisten als Gottessohn hinstellten.)

Sie brauchen auch nicht mit Vernunft auf die historische Kritik zu antworten, die von Ihrem Heilsprediger ausgehend alle hoheitlichen Aussagen als freie kirchliche Konstrukte oder religiöses Gerede deutet oder wie deutsche Aufklärer und Ihre holländischen Kollegen der radikalkritischen Schule gar den historischen Jesus verneinten.

Sie brauchen sich aber nicht zu wundern, dass die Theologie nicht mehr als Wissenschaft ernst genommen wird, wenn da angeblich nur ein Wanderpediger war und man in der von Ihnen hier vorgetragenen hoheitlichen Weise von einem Wesen spricht, das z.B. für Juden und Heiden auf universale Weise gelten soll, neues Gesetz für die Welt war... ohne dass dies vernüftig begründet wird. Auch nicht, dass chr. Glaube dann nur noch als gutgläubige Rederei verstanden oder zur entleerten persönlichen Religiösität wird, keine gesellschaftsgestaltende Bedeutungs mehr hat. Und ihre Schüler dann selbst nicht mehr glauben was sie predigen bzw. in ähnlicher Weise wie die Kritik die hoheitliche Bedeutung nur in alten Schriftbildern nachblättert bzw. begründet, die Christologie teilweise zurücknehmen, den guten Jugen mit zufälligem Namen Jesus von der dogmatischen Last befreien will.

Sie brauchen sich dann auch nicht zu wundern, wenn ähnlich wie Sie hier Johannes den Täufer auslegen, auch Heute die Heiden nicht nur mehr zu sagen haben, sondern das Wort an sie geht: Die säkulare Wissenschaft, die sich mit dem kreativen evultioären Werden der Welt befasst nicht nur mehr zu sagen hat, sondern weit näher an dem ist, was die Alten als Wort/Vernunft verstanden und auf kulturelle Weise in Verant-wort-ung nehmen muss.

Da ich aber gewiss bin, dass wir ohne eine aufgekärtes Verständnis des christlichen Glaubensgründers/grundes, in dem die westliche Welt erwachsen ist, nicht weiter kommen. Mich auch nicht damit zufrieden geben will, wenn im Namen von buchstäblich verstandenen Gründergestalten und Schriftlehren sich die Kulturen auf mittelalterliche Weise blutig bekämpfen, erlaube ich mir auch Ihre weiteren Ausführugen aufzugreifen um die Vernunft deutlich zu machen, die dahinter steht.
Anonym hat gesagt…
... da freuen wir uns doch ungemein, dass wenixtenz einer - der herr mentzel - hier die vernunft hochhält!
wenixtenz!
einer!
herr mentzel, versuchen sie das eigentlich auch bei der bildzeitung?
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